piwik no script img

Pressesprecherin des BundestagsZurück zum Radio

Nur wenige Monate war Sabine Adler Sprecherin des Bundestags. Länger hielt sie es nicht aus. Jetzt ist sie wieder beim Deutschlandradio.

Ganz alleine: Norbert Lammert muss sich eine neue Pressesprecherin suchen. Bild: dpa

BERLIN taz | Am kommenden Sonntag ist es so weit: Sabine Adler geht wieder auf Sendung. Im Deutschlandradio führt die prominente Journalistin um 11.05 Uhr das „Interview der Woche“, 25 Minuten politisches Gespräch.

Dass es interessant wird, darf getrost vermutet werden. Bis Mitte letzten Jahres, als Sabine Adler überraschend den Deutschlandfunk verließ, hat sie dutzende solcher Interviews geführt. Wie sie fragte, und wie sie es schaffte, stets die Nachfragen ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer mitzudenken und zu stellen, zeichnete die Interviews der Chefin des Hauptstadtbüros aus.

Auch ihre Beiträge aus dem politischen Berlin, diesem mitunter irritierend selbstreferenziellen Aktionszentrum, waren erhellend. Adler verstand es, freundlich und uneitel die Dinge auf ihren inhaltlichen Kern zu reduzieren und die Wirkungen politischer Entscheidungen auf ihre Zuhörer nie aus dem Blick zu verlieren.

Dennoch ging sie letztes Jahr plötzlich vom Sender. Im Juli 2011 meldeten die Agenturen und Branchendienste, dass Sabine Adler neue Pressesprecherin des Bundestags wird. Den Personalvorschlag hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gemacht.

Nun ist es an sich nichts Ungewöhnliches, dass Journalisten Pressesprecher werden. Genauso wie es einer gewissen Unhinterfragtheit bedarf, jeden Tag in eine Redaktion zu marschieren, um journalistisch zu beschreiben oder zu kommentieren, was andere Leute tun oder lassen – genauso stark ist immer mal wieder der Impuls, die Seiten zu wechseln und intelligent PR zu machen. Dennoch, in Adlers Fall wunderte man sich: Ja klar, die Lammert-Sprecherin würde sie sicher auch gut hinkriegen. Aber eigentlich war es schade um die D-Radio-Journalistin.

Im Oktober 2011 trat sie schließlich ihre Stelle im Bundestag an. Schon ein halbes Jahr später kursierte das Gerücht, Sabine Adlers Probezeit sei nicht verlängert worden. Was ist da passiert?

Stimme verloren

„Passiert ist eigentlich gar nichts“, sagt Sabine Adler. „Ich konnte mich mit dem, wie Norbert Lammert agiert hat, identifizieren. Und ich fand es auch interessant, eine große Abteilung von 65 Leuten zu führen“, sagt Adler. Sie habe aber sehr schnell festgestellt, „dass der Job einer Pressesprecherin nicht zu mir passt“. Sie habe sich „ihrer Stimme beraubt gefühlt“. Eine verstummte Radiomacherin – das klingt nach Quälerei.

Nun hat Sabine Adler den Vorteil, dass sie mit Deutschlandradio ohnehin eine Rückkehroption vereinbart hatte. Die greife nun „früher als geplant“, sagt Adler. Der Sender, der 2012 über einen Etat von 234 Millionen Euro verfügt, hat sie nach Warschau geschickt. Die Korrespondentinnenstelle wurde eigens für sie geschaffen. Ihr erstes „Interview der Woche“ wird sie mit dem scheidenden polnischen Botschafter Marek Prawda führen, es ist der Startschuss für die erweiterte Osteuropa-Berichterstattung. In Warschau wird es eine Zusammenarbeit mit dem ZDF geben, Deutschlandradio hat in deren Studio Räume angemietet.

Sabine Adler kennt sich aus in der Region. Die 1963 in Sachsen-Anhalt geborene Journalistin und Absolventin der Leipziger Karl-Marx-Universität hat für ihren Sender bis 2005 fünf Jahre lang aus Russland berichtet. Sie schrieb ein viel beachtetes Buch über tschetschenische Selbstmordattentäterinnen, 2007 erschien ihr zweiter Roman „Russenkind“.

Polen allerdings kennt sie noch nicht, es sei, sagt sie, „das Land, das ich entdecken muss“. Fürs Erste interessiere sie der Umgang der Polen mit ihrer Historie. „Hier gibt es einen starken Nationalstolz. Ich frage: Wo kippt der? Oder sind das Einzelfälle, vor denen man sich nicht fürchten muss?“

Für Weißrussland, wo im September Parlamentswahlen anberaumt sind, hat sie ein Visum beantragt. „Gut möglich, dass sie mich nicht reinlassen“, sagt sie. Ganz sicher werde sie trotzdem berichten, in Polen gebe es ja eine große weißrussische Diaspora. Auf Beiträge aus dem Osten darf man gespannt sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • N
    Nick

    Eigentlich ein Unding, das mit der Rückkehroption, das klingt nach Abmachung ausser der Reihe, aber was soll's, sie ist es ausnahmsweise Wert, wieder angeheuert zu werden. Einen solchen Fehler darf sie sich nicht nochmal leisten. Zu behaupten, sie habe sich den Job anders vorgestellt, uns also weismachen wollen, sie habe sich nicht vorher erkundigt, was auf sie wartet, ist fadenscheinig und vorgeschoben; dies sieht ihr nicht ähnlich. Was solls, kann die grosse Ausnahme bleiben, der DLF darf sich dieses nicht nochmal bieten lassen!

  • IW
    Iwolfgang weidemann

    Endlich ist die sabine-adler-lose Zeit beim Deutschlandradio vorbei und wir dürfen uns wieder

    auf pointierte, kenntnisreiche Beiträge (die es natürlich auch von den meisten anderen Deutschland-

    radiomitarbeitern gibt) freuen, denn Frau Adler gibt

    ihnen doch noch einmal ein Plus an persönlichem

    journalistischen Touch. Große Freude !

  • R
    reblek

    "In Warschau wird es eine Zusammenarbeit mit dem ZDF geben, Deutschlandradio hat in deren Studio Räume angemietet." - "Das" ZDF und "deren" Studio? Na ja.

  • LC
    Lara Croft

    Das Maß des Lügens war wohl voll...

     

    tja, als Pressesprecherin von Herrn Lammert (wie überhaupt im Bundestag), vom Befürworter u.a. der antidemokratischen ESM- und Fiskalpaktgesetze, muss man eben noch wesentlich mehr lügen, als man es täglich im Regierungssender Deutschlandradio muss.

     

    Letzteres hat aber immerhin noch einige interessante Sendungen zu bieten. Im Gegensatz zum sonstigen vollkommen verblödenden Dudelfunk.

     

    Frau Adler hat viele interessante Sendungen gemacht. Dass ihre Probezeit als Pressesprecherin des Bundeastagspräsidenten Lammert nicht verlängert wurde, spricht eindeutig für sie!

     

    (Frau Adler in der taz: "Sie habe aber sehr schnell festgestellt, ´dass der Job einer Pressesprecherin nicht zu mir passt`. Sie habe sich „ihrer Stimme beraubt gefühlt“.)

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wie dürfen und also auch weiterhin auf Adlers einseitige Weltsicht freuen. Der Westen ist gut, die Andern sind mittelmäßig oder werden gar als die Bösen gehandelt! Und ich war so froh, dass sie als Journalistin endlich da angekommen war, wo sie eigentlich hingehört.

  • DI
    Der Ignaz

    Der Sabine Adler nutzt keine Lobhudelei!

     

    Leider war auch Sabine Adler keine Ausnahme, wenn man feststellen musste, wie Redakteure des DLF immer wieder in Allgemeinplätze und in der Übernahme von Anschauungen und Deutungen der Nachrichtenagenturen gerieten, sobald sie sich einem etwas entfernteren, ihnen nicht aus unmittelbarer Bearbeitung zugänglichen Thema beschäftigten.

     

    Wahre Generalisten hingegen zeigten,

    wie man sich ständig bemühen muss, dem Hörer zu dienen und nicht seine eigenen Anschauungen zu verbreiten.

    Dies leistete Wolfgang Koczian, der mir trotz seiner meiner Auffassung nach konservativen Anschauung, durch seine Trennung von Meinung und Information stets gut auffiel.

     

    In Moskau war Frau Adler vor Jahr und Tag gut, im Sparzwanggetriebe des DLF, dass darüber hinaus auch die Leute der ehem. Montagssendung „Politische Literatur“ rausdrängte,

    ging sie als Generalistin oft unter.