piwik no script img

Kulturradio WDR 3 wird reformiertAber für Thomas gibt es Geld

Das Kulturradio WDR 3 soll mehr Musik und weniger Wort senden. Deshalb regt sich nun Protest: 11.000 Menschen haben bereits gegen das Vorhaben unterschrieben.

Thomas, nicht schmollen! Für dich gibt's wenigstens immer Geld. Bild: dapd

Der Kulturradiosender WDR 3 wird reformiert. So soll der Wortanteil reduziert und der Musikanteil ausgebaut werden. Im Nachrichtenmagazin „Journal“ wird täglich eine halbe Stunde politischer Berichterstattung gestrichen, an anderer Stelle sollen Musik- und Literatur-Features wegfallen.

Das neue Kulturmagazin am Sonntag, der tägliche Kulturkommentar und ein verbesserter Onlineauftritt sollen den Sender von einem Kulturverständnis der 70er befreien und in die Liga der modernen Kulturradios katapultieren. Gegen diese Maßnahmen protestieren mittlerweile 11.000 Unterstützer, die sich als „Die Radioretter – die Initiative für Kultur im Rundfunk“ zusammengetan haben.

Für die Reform gibt es kein zusätzliches Geld, diese wird durch eine Budgetumschichtung finanziert. Der WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz beteuert: „Es ändert sich in der Summe nichts. Wir werden nicht weniger Qualität bieten und wir werden aus meiner Sicht auch nicht weniger Vielfalt bieten. Sondern wir schichten Ressourcen um.“

Gegen diese neuesten Sparmaßnahmen, die als Umschichtung getarnt werden, reagiert die Initiative „Die Radioretter“ mit heftiger Kritik. Auf ihrer Website www.die-radioretter.de haben in weniger als zwei Wochen 11.000 Menschen einen an die Intendantin des WDR, Monika Piel, adressierten offenen Brief gegen die geplante Programmreform des WDR 3 unterzeichnet. Darunter sind auch prominente Namen wie der Jounalist Heribert Prantl oder der Theaterregisseur Schorsch Kamerun.

„Es muss gespart werden“

Seit 2004 wird am WDR herumreformiert. Die WDR-3-Geschäftsleitung möchte auch das sogenannte gehobene Radio zum Durchhörradio umformatieren. Es muss gespart werden, ist der Grundtenor. Die Unterstützer kritisieren, dass ständig gespart wird, die neue Formatierung des Programmes sehen sie als Zensur.

Mit dem Protest 2012 wollen sie nun ein Signal setzen. Das ist ihnen auch gelungen. Wegen der öffentlichen Unterstützung der Initiative „Die Radioretter“ entschied sich am letzten Freitag der WDR-Rundfunkrat, die geplante Reform zu verschieben. Ein kleiner Sieg.

Dennoch glaubt der Medientheoretiker und Mitbegründer der Initiative, Hans-Joachim Lenger, dass die aktuelle Reform erst mal zur Gänze vom Tisch muss. Er kritisiert, dass der WDR ständig an den falschen Stellen spart. „Es ist ein Skandal, dass man mit unseren Gebühren den vorabendlichen Selbstfindungsprozess von Herrn Gottschalk finanziert. Es ist doch gar nicht wahr, dass der WDR 3, also insgesamt der WDR wenig Geld hat. Er schmeißt es nur zum Fenster heraus!“

Die Unterstützer der Radioretter sehen den Reformprozess des WDR 3 auch als Anlass, ihren allgemeinen Unmut über den ständigen Kulturabbau in den Medien zum Ausdruck zu bringen. György Dalos, ungarischer Schriftsteller und Historiker, hat auch die Liste unterzeichnet. „Ich sehe die Kultur in diesem Programm verschwinden. Das Radio ist ein besonderes Medium. Mit meiner Unterschrift möchte ich die ewigen Sparmaßnahmen bei der Kultur verhindern.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • A
    anke

    Das Radio als Spiegel der Gesellschaft: Gespart wird immer da, wo die Folgen für die Verantwortlichen am leichtesten zu verkraften scheinen. Vermeintliche Quotenbringer erhalten Sonderrechte. Der MDR übrigens macht mit seinem Kulturprogramm "Figaro" (der Name war und ist Programm) seit Jahren vor, wie man "Reformen" umsetzt, ohne großen Widerstand zu provozieren. Er senkt die Qualität seiner Wortbeiträge so lange, bis die Hörer von sich aus fragen: "Könnt ihr denn nicht endlich mal die Klappe halten?"

  • J
    jörgkrauss

    Schön, wenn Widerstand Gesichter bekommt. Es ist wie fast überall im Leben, immer schlechtere Qualität für immer höhere Preise. Und dies dann noch für uns, die i.d.R. den digitalen, infotainalischen Mist aus Quote und Werbung gar nicht mehr hören können.