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Kommentar NetzbetreiberCDU begreift Marktwirtschaft

Kommentar von Martin Reeh

Eine Teilverstaatlichung der Netzbetreiber ist notwendig. Nach dem Fall Tennet zieht sogar in der CDU/CSU marktwirtschaftlicher Verstand ein.

D er Fall Tennet dürfte gute Chancen haben, in die Volkswirtschaftslehrbücher einzugehen: als abschreckendes Beispiel dafür, dass es marktwirtschaftlicher Unsinn ist, einen privaten Monopolisten mit öffentlichen Aufgaben zu betrauen.

Tennet ist einer der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber. Ihm gehören die Netze an Nord- und Ostsee, dort, wo die Offshore-Windparks angeschlossen werden müssen. Und Tennet fehlt das Kapital, um in die Netze zu investieren. Oder behauptet dies zumindest. Deshalb verzögert Tennet den Ausbau und fährt zugleich eine PR-Kampagne: Nur sichere hohe Gewinnmöglichkeiten würden Investoren zum Einstieg locken.

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) steckt in der Zwickmühle: Gibt er Tennet nicht nach, ist der Offshore-Ausbau blockiert. Deshalb hat er bereits vor Wochen den Verbrauchern und nicht Tennet die Haftungskosten für Verzögerungen beim Netzausbau weitgehend aufgebürdet.

Martin Reeh

ist Redakteur im Meinungsressort der taz.

Auf Druck von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner musste er aber eine Ausnahmeregelung deutlich ausweiten: Für Fahrlässigkeit beim Netzausbau haftet jetzt meist der Netzbetreiber. Seit gestern versucht Tennet, diese Regelung wieder rückgängig zu machen. Die Alternative, so Tennet im August, wäre eine höhere Rendite. Die muss staatlich genehmigt werden. Verweigert sich Altmaier dem Druck von Tennet, dürfte die nächste Blockaderunde beim Netzausbau anstehen.

Sogar EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat daher kürzlich zumindest eine Teilverstaatlichung der Netzbetreiber ins Spiel gebracht – eine Idee, die viele in der Union lange aus ideologischen Gründen abgelehnt haben. Jetzt sieht es so aus, als könnte sogar in der CDU/CSU marktwirtschaftlicher Verstand Einzug halten.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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1 Kommentar

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  • V
    Volkswirt2

    Sehr geehrter Herr Reeh,

     

    eine kleine Korrektur. TenneT schließt in der Nordsee Offshore Windparks an bzw. versucht es. Die TenneT TSO GmbH in Deutschland ist eine 100% Tochter des holländischen Mutterkonzerns. Dieser Konzern ist in staatlicher Hand in Holland, so dass wirklich nur hier in Deutschland von privat gesprochen werden sollte und hier auch nur bedingt. Mit der Vermutung, dass TenneT hier nur "abcashen" will dürften sie wahrscheinlich richtig liegen. TenneT hätte das Netz einfach nicht bekommen dürfen, da sie "gnadenlos" unterkapitalisiert erscheinen (Allerdings hätte der Deutsche Staat ja mitbieten können.). Das verdeutlichen auch Kommentare der TenneT selbst. Im Übrigen glaube ich nicht, dass man sich in Deutschland einige wirklich dreiste Kommentare aus Holland gefallen lassen sollte. Deswegen einfach mal die Möglichkeiten des deutschen GG ausschöpfen.