Gesperrter Roman "The Jewel of Medina": Auch Schund braucht Freiheit
Ein US-Verlag hat das Buch "The Jewel of Medina" von Sherry Jones gesperrt. Es handelt von der sechsjährigen Frau des Propheten Mohammed. Der Vorwurf der Zensur wird reflexhaft vorgebracht.
E s ist das immergleiche Spiel - ein Buch wird zurückgezogen, und sofort wird von Zensur gesprochen. Kaum jemand kennt das Buch, doch alle haben eine Meinung. Gerade hat der amerikanische Verlag Random House das Buch "The Jewel of Medina" von Sherry Jones aus dem Programm genommen, nachdem es einige kleinere Proteste gegen das Erscheinen des Buches gegeben hatte. In dem Buch geht es um die sechsjährige Frau des Propheten Mohammed, Aisha. Der Autorin wurde vorgeworfen, sie habe einen Softporno abgeliefert, diese wiederum wehrt sich, und fragt, wie sie einen Porno geschrieben haben könne, wenn es keine Sexszene gebe. Random House jedenfalls konstatierte, das Buch verletze religiöse Gefühle, und zog es zurück.
Nun treten Salman Rushdie und der Däne Kurt Westergaard, der wegen seiner Mohammed-Karikaturen bedroht wurde, auf den Plan und verurteilen "die Zensur". Auch das folgt erst mal, scheint es, dem immergleichen Muster. Und von Zensur im eigentlichen Sinne kann nicht gesprochen werden, da keine staatliche Institution eingegriffen hat und das Buch in einem anderen Verlag, gerade auch angesichts der Skandalisierung, mit Sicherheit sein Publikum finden wird. Und vielleicht ist der Text wirklich ein Softporno, vielleicht wollte Random House schnelles Geld mit einem provokativen Thema machen und hat es nun mit der Angst zu tun bekommen.
Vielleicht. Doch es geht hier um etwas Grundsätzlicheres - die Freiheit der Literatur, auch der schlechten. Auch wenn Random House keine staatliche Institution ist, so ist die Marktmacht groß. Angesichts der Argumentationsvorlage, die der Verlag den radikalen Islamisten liefert, indem er das Buch zurückzieht und die Autorin, deren Text man ja immerhin irgendwann einmal gut fand, plötzlich selbst attackiert, kann nicht mehr nur von Feigheit die Rede sein. Salman Rushdie mag reflexhaft protestieren, wenn es um Attacken von aufgebrachten Islamisten geht, doch kennt er sich damit ja tatsächlich bestens aus. Und war es nicht die deutsche Mutter von Random House, Bertelsmann, die als einer von mehreren Verlagen seine "Satanischen Verse" auslieferte, mit großem Freiheit-des-Wortes-Getue? Jetzt aber stachelt der Verlag die möglicherweise beleidigten Muslime selbst noch auf, indem er das Buch, das wir, wie gesagt, ja nicht lesen können, von vornherein verfemt. Die Autorin Sherry Jones hat es seitdem nicht leicht, und das völlig unabhängig davon, ob ihr Roman große Literatur oder Schund ist. Dass die Rücksicht auf die sogenannten religiösen Gefühle - und längst nicht immer nur die der Muslime - inzwischen die großen Verlage einknicken lässt, die ja, beispielsweise, auf die Gefühle von diffamierten Schwulen und Lesben keine so großen Rücksichten nehmen, ist erschreckend.
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