piwik no script img

Journalistin über Lesben in Medien"Es sei denn, sie sind Mütter"

Die Kommunikationswissenschaftlerin Elke Amberg über die kaum vorhandene Präsenz von Lesben in den Medien, die Vorteile der Schwulen und die Reduktion auf Mutterrollen und gutes Aussehen.

"Sie müssen eine gehörige Portion Mut aufbringen." – wie das Ausnahmepaar Anne Will und Miriam Meckel. Bild: dpa
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

taz: Frau Amberg, in Ihrer Studie "Schön! Stark! Frei!" haben Sie untersucht, wie lesbische Frauen in den Medien dargestellt werden. Was haben Sie herausgefunden?

Elke Amberg: Lesben werden in der Presse nicht benannt, sie kommen als gesellschaftliche Gruppe also nicht vor. Sie werden selten zitiert und stehen fast nie im Mittelpunkt eines Textes. Die Berichterstattung über Homosexuelle dominieren schwule Männer.

Zeitungen schreiben doch aber immer mal wieder über lesbische Mütter.

Das stimmt. Aber das passiert äußerst selten, und das ist die einzige "Rolle", in der Lesben vorkommen. Auch dann heißt es nicht "lesbische Frauen", sondern "zwei Mütter" oder "Regenbogenfamilie". Der Begriff "lesbisch" ist in den Medien offenbar noch stark tabuisiert.

Warum ist das so?

Schwule Männer haben unter anderem durch die Aids-Krise und die dadurch gewonnene Medienpräsenz inzwischen eine andere gesellschaftliche Akzeptanz. Der Begriff "schwul" konnte Karriere machen, sogar in der konservativen Presse. Selbst wenn ein Artikel heute Lesben und Schwule betrifft, beispielsweise beim Steuerrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften, steht vielfach in der Überschrift "Steuersplitting für Schwule". Das ist schlichtweg falsch. Denn Lesben betrifft es genauso.

Bild: privat
Im Interview: ELKE AMBERG

ELKE AMBERG 49, ist Kommunikationswissenschaftlerin und Journalistin in München. Im Herbst erscheint im Ulrike Helmer Verlag ihr Buch "Schön! Stark! Frei! Wie Lesben in der Presse (nicht) dargestellt werden". Am Samstag, 16 Uhr, moderiert taz-Chefredakteurin Ines Pohl in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin eine Podiumsdiskussion zum Thema.

Spricht es nicht für Gleichstellung, wenn Zeitungen von "Homosexuellen" sprechen, weil damit Lesben und Schwule gemeint sind?

Das wäre schön, aber das Wort homosexuell ist konnotiert mit schwul und Mann. Da heißt es im Text Homo-Ehe und Homo-Hochzeit. Das wird auch so weitergetextet: Homo-Partner und Homo-Gatte. Und im Bild sieht man auch nur Männer.

Schwule Männer treten in der Öffentlichkeit offensiver auf. Da wundert es kaum, dass die Presse sie stärker wahrnimmt.

Meine Analyse von 81 Artikeln aus vier Tageszeitungen hat ergeben, dass eine Vielzahl schwuler Aktivisten und geouteter Politiker genannt oder zitiert wurde und nur eine lesbische Aktivistin und eine Prominente.

Vielleicht ist es manchen lesbischen Frauen ja auch ganz Recht, dass sie nicht im Mittelpunkt stehen.

Das kann ich nicht beurteilen. Aber Fakt ist, dass Lesben historisch zunächst einmal mit ganz anderen existenziellen Themen zu kämpfen hatten und heute noch haben, nämlich mit den "ganz normalen" Frauenthemen: Selbstbestimmung über ihren Körper, Geschlechterrollen, Gewalt, eigenes Einkommen.

Tragen öffentlich präsente Lesben wie die Moderatorinnen Anne Will und Dunja Hayali oder Schauspielerinnen wie Ulrike Folkerts und Maren Kroymann nicht zur Öffnung lesbischen Lebens bei?

Das tun sie. Trotzdem sind lesbische Frauen nicht so öffentlich wie schwule Männer. Fragt man Leute auf der Straße nach prominenten Homosexuellen, nennen sie in der Regel schwule Männer.

Liegt das auch daran, dass prominente Lesben das öffentliche Coming-out fürchten?

Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen und selbstbewusst auftreten, bläst oft ein strenger Wind entgegen. Sobald etwas nicht perfekt ist, wird entweder ihre Kompetenz oder ihre Weiblichkeit infrage gestellt. Lesben, die zu ihrer Lebensweise stehen, bieten da eine "offene Flanke". Sie müssen eine gehörige Portion Mut aufbringen, die Klaviatur der Medien gut beherrschen und am besten noch perfekt aussehen.

Weniger feminine Lesben haben es schwerer?

Das habe ich in meiner Studie nicht untersucht. Aber es gibt Analysen über die Darstellung lesbischer Frauen im Fernsehen. Die sehen alle gut aus, sind schlank, langhaarig und immer gut geschminkt. In diesem Raster dürfen lesbische Frauen im TV vorkommen.

Wenn sie nicht so aussehen, kommen sie nicht ins Fernsehen und nicht in die Zeitung?

Es sei denn, sie sind Mütter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • A
    Andrea

    @hermit:

    eine (Hetero-)Kollegin sagte mir, dass sie nach der Hochzeit 400 Euro mehr netto auf dem Konto hatte. DA, und nur DA, kann ICH (auch wenn Du's nicht wissen willst: lesbisch) sagen: nervig, echt supernervig!

    Du denkst, Du bist normal, dabei bist Du bloß hetero.

  • L
    lounger

    "81 Artikeln aus vier Tageszeitungen"

    Was eine beeindruckende Datenbasis. Welcher Zeitraum, welche Zeitungen, ...

     

    Möglicherweise spielt die unterschiedliche Verbreitung von schwulen und lesbischen Lebensformen auch eine Rolle - es gibt schlicht deutlich mehr Schwule als Lesben.

  • M
    mazza

    ja, es stimmt, wie lesben in den medien dargestellt werden " schlank, langhaarig, geschminkt " - das passt ins typische muster unserer hypersexualisierten hetero-gesellschaft. frauen werden über ihr äusseres definiert nach erotik, schönheit und sexueller ausstrahlung. geht es doch nur um schlüsselreize und sexuelle ausstrahlung. sei sexy , sagt man den frauen! das und die wurzeln des sexismus beginnen schon in den kinderzimmern, wo barbie-püppchen oder inzwischen neu hinzukommend `bratz-dolls` den mädchen das gewünschte frauenbild einprägen soll. unsere massen-kultur wünscht lieber sex/püppchen als eine vorstandsvorsitzende.

    neuerdings posieren ach so brave junge fußballspielerinnen "schlank, langhaarig, geschminkt" extra im playboy fast nackt, um zu zeigen, dass sie keine lesben sind bzw. das olle klischee der lesbe im fußballsport auf sie nicht zutrifft. so konstruiert und wünscht mann sich weiblichkeit - und weniger `feminine` lesben bekamen immer schon häme, spott, ausgrenzung zu spüren - das klischee vom `mannweib` geistert nach wie vor in den köpfen herum und lesbophobie blüht weiter...

    lieber schön, statt schlau - das neue bild der frau. im prinzip hat sich gegenüber vorherigen generationen nichts geändert...mit feminismus oder emanzipation hat diese hypersexualisierte musterung wenig zu tun.

    http://www.welt.de/vermischtes/partnerschaft/article13388801/Lieber-schoen-statt-schlau-Das-neue-Bild-der-Frau.html

  • U
    unknown

    "Das hat nach den ganzen Erfolgen der Homo-Bewegung wohl nichts mit Realität, aber viel mit einer Wahrnehmungs- und Persönlichkeitsstörung zu tun."

     

    - Homosexuelle Jugendliche haben ein 4 Mal höheres Selbstmordrisko als nicht-homosexuelle

    - Noch immer können Menschen, die von ihrem Recht auf ELP Gebrauch machen, ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn sie bei einem kirchlichen Träger arbeiten

    - In 79 Ländern wird Homosexualität strafrechtlich verfolgt, in 7 Ländern steht darauf die Todesstrafe

     

    All das sind harte Fakten, die du mit ein bisschen Recherche im Netz nachlesen kannst. Von Kindern, die aus dem Haus geworfen werden, wenn sie sich outen, "schwul" als beliebtes Schimpfwort auf deutschen Pausenhöfen, Gewalt gegenüber Lesben und Schwulen und der Ungleichstellung beim Adoptionsrecht ganz zu schweigen.

     

    Und zum Thema Medien: Medien sind die stärkste Kraft in der Prägung der öffentlichen Meinung. Was in den Medien nicht existiert,wird von der Gesellschaft ignoriert.

  • U
    unknown

    "Kurz: Ich stelle mich als "Hetero" auch nicht schon beim Händeschütteln als Hetero vor. verlange auch nicht, daß das irgendwo riesig ausgebreitet wird."

     

    echt nicht? Na dann sind Sie aber eine echte Ausnahme. 99,9% aller Heteros reden nach einem Wochenende darüber, was sie mit ihren Partnern unternommen haben, quatschen mit gleichgeschlechtlichen Kollegen über attraktive Männer (wenn sie Frauen sind) oder Frauen (wenn sie Männer sind), tauschen Anekdoten aus ihrem Liebesleben aus, holen sich Tipps für den Umgang mit dem anderen Geschlecht und nehmen ihre PartnerInnen natürlich selbstverständlich zur Betriebsfeier mit. Vom Händchenhalten auf der Straße, der Buchung des Hotelzimmers mit Doppelbett, dem "das erledigt mein Mann/meine Frau" am Telefon oder an der Haustüre mal ganz abgesehen. Manchmal dauert es nur Sekunden, bis ein penetranter Heterosexueller mir widerliche Details aus seinem Privatleben aufdrücken muss. So wie beispielsweise neulich eine Frau, mit der ich am Bahnsteig ins Gespräch gekommen bin, einen Anruf aufs Handy bekam und es natürlich nicht lassen konnte, sich mit den Worten "Sorry, das war gerade mein Mann" für die Gesprächsunterbrechung entschuldigen musste. Pfui! Wer möchte denn solche perfiden, schmutzigen Details aus dem Intimleben eines Menschen wissen....

  • KF
    Klaus F.

    zu hermit:

     

    in Ihrem kommentar haben Sie immerhin den dritten satz abgewartet, um Ihre heterosexualität in die welt zu posaunen. sollen wir wirklich glauben, dass Sie im wahren leben ebenso "diskret" sind? ;-)

     

    übrigens: dass menschen wie Sie nur ans ficken denken können, wenn Sie etwas über schwule und lesben lesen, das ist eigentlich nicht das problem der schwulen und lesben...

  • C
    Claudia

    Wenn lesbische Frauen nicht so "öffentich" sind,wie im Artikel beschrieben, finde ich das eine Glücksfall. Im Gegensatz zu Schwulen, bleibt uns damit manche schmerzhafte Erfahrung erspart.Gerade heute. Was ist daran der Vorteil der Schwulen? Schwule waren, historisch belegbar, immer Opfer. Bei uns Lesben habe ich den Eindruck, es muß dringend eine Opferrolle her, sonst sind wir beleidigt.

  • J
    Josefine

    Irgendwie fühlen sich Lesben/Schwule doch immer diskriminiert. Das hat nach den ganzen Erfolgen der Homo-Bewegung wohl nichts mit Realität, aber viel mit einer Wahrnehmungs- und Persönlichkeitsstörung zu tun.

    - Muss man in "den Medien" vorkommen um ein glücklicher Mensch zu sein???

  • H
    hermit

    Schwule und Lesben: Sie nerven nur noch! Wer nur noch dauernd und obsessiv sich uber seine sexuellen Prefenrenzen ausläßt und dies von anderen auch noch geteilt wissen möchte: nervig hoch drei!

    Kurz: Ich stelle mich als "Hetero" auch nicht schon beim Händeschütteln als Hetero vor. verlange auch nicht, daß das irgendwo riesig ausgebreitet wird.

    Ficken welcher Art auch immer ist Privatsache (ich spreche hier nicht von kriminellen etc. Akten!)

    Dieses dauernde Geschrei erinnert schon an Sozio- und andere -pathen, die so lange rumschreien, bis sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen und sich nur noch alles um SIE dreht. Nochmal: supernervig!

  • VS
    von Sinnen

    "Die sehen alle gut aus, sind schlank, langhaarig und immer gut geschminkt."

     

    Ach ja? Und was ist mit Hella von Sinnen?

     

    Mal wieder typisches Frauen sind immer Opfer-Getue.