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Kommentar israelische SiedlungspolitikSiedler sind nicht bibelfest

Kommentar von Susanne Knaul

Für die Siedler von Ulpana zählt nicht der Rechtsstaat, sondern die Tatsache, dass Gott dem Volk Israel das Land geschenkt hat. Dabei hat Adam damals das Land gekauft.

D er Urteilsspruch des Obersten Gerichtshofs in Jerusalem und die nun tatsächlich bevorstehende Räumung der fünf Häuser im Ulpana-Viertel von Bet El sind ohne Beispiel. Die umstrittenen Häuser von Ulpana stehen auf privatem palästinensischem Grund. Zum ersten Mal kämpfen sich Palästinenser mit ihrem Grundstücksanspruch durch die legalen Instanzen und erreichen, dass die Bulldozer einmal nicht arabische Bauten einreißen, sondern Häuser, in denen Siedler leben.

Doch kaum dass hunderte andere potenzielle Petitionäre Wind von der Sache bekommen, die auch Ausweg aus dem am eigenen Körper erfahrenen Unrecht sein könnte, will die israelische Regierung auch diesen Weg verbauen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versprach einen „Mechanismus“, künftige Klagen zu verhindern. Die israelische Legislative ist aufgerufen, die Enteignung von privatem Landbesitz rechtens zu machen.

Es sei ein Rückschlag für die Siedlerbewegung, sollte Ulpana nicht geräumt werden, argumentierte der Likud-Abgeordnete Benni Begin, Sohn des legendären Menachem und sicher keiner der Politiker, denen man eine allzu moderate Haltung im Umgang mit den Palästinensern zum Vorwurf machen müsste. Der Nationalist und Verfechter der großisraelischen Idee hält sich lediglich an das Gesetz.

Bild: taz
Susanne Knaul

ist Israel-Korrespondentin der taz.

Für die Siedler, die die Räumung Ulpanas zu verhindern versuchen, steht indes Großisrael über dem Rechtsstaat. Von Menschen geschriebenes Recht könne nicht die Tatsache aufwiegen, dass das Land dem Volk Israel von Gott selbst gegeben sei, behaupten sie. Tatsächlich hielt sich Abraham, der alttestamentarische Empfänger des göttlichen Geschenks, an noch heute übliche Regeln. Er nahm sich nicht einfach das Land, auf dem er und seine Familie später begraben werden sollten, sondern er kaufte es.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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9 Kommentare

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  • AB
    Arnd Baston

    Leute, Ihr erschreckt mich. Wenn ich Eure Kommentare lese, erfüllt mich Entsetzen ob Eurer zynischen Unmenschlichkeit. Aber andererseits: vielen Dank, denn nirgendwo sieht man so gut wie hier, mit was für grausigen Irren sich unsere Regierung (indirekt) einlässt.

     

    Aus dem Holocaust zu lernen und Verantwortung zu übernehmen, ist gut und wichtig. Man sollte aber auch die richtigen Schlüsse ziehen und deshalb zur Menschlichkeit und gegen das Unrecht stehen, statt nur zu sagen: he, Israelis! Ist schon gut, wir stehen auf jeden Fall zu Euch - ganz egal, was Ihr macht und wie schlimm es auch ist, ganz egal ...

     

    So, und wer von Euch Menschenfreunden zückt jetzt als erster die Antisemitismuskeule?

  • CR
    Christine Rölke-Sommer

    eins verstehe ich nicht: wieso müssen die häuser, wenn sie denn geräumt sind, eingerissen werden?

    Gut, ich weiß nicht, was die eigentümer mit ihrem grund und boden vorhaben ... aber die angedeutete zwangsläufigkeit des abrisses leuchtet mir nicht ein.

     

    Zu dem unsinn, den tanach als grundbuch zu lesen, sag ich lieber garnix. sondern empfehle, sich mal mit den minimalisten vertraut zu machen und z.b. Davies, In Search of 'Ancient Israel' zu lesen.

  • L
    lef

    Der ganze Artikel ist auf falscher Basis:

     

    Es gibt in Palästina (und anderswo in islamischen Staaten) keinen Privatbesitz an Boden!

    Es gilt dort das osmanische Bodenrecht,

    und das erlaubt Nutzung, aber nicht Besitz.

    Das Nutzungsrecht ist zwar verkäuflich, aber nicht der Besitz.

    (Die Nutzung wiederum ist an konkrete Auflagen gebunden!)

     

    Das gleiche bzw. ähnliche Recht gab es schon zu Abrahams Zeiten, so dass auch Abraham nur Nutzungsrechte kaufen konnte.

     

    Hier wäre Recherche nötig, um heraus zu stellen, wieso diese Siedlung illegal war und was da wirklich vorgefallen ist.

     

    "Palästinser" gab es übrigens auch nicht vor ungefähr 1975.

    Davor waren das Araber, die im zweigeteilten Palästina lebten, und das wiederum wurde von den Römern nach Verteibung der Juden gegründet.

    (wahrscheinlich nach dem Kleinstaat der Philister benannt, die da auch lebten)

  • M
    Menschenfreund

    "Er nahm sich nicht einfach das Land, ..., sondern er kaufte es."

    Können Sie den Kaufvertrag zur Einsichtnahme nachreichen? ;-)

    Nein, der ganze Ansatz ist doch schon falsch. Leider ist es so, dass die Palästinenser keine Willkommenskultur pflegen sondern dezidiert judenfeindlich sind und auch das Interesse am christlichen Westen beschränkt sich auf Transferzahlungen.

  • G
    Gonzi

    Nun,

    die Palästinenser haben sich den ihnen aufgedrückten Glaubensrichtungen pragmatisch anpassen können,

    sei es der der Tempelherrschaft einer auf Abgaben fixierten Priesterkaste in Jerusalem,

    jene der Christianisierung durch Byzanz,

    oder jene nach der Ausbreitung des Islam,

    da ihnen ein Abraham in allen Versionen erhalten blieb.

     

    Die Herausforderung, der sie sich nun durch die Nachfahren von Konvertiten und Proselyten ausgesetzt sehen, die glauben, Palästina sei ein Disneyland für religiöstümeldne Eiferer und die sich selbst als die Erben göttlicher Verheißungen empfinden,

    ist allerdings von besonderer Art.

     

    Hier nämlich fand das erste Mal in den letzten 3000 Jahren eine Massenvertreibung der indigenen Bevölkerung statt, die schon bei Herodot und Aristoteles als die Palästinenser bekannt waren

    und die durch hunderte von Erwähnungen bereits durch die Ägypter in die Geschichte eingegangen waren.

  • W
    willy

    Frau Kaul ist antisemitismusfest!

  • TT
    Tom Taler

    Das soll ein Kommentar sein? Da kann ich Frau Kaul nur empfehlen noch mal einen Blick in La Roches "Einführung in den praktischen Journalismus" zu werfen. Oder muss man sich als Korrespondentin in Israel derartig selbst zensieren?

  • A
    Abraha,m

    Ich will eigentlich keinen Landdiebstahl rechtfertigen, aber die Überschrift "Siedler sind nicht bibelfest" macht es schwer auf Sarkasmus zu verzichten.

    Wenn Abraham damals das Land gekauft hat, gehört es heute seinen Erben. Die Römer haben ja nicht die Juden entschädigt, als sie Israel zur Provinz des Reiches machten. Gestohlene Ware bleibt nun mal Hehler Wahre, auch wenn sich Generationen dazwischen rechtskonform verhalten haben. Nach ihrer eigenen Logik sind die Siedler durchaus im Recht und "bibelfest".

    Ich bin eigentlich nur dafür Bibel/Tore/... Zitate aus Rechtsdiskussionen zu streichen. In Deutschland verjährt Diebstahl nach 5 Jahren. Ich denke ähnlich sollte es auch beim Land in Israel sein. Die Israelis haben keinen Anspruch auf Land was ihnen vor 1000 Jahren gestohlen wurde, die Palästinenser genauso wenig auf Land was ihnen vor 10 Jahren gestohlen wurde. Das meiste Unrecht braucht Verjährungsfristen und Frieden brauch Pragmatismus.

  • A
    anke

    Jaaaa, aber: der Kauf wäre niemals zustande gekommen, hätte Gott ihn nicht gewollt. Inschallah... - äh: Inschjahwe. Gel?