piwik no script img

Geldstrafe für Karl RichterEin Neonazi genießt die Bühne

Weil der Münchner Stadtrat Karl Richter den Hitlergruß zeigte, verhängt das Amtsgericht eine Geldstrafe. Während des Prozesses lacht er und sagt: "Alles Große steht im Sturm".

Zu Geldstrafe verurteilt: Karl Richter. Bild: Archiv

MÜNCHEN taz Als ihm der Amtsrichter noch einmal das Wort erteilt, kurz vor dem Urteil, da versucht Karl Richter gar nicht mehr, sich zu verteidigen. Er dreht sich gleich zu den Zuschauern. "Alles Große steht im Sturm", ruft er pathetisch und fängt an zu agitierten. So hatte er das wohl geplant: Der Gerichtssaal sollte seine Bühne sein und der Prozess gegen ihn eine weitere aufsehenerregende Episode im rechtsextremen Provokationsspektakel des NPD-Kreisvorsitzenden und Münchner Stadtrats Richter.

Bei seiner feierlichen Vereidigung als Stadtrat im Mai hatte Richter für einen Eklat gesorgt: Er hob den rechten Arm zum Amtseid nicht wie alle anderen senkrecht in die Höhe, sondern schräg nach vorne. Es sah aus wie ein Hitlergruß.

Karl Richter Bild: Archiv

Es war ein Hitlergruß, befand am Donnerstag das Münchner Amtsgericht, ein lässiger zwar, mit angewinkeltem Arm, aber dennoch eindeutig. Und den hatte Richter vor hunderten Zuschauern gezeigt, im Alten Rathaussaal, dem Ort, wo 1938 Joseph Goebbels zur Reichspogromnacht aufgerufen hatte. "Eine schwerwiegendere Tatbegehung kann ich mir kaum noch vorstellen", sagte Amtsrichter Thomas Müller in seinem Urteil.

Er verurteilte Richter zu einer Geldstrafe von 5.600 Euro. Das ist für den Neonazi ein empfindliches Urteil. Denn anders als mancher mehrmals vorbestrafter Parteikamerad konnte Richter ein makelloses Führungszeugnis vorweisen. Das ist nun vorbei. Allerdings hat Richters Anwalt Berufung angekündigt.

Die Klage gegen Richter kam von der CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat. Mehrere CSU-Stadträte hatten Richters Hitlergruß aus nächster Nähe gesehen und waren empört. Auch ein Mitarbeiter der SPD-Fraktion sagte vor Gericht aus, dass er Richter beim Hitlergruß beobachtet habe. Als wichtigstes Beweismittel dienten dem Gericht aber eine Reihe von Fotos, die den rechtsextremen Stadtrat während des Amtseids in verbotener Pose zeigen.

Karl Richter gilt als Neonazi neuen Typs. Statt auf Einschüchterung und Gewalt setzt er auf massive Provokation. Er hat studiert, die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag beraten und ist für eine Tarnliste in den Münchner Stadtrat eingezogen, die sich allerdings recht eindeutig Bürgerinitiative Ausländerstopp nennt. Karl Richter ist hochintelligent, hinter jeder seiner Provokationen steht ein Plan. Das macht ihn trotz seines bürgerlichen Aussehens furchteinflößender als andere Rechtsextreme.

Seinen Auftritt vor Gericht schien Richter beinahe zu genießen. Er behauptete, das Gedränge sei schuld gewesen an seinem nach vorne gereckten Arm. Er sagte Dinge wie: "Man hat nicht viel anatomischen Spielraum, wenn man gebeten wird, heben Sie mal den rechten Arm." Und als ein Zeuge gebeten wurde, doch einmal darzustellen, wie Karl Richter bei seiner Vereidigung den Arm nach vorne gestreckt habe, da saß der rechtsextreme Stadtrat auf der Anklagebank und lachte.

Derzeit bewirbt sich Karl Richter für einen Sitz im bayerischen Landtag. Die oberbayerische NPD hat ihn als Spitzenkandidaten aufgestellt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

18 Kommentare

 / 
  • N
    NachdenklicherZionist

    Es handelt sich doch hier um einen politischen Komodienstadel, der eigentlich nicht mehr ernstzunehmen ist.

    Man will doch nur politische Konkurrenz auf haarsträubende Weise diffamieren.

    Damit verharmlost man die wirklichen Verbrechen der damaligen Zeit.

    Stoppt die Inkompetenz und den Betrug und Verschwendung öffentlicher Gelder für Kriegsabenteuer und diese aufgeblähte Bürokratie

  • R
    Roberto

    JEDER ehrliche Mensch der das Originalfoto der Vereidigung von Karl Richter gesehen hat, muß zugeben, dass dies absolut NICHTS mit einem Hitlergruß zu tun hat.

  • B
    beo

    In Zukunft sollte man wohl besser aufpassen wenn man seinen Körper bewegt....

     

    Aber was hab ich Angst - schließlich leben wir doch im freiesten Staat den es je auf deutschem Boden gegeben hat;-))

  • S
    selavy

    "Alles Große steht im Sturm" - das war der Schlußsatz von Martin Heideggers berüchtigter Rektoratsrede in Freiburg 1933, mit der er den Anspruch erhob, die Philosophie - sprich: er selbst - habe den Führer zu führen. Dieser Schlußsatz war zugleich eine Paraphrase eines Platon-Zitats aus der 'Politeia', in der ja ebenfalls gefordert wird, die Philosophen sollten die Macht übernehmen. Herr Richter stellt sich mit seinem Zitat also in eine denkbar überhebliche Tradition. Und wenn Pathos aus Überschätzung entsteht, dann gab es wohl nur selten eine pathetischere Äußerung...

  • V
    vic

    5600 Euro. Stadtrat bleibt er natürlich.

    Welch ein Witz. Ich würde gerne seinen anatomischen Spielraum etwas mehr einschränken. Und nun kandidiert der Nazi für einen Sitz im bayerischen Landtag. Dabei hat er sicher gute Chancen. In einer Stadt in der so einer Stadtrat werden kann, kann so einer auch in den Landtag gelangen. Zudem ist die NPD ja eine demokratische Partei. Sagt unsere Regierung. Zum Kotzen.

  • S
    sturm

    guter mann, leider haben wir davon zu wenig.

  • N
    NachdenklicherZionist

    Es handelt sich doch hier um einen politischen Komodienstadel, der eigentlich nicht mehr ernstzunehmen ist.

    Man will doch nur politische Konkurrenz auf haarsträubende Weise diffamieren.

    Damit verharmlost man die wirklichen Verbrechen der damaligen Zeit.

    Stoppt die Inkompetenz und den Betrug und Verschwendung öffentlicher Gelder für Kriegsabenteuer und diese aufgeblähte Bürokratie

  • R
    Roberto

    JEDER ehrliche Mensch der das Originalfoto der Vereidigung von Karl Richter gesehen hat, muß zugeben, dass dies absolut NICHTS mit einem Hitlergruß zu tun hat.

  • B
    beo

    In Zukunft sollte man wohl besser aufpassen wenn man seinen Körper bewegt....

     

    Aber was hab ich Angst - schließlich leben wir doch im freiesten Staat den es je auf deutschem Boden gegeben hat;-))

  • S
    selavy

    "Alles Große steht im Sturm" - das war der Schlußsatz von Martin Heideggers berüchtigter Rektoratsrede in Freiburg 1933, mit der er den Anspruch erhob, die Philosophie - sprich: er selbst - habe den Führer zu führen. Dieser Schlußsatz war zugleich eine Paraphrase eines Platon-Zitats aus der 'Politeia', in der ja ebenfalls gefordert wird, die Philosophen sollten die Macht übernehmen. Herr Richter stellt sich mit seinem Zitat also in eine denkbar überhebliche Tradition. Und wenn Pathos aus Überschätzung entsteht, dann gab es wohl nur selten eine pathetischere Äußerung...

  • V
    vic

    5600 Euro. Stadtrat bleibt er natürlich.

    Welch ein Witz. Ich würde gerne seinen anatomischen Spielraum etwas mehr einschränken. Und nun kandidiert der Nazi für einen Sitz im bayerischen Landtag. Dabei hat er sicher gute Chancen. In einer Stadt in der so einer Stadtrat werden kann, kann so einer auch in den Landtag gelangen. Zudem ist die NPD ja eine demokratische Partei. Sagt unsere Regierung. Zum Kotzen.

  • AM
    Andreas M.

    Mir wird schlecht, wenn ich solche Leute wie einen Karl Richter sehe.

     

    Wie kann ein Typ wie dieser einen Platz in der Demokratie haben?

     

    Ich schäme mich für die Wähler, die solch einem Menschen eine Platform geben.

     

    Ich bete, dass die Mehrheit der Münchener solche Typen mit Nichtachtung straft.

     

    Dann doch eindeutig lieber den Stimmzettel ungültig machen als so einen zu wählen, wenn ich schon Protest zeigen will.

  • S
    sturm

    guter mann, leider haben wir davon zu wenig.

  • N
    NachdenklicherZionist

    Es handelt sich doch hier um einen politischen Komodienstadel, der eigentlich nicht mehr ernstzunehmen ist.

    Man will doch nur politische Konkurrenz auf haarsträubende Weise diffamieren.

    Damit verharmlost man die wirklichen Verbrechen der damaligen Zeit.

    Stoppt die Inkompetenz und den Betrug und Verschwendung öffentlicher Gelder für Kriegsabenteuer und diese aufgeblähte Bürokratie

  • R
    Roberto

    JEDER ehrliche Mensch der das Originalfoto der Vereidigung von Karl Richter gesehen hat, muß zugeben, dass dies absolut NICHTS mit einem Hitlergruß zu tun hat.

  • B
    beo

    In Zukunft sollte man wohl besser aufpassen wenn man seinen Körper bewegt....

     

    Aber was hab ich Angst - schließlich leben wir doch im freiesten Staat den es je auf deutschem Boden gegeben hat;-))

  • S
    selavy

    "Alles Große steht im Sturm" - das war der Schlußsatz von Martin Heideggers berüchtigter Rektoratsrede in Freiburg 1933, mit der er den Anspruch erhob, die Philosophie - sprich: er selbst - habe den Führer zu führen. Dieser Schlußsatz war zugleich eine Paraphrase eines Platon-Zitats aus der 'Politeia', in der ja ebenfalls gefordert wird, die Philosophen sollten die Macht übernehmen. Herr Richter stellt sich mit seinem Zitat also in eine denkbar überhebliche Tradition. Und wenn Pathos aus Überschätzung entsteht, dann gab es wohl nur selten eine pathetischere Äußerung...

  • V
    vic

    5600 Euro. Stadtrat bleibt er natürlich.

    Welch ein Witz. Ich würde gerne seinen anatomischen Spielraum etwas mehr einschränken. Und nun kandidiert der Nazi für einen Sitz im bayerischen Landtag. Dabei hat er sicher gute Chancen. In einer Stadt in der so einer Stadtrat werden kann, kann so einer auch in den Landtag gelangen. Zudem ist die NPD ja eine demokratische Partei. Sagt unsere Regierung. Zum Kotzen.