Programm gegen Extremismus: Schwarz-Gelb verharmlost Nazigewalt
Die Koalition will das bisherige Programm gegen Rechtsradikalismus auch zum Kampf gegen Linke und Islamisten nutzen. Aktivisten gegen rechts sind entsetzt.
BERLIN taz | Union und FDP wollen künftig die Programme gegen rechts auch zur Bekämpfung von Linksextremismus und Islamismus nutzen. Das geht aus dem Entwurf des Koalitionsvertrags hervor, der der taz vorliegt.
Darin heißt es, dass "die Aufgabenfelder des Fonds für Opfer rechtsextremistischer Gewalt sowie des Bündnisses für Demokratie und Toleranz auf jede Form extremistischer Gewalt ausgeweitet werden". Die vom Bund geförderten Programme gegen Rechtsextremismus sollen zudem in Zukunft als "Extremismusbekämpfungsprogramme unter Berücksichtigung der Bekämpfung linksextremistischer und islamistischer Bestrebungen" fortgeführt werden. Aus dem Entwurfstext für den Bereich Justiz und Inneres geht hervor, dass Rechtsextremismus nicht mehr explizit genannt wird, sondern mit Extremismen jeder Art gleichgestellt wird.
"Wenn es denn so kommt, ist das ein dramatischer Schritt", erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der antirassistischen Amadeu-Antonio-Stiftung. Letztlich führe diese Gleichsetzung dazu, dass Rechtsextremismus verharmlost wird. "Die Bundesprogramme werden so in ihrer bisherigen Form infrage gestellt", sagt Reinfrank. Es sei fraglich, ob es überhaupt nennenswerte Opferzahlen vermeintlich linksextremer Gewalt gebe.
Auch Grüne und die Linkspartei kritisieren das Vorhaben scharf. "Union und FDP haben schon im Vorfeld mehrfach Rechts- und Linksextremismus gleichgesetzt", sagt Daniel Gollasch, Rechtsextremismusexperte der Berliner Grünen. Damit werde der Nationalsozialismus relativiert.
"Die Union versucht schon seit langem, den Kampf gegen rechts staatlich zu kontrollieren", sagt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken. Das Vorhaben sei völlig verfehlt. Links- und Rechtsradikalismus auf eine Ebene zu stellen trage zur Verharmlosung von rechter Gewalt bei. "Seit 1993 sind über 140 Menschen durch Gewalt von rechts ums Leben gekommen, aber kein Einziger durch Gewalt von links", erklärt Jelpke.
Christian Ahrendt, Extremismusexperte der FDP, verteidigt den Entwurf. "Die Programme können nicht breit genug aufgestellt werden, man darf sich nicht nur auf Rechtsradikalismus konzentrieren", so Ahrendt zur taz. Es ginge nicht um die Abschaffung der Programme, sondern um ihre Verfestigung und darum, sie auch auf andere Bereiche auszuweiten. Ob die finanziellen Mittel zur Bekämpfung von rechts künftig gekürzt würden, konnte Ahrendt nicht beantworten.
Seit 2001 werden Mittel zur Entschädigung von Opfern rechtsextremer Gewalt bereitgestellt. Für 2008 und 2009 wurden für die "Härteleistungen für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe", wie der Fonds offiziell heißt, je 300.000 Euro zur Verfügung gestellt. Zum Kampf gegen Rechtsextremismus sind im Haushalt für 2009 und 2010 Mittel in Höhe von 19 Millionen Euro vorgesehen.
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