Kolumne Die Kriegsreporterin: Wo bleibt „Focus Alzheimer“?
Endlich gibt Sat.1 Ulrich Meyer mehr „Akten“. Gespannt warten wir auf „Hörzu Reporter“, „Focus Diabetes“ und „Das Ernste“.
H allo, taz-Medienredaktion!
Meine Güte, was ist hier los! Vor den Feiertagen überschlagen sich die Ereignisse in den Medienhäusern. Nein, nicht nur auf den Weihnachtsfeiern, wo sich die Redakteure den Frust über ihre Zukunft gegenseitig aus dem Leibe stoßen, sondern zwei Etagen drüber.
Wo aller Schwarzmalerei zum Trotz noch einmal richtig in den Farbtopf gegriffen wird. Zwar wird kaum eine Zeitung eine rosige Zukunft vor sich haben, wohl aber die eine oder andere Zeitschrift. Um den Weg in die Rosigkeit zu ebnen, werfen die Verlage dieser Tage mit Konfetti um sich, das in Line-Extensions niederkommt.
berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.
So hatte man bei Springer die Kamellen-Idee, die Hörzu – verehrte Leser, Sie erinnern sich: Das ist eine Programmzeitschrift mit Bilderrätsel – um das Produkt Hörzu Reporter zu erweitern. Ein Magazin, das „die journalistischen und optischen Stärken von Hörzu auf den Punkt bringt“, wie es bei Springer heißt. Leider habe ich seit meinem letzten Bilderrätsel vor 30 Jahren nicht mehr in das Blatt hineingeguckt, das so hübsche Themen wie „Was im Leben wirklich zählt“ auf dem Titel hat, und möchte deshalb die Frage an meine LeserInnen weitergeben: Haben Sie eine Vorstellung, was gemeint ist, wenn man von einem „inhaltlichen Mix aus investigativem Journalismus und exklusiven bildgewaltigen Geschichten“ spricht?
Wer von Ihnen erinnert den letzten Scoop der Hörzu? War das Flick? War das die Neue Heimat? Oder was mit Tieren? Geplant, so viel sei verraten, ist zunächst eine Ausgabe. Anders bei Focus. Die erhöhen das Erscheinen von Focus Gesundheit und kommen 2013 auch endlich mit Focus Diabetes. Bestimmt ist Focus Alzheimer ebenso in Planung. Aber wohl weniger Focus Alkohol, womit man dem Leser wohl doch zu sehr auf die Füße treten würde.
The Oberknaller with the Extensions liefert aber Sat.1, der Sender, der nach 35 Jahren Betriebszugehörigkeit Ulrich Meyers ihm endlich die Möglichkeit gibt, zu zeigen, was in ihm steckt: mehr. Der Durch-die-„Akte“-Führer wird bereits im Januar durch die „Akte Ärztefpusch“ geleiten und auf dem Spartenkanal Sat.1 Gold die „Gesundheits-Akte“ und, man glaubt es nicht, die „Schicksals-Akte“ aufschlagen. Als Extra, so erfahre ich aus sicherer Quelle, hat Sat.1 „Mandys Schicksals-Akte“ geplant, „Mandy-Mandys Schicksals-Akte“ und „Mandy-Mandy ihrem Bruder seine Schicksals-Akte“.
Ich fände es ja super, man würde noch ein paar mehr Akten öffnen: „Gysi-Akte“, „Akte Prostata“, „Traum-Akte“, „Zwangsprostituierten-Freier-Akte“, „Kochbuch-Akte“, „Führer-Akte“, „Akte Schleudersitz“, „Katholische-Priester-Akte“, „Kinder-Katholischer-Priester-Akte“, „Top-Porno-Sites-für-Katholische-Priester-Akte“, „Akte Blasenschwäche“, „Schreibtisch-Akte“, „Akte Aromatherapie“, „Nahtod-Akte“, „Akte-Akte“, „Akte Sockenschwund“, „GEZ-Verschwendungs-Akte“, „Akte Haarausfall“.
Weniger Gedanken um das Programm macht man sich bei der ARD und produziert etwas, von dem man hofft, dass es Satire sein möge und nennt es „Das Ernste“. Das klingt wie eine Narrenveranstaltung des WDR, kommt aber vom RBB. Dort hat man seine Leute so weit im Griff, dass das Hauptlustikum Florian Schröder den unverschämten Sendeplatz um null Uhr nicht als Nachteil sieht, wie er dapd sagte.
Da dapd pleite ist und gerade noch genug Geld hat, um Meldungen mit Rauchwolken weiterzuschicken, kann es allerdings sein, dass bei der Übermittlung was falsch lief. Bei mir hingegen läuft alles richtig: Hab jetzt Heimaturlaub. Das Likörglas hebend, zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?