Bei Neonazis beliebte Kleidermarke vor Gericht: Ladenschluss bei Thor Steinar
Leipziger Richter verhandeln, ob eine Filiale der bei Rechtsradikalen beliebten Kleidermarke schließen muss. Vermieter fühlt sich getäuscht.
Das Gebäude mit dem umstrittenen Laden steht mitten in der Leipziger Innenstadt. Von Spahnholzplatten geschützt und von schwarz gekleideten Sicherheitsleuten bewacht. Demnächst könnte sich das Bild des Gebäudes in der Richard-Wagner-Straße 10 ändern. Denn am Donnerstag verhandelt das Leipziger Landgericht die Räumungsklage gegen "Tönsberg", eine Filiale der bei Rechtsradikalen beliebten Marke "Thor Steinar".
Geklagt hatte ein in Leipzig tätiges Unternehmen aus Berlin, dem die Immobilie gehört. Der Vermieter will, dass Thor Steinar den Laden wieder räumt. Die Begründung: Bei der Anmietung sei die Immobilienfirma getäuscht und nicht informiert worden, welche Kleider in dem Geschäft verkauft werden sollten.
Das Unternehmen hatte das Geschäftsgebäude in der Leipziger Innenstadt für drei Jahre an Uwe Meusel, Geschäftsführer des Thor-Steinar-Vertriebs "Mediatex" mit Sitz in Brandenburg, vermietet. Im September 2007 öffnete der Laden unter dem Namen "Tönsberg".
Verhandlungen über eine freiwillige Räumung des Thor-Steinar-Ladens waren gescheitert. Daher entschlossen sich die Vermieter, den Ladenbetreibern im Dezember 2007 fristlos zu kündigen.
Die Marke zieht Proteste auf sich. Seit der Ladeneröffnung ist es immer wieder zu teils friedlichen, teils aber auch gewalttätigen Demonstrationen mit Steinwürfen und Brandanschlägen gekommen. Die ständige Unruhe stört auch die Geschäftswelt in der Umgebung. Der Verkaufsdirektor des Marriott-Hotels sehnt eine schnelle Regelung herbei. Auch der benachbarte Friseursalon an der Ecke zeigt sich besorgt. Während einer Protestaktion seien dort auch schon mal Fensterscheiben zu Bruch gegangen.
Am Tag der Deutschen Einheit demonstrierten über 2.000 Menschen gegen den Thor-Steinar-Laden. Zu dem Protest hatten die Antifa und Die Linke aufgerufen. "Das war unsere größte Aktion", berichtet die Sprecherin des "Ladenschluss-Aktionsbündnisses gegen Nazis", Juliane Nagel. An den weiteren fünf Protestaktionen seien im Durchschnitt 200 bis 300 Menschen beteiligt gewesen.
Die ständigen Proteste scheinen die "Mediatex"-Eigentümer nicht zu stören. In vielen deutschen Großstädten ist Thor Steinar mit zentral gelegenen Filialen in Berlin, Magdeburg, Dresden und eben Leipzig weiterhin präsent.
Gleichzeitig gerät die Ladenkette immer wieder in die Schlagzeilen - und vor deutsche Gerichte. So steht im Oktober eine Entscheidung des Oberlandesgerichts im sachsen-anhaltischen Naumburg an. Der Inhaber eines Magdeburger Geschäfts namens "Narvik", in dem Thor-Steinar-Kleidung verkauft wird, hat gegen die vom Magdeburger Landgericht angeordnete Räumung Berufung eingelegt. Dieser Fall ähnelt dem sehr, der jetzt in Leipzig verhandelt wird.
Auch bei dem Geschäft in Magdeburg, das in einem Hundertwasser-Haus untergebracht ist, geht es um die Anfechtung eines dreijährigen Mietvertrages. Der Mieter hat laut der Landgerichtsentscheidung gegenüber dem Vermieter seine Mitteilungspflicht verletzt und nur unvollständige Angaben über das Sortiment gemacht.
Klagen wie diese scheinen zurzeit die einzige Möglichkeit zu sein, gegen die umstrittene Marke vorzugehen. Denn nach einem Urteil des Oberlandesgerichts in Naumburg ist das Tragen der Marke in Sachsen-Anhalt nicht mehr strafbar. Das Zeichen der Marke, das in der alten Fassung aus zwei ineinander verschlungenen Runen bestand, sei nicht eindeutig der NS-Symbolik zuzuordnen. Die Staatsanwaltschaften machen sich seitdem keine Mühe mehr, strafrechtlich gegen die Marke Thor Steinar vorzugehen.
Die Protestaktionen gehen indes weiter. Nach den Verhandlungen vor dem Leipziger Landgericht veranstaltet das "Ladenschluss"-Bündnis eine politische Kundgebung am "Tönsberg"-Laden und ruft die Bürger auf, sich gegen die Ausbreitung und Normalisierung von Thor Steinar zu engagieren. Das Motto der Veranstaltung: "Time to say goodbye." "Das wird unser großes Finale, weil wir damit rechnen, dass wir erfolgreich aus den Verhandlungen gehen", sagt Juliane Nagel.
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