piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinTotal lila, total lesbisch

Kolumne
von Silke Burmester

Lesbische Frauen, die keine Mütter sind und nicht Anne Will heißen, kommen in den Medien so gut wie gar nicht vor. Und das Wort "lesbisch" auch nicht. Jetzt schon: Lesbisch!

H allo, taz-Medienredaktion! Meldete ich mich letzte Woche noch aus dem strahlenden Glanz Gottes heraus, bin ich heute in lilafarbenes Licht getaucht. Den Lesben in diesem Land möchte ich diese Kolumne widmen, denn wie ich auf dieser Seite vergangenen Freitag lesen musste, kommen Lesben in den Medien so gut wie gar nicht vor. Zumindest nicht, wenn sie keine Mütter sind und nicht Anne Will heißen.

Elke Amberg, die auch nicht Anne Will heißt und nur vielleicht Mutter ist, hat die Präsenz von Lesben in den deutschen Medien untersucht und festgestellt, dass in der Regel viel dafür getan wird, das Wort "lesbisch" nicht zu drucken, und stattdessen allerlei Umschreibungen gewählt werden. Dem möchte ich abhelfen. Erster Schritt: lesbisch.

Eine Frau, die wahrscheinlich nicht lesbisch ist, hat mich letzte Woche sehr beschäftigt. Ein Foto auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung zeigte vier bekannte Herren und eine Dame, die Bildzeile benannte alle Personen bis auf die wahrscheinlich nicht lesbische Grauhaarige. Ich habe das Foto ins Netz gestellt und möchte mich nun bei allen lesbisch und anderweitig Orientierten bedanken, die halfen, die Identität zu klären. Gerade mal gut 60 Minuten hat es gedauert, bis die Journalistin Katrin Schuster, lesbisch oder nicht, das Rätsel löste: Nina Lewis-Libeskind, die Gattin des Architekten Daniel Libeskind, ist zu sehen.

Bild: taz

SILKE BURMESTER berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Und lustig war es obendrein, was meinen vielen Facebook-Freunden, manche von ihnen lesbisch, an Möglichkeiten eingefallen ist. Auch Thomas Gottschalk ist auf dem Foto abgebildet. Ein Mann, dessen gesamtes Tun ein einziges Aufbegehren gegen lesbische Lebensweisen darstellt und der am Samstag noch einmal deutlich gezeigt hat, dass der Zeitpunkt gekommen ist, mit "Wetten dass" aufzuhören. Altherrenchauvinismus der Meisterklasse - das will keine lesbische Frau mit ihren Gebühren finanzieren.

Ob das Geld in die richtigen Kanäle fließt, will auch Gruner & Jahr wissen und schickt Fragebögen zur Prüfung der Sozialversicherungspflicht herum. Lesbisch. Wie so häufig, steht auch hier die Frage, deren Antwort meiner Meinung nach niemanden etwas angeht: wie viele Auftraggeber ich habe. Noch besser aber hat mir die Aufforderung gefallen: "Beschreiben Sie bitte Ihr unternehmerisches Handeln bezüglich Eigenwerbung und Kauf der zur Auftragserfüllung gehörenden Materialien".

Es folgt: "Bitte kurze beispielhafte Aufzählung". Mir ist schon klar, dass das nicht Gruner-spezifisch ist. Andere Verlage fragen das Gleiche. Aber ich frage mich, was wollen die wissen? Wie ich zur Druckertanke gehe, deren Betreiber ganz und gar nicht lesbisch ist (es ist ein Mann), und Geld für Druckertinte auf den Tisch lege? Wie wir über das Knacken der Codierung sprechen? Der erste Teil der Frage, der mit der Eigenwerbung, hat mir, ehrlich gesagt, besser gefallen. Ich habe ihn auch gleich beantwortet: "Ich stehe nackt auf der Mönckebergstraße, am Michel und am Baumwall und rufe: "Texte! Texte!"

So, und bevor ich nun mein Lesbisch-in-den-Mittelpunkt-Rücken aus dem von Heuschnupfen verquollenen Auge verliere, schreibe ich noch schnell, dass Elke Amberg ihre Erhebung zur Häufigkeit der Nennung des Begriffs "lesbisch" besser nach der Frauenfußball-WM hätte machen sollen. Denn so ausgeschlossen es ist, dass männliche Fußballer in Deutschland schwul sind, so selbstverständlich scheint es zu sein, dass die weiblichen Spieler lesbisch sind. Muss ja so sein, sonst würden sie so was ja nicht machen. Schließlich haben die ja keine Kinder. Und Anne Will ist Fußballexpertin. So einfach ist das. Total lila zurück nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

5 Kommentare

 / 
  • W
    WhatIsWrongWithYou

    Es ist schon richtig, dass das Wort "lesbisch" in den Medien kaum vorkommt. Das gilt aber auch fuer das Wort "hetero". Warum? - Das beantwortet recht detailliert das Ergebnis einer Allensbach-Umfrage, die von der FAZ (Entschuldigung!) hier sehr nett besprochen wurde:

     

    http://www.faz.net/artikel/C30190/allensbach-umfrage-die-privatisierung-der-sexualmoral-30445557.html

     

    Kurz: Die überwältigende Mehrheit der Deutschen rechnet die Sexualität zur Intimsphäre. Es stellt sich hier also nur eine Frage: Was fuer ein Problem hat die Autorin des TAZ Artikels?

  • Z
    Zimperliese

    Hallo Jörn,

    vielleicht einfach, weil "Damenblabla" irgendwie altmodisch- zimperlich ist. Frauenfußball hört sich doch auch viel lesbischer an.

    Und das hier:

    http://www.youtube.com/watch?v=2LPIUI_CY44

    ist auch ja nun wirklich nicht sonderlich damenhaft.

    Sondern eher ... voll lesbisch?

     

    Hallo Silke Burmester,

    klasse Beitrag, habe mich köstlich amüsiert. Ihren Humor mag ich.

    Mit lesbischen Grüßen an die Front!

  • A
    alcibiades

    Lesbisch!

  • J
    JackRed

    Ich zitiere:

     

    "Ich stehe nackt auf der Mönckebergstraße, am Michel und am Baumwall und rufe: "Texte! Texte!"

     

    Liebe Kriegsreporterin: Angedenks Ihres durchaus in attraktive Sphären reichenden Aussehens (wenn Sie fototechnisch ergooglet und bemerket, welch geballte Schönheit unter dem Blechhelme steckt) möchte ich kurz nachfragen dürfen:

     

    Würden Sie sich im Rahmen der Eigenwerbung auch mal nackt auf meine Terrasse stellen und meinen Namen rufen: "Jens! Jens!". Ich wäre auch bereit, dies mit entsprechend medialem Aufwand festzuhalten und Ihren Namen einblenden zu lassen - im Rahmen der Dokumentation einer erfolgreichen Eigenwerbung.

     

    Ihre Reakion erwartend,

     

    Jens Roth

    JR@JackRed.de

  • J
    Jörn

    Oh danke, endlich mal wieder eine richtige Kolumne und nicht diese Eigendarstellungen vieler taz-(nennen wir sie mal) Mitarbeiter. Ich freue mich, wenn vielleicht schon während oder nach der Fussball WM das Wort lesbisch umgangssprachlich wird...das ist voll lesbisch...echt lesbisches Wetter heute....usw.

    By the way...warum heisst es Frauen-Fussball-WM und nicht Damen, wie in anderen Sportarten (eg. Eiskunstlauf o.ä.)? Ist das hormonell anders ausgerichtet?