Atomwaffen-Konferenz in New York: Fünf gegen den Rest der Welt
Die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags endet mit einem unverbindlichem Schlussdokument. Die offiziellen Atommächte verhindern die Aufnahme konkreter Festlegungen.
NEW YORK taz | Die am Freitag zu Ende gehende achte Überprüfungskonferenz zum nuklearen Nichtverbreitungsvertrag von 1970 hat nicht die von vielen Seiten erwartete Stärkung des wichtigsten Abkommens der Rüstungskontrollgeschichte erbracht. Wie schon bei den drei letzten Überprüfungskonferenzen seit 1995 verweigerten die offiziellen Atomwaffenmächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien sowie China die von den meisten der anderen 184 Vertragsstaaten geforderte Festlegung auf konkrete, verbindliche Schritte zur Umsetzung ihrer Abrüstungsverpflichtungen.
In einigen Formulierungen fällt das Schlussdokument der Konferenz, über dessen Annahme am Freitagabend abgestimmt werden soll, sogar noch hinter die Dokumente früherer Konferenzen zurück. Aber auch die drei westlichen Atommächte scheiterten mit ihrem Hauptanliegen, die Vertragsbestimmungen zur Verhinderung der Proliferation sowie die diesbezüglichen Überwachungskompetenzen der Internationalen Atomenergiebehörde zu stärken.
Ein erster Entwurf für das Schlussdokument hatte noch eine Reihe konkreter Abrüstungsmaßnahmen enthalten. Die fünf Atomwaffenmächte sollten sich verpflichten, die "Modernisierung" ihrer Arsenale "durch Neuentwicklungen und qualitative Verbesserungen" zu beenden, die Produktion militärisch nutzbaren Spaltmaterials einzustellen und die vorhandenen Vorräte internationaler Kontrolle zu unterstellen.
Zudem sollten die USA, Frankreich, Großbritannien und Russland aufgefordert werden, durch verbindliche Garantieerklärungen auf den Einsatz von Atomwaffen gegen Nichtkernwaffenstaaten zu verzichten. Eine solche Garantieerklärung hat bislang nur China abgegeben.
Doch all diese Forderungen wurden in den letzten Verhandlungstagen auf Druck der Atomwaffenmächte wieder aus dem Entwurf für das Schlussdokument entfernt. Russland ließ die bei früheren Konferenzen von Moskau schon einmal unterschriebene Forderung, die Einsatzbereitschaft der Atomwaffenarsenale herunterzufahren, wieder aus dem Entwurf streichen.
Auf Verlangen der drei westlichen Atommächte und Russlands getilgt wurde auch die zentrale gemeinsame Forderung fast aller Nichtkernwaffenstaaten und sämtlicher Nichtregierungsorganisationen nach Verhandlungen über eine Konvention zum weltweiten Verbot von Atomwaffen.
Stattdessen werden jetzt im Schlussdokument völlig unverbindlich lediglich "Vorschläge des Generalsekretärs zur Kenntnis genommen, Verhandlungen über eine Atomwaffenkonvention zu erwägen".
Die substrategischen Atomwaffen, für deren Abzug aus Deutschland sich die Bundesregierung laut eigener Ankündigung in New York einsetzen wollte, werden im Schlussdokument mit keiner Silbe erwähnt.
Einen leichten Fortschritt im Vergleich zu den Schlussdokumenten früherer Überprüfungskonferenzen gibt es beim Thema Naher/Mittlerer Osten. Die bereits 1995 verabschiedete Resolution für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone wird ausdrücklich bekräftigt, und der UNO-Generalsekretär wird beauftragt, zu diesem Thema im Jahr 2012 eine Konferenz "unter Teilnahme aller Staaten der Region" zu organisieren.
Zudem wird Israel (gemeinsam mit den beiden anderen inoffiziellen Atomwaffenmächten Indien und Pakistan) aufgefordert, die Atomwaffen aufzugeben und dem NPT beizutreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei