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Bundesagentur in der KritikSparmilliarden gesucht

Die Bundesagentur prüft derzeit, wo sie kürzen kann. Etwa beim Kurzarbeitergeld. BA-Chef Frank-Jürgen Weise weist die Kritik an ihm zurück.

Zu hohe Gehälter und dabei sparen? Zurzeit dringt wenig Erhellendes aus der Arbeitsagentur. Bild: dpa

BERLIN taz Bei der Arbeitslosenförderung sollen laut "Sparpaket" der Bundesregierung schon im kommenden Jahr 2 Milliarden Euro eingespart werden. Derzeit würden "einzelne Szenarien" durchgerechnet, erklärte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit (BA) der taz. Festlegungen auf konkrete Sparmaßnahmen gebe es noch nicht. Im Herbst dieses Jahres wird der Haushalt der Arbeitsagentur für 2011 aufgestellt.

Bei der Vorstellung des Sparpakets hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, man werde "sogenannte Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umwandeln". Bei der Arbeitsförderung für Hartz-IV-Empfänger existieren aber nur Pflichtleistungen in Höhe von 116 Millionen Euro, wie die Sprecherin der Bundesagentur bestätigte. Für die Empfänger von Arbeitslosengeld I gibt es den "Gründungszuschuss" als Pflichtleistung. Die Kosten dafür schlagen jährlich mit 1, 5 Milliarden Euro zu Buche.

Die BA-Sprecherin bestätigte auch eine Rechnung, nach der 1,6 Milliarden Euro eingespart werden könnten, wenn man die Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld rückgängig machen und die Leistung wie früher nur 6 Monate lang gewähren würde.

Annelie Buntenbach, Vorstand im Deutschen Gewerkschaftsbund und Vorsitzende des BA-Verwaltungsrates, warnte vor Kürzungen bei Qualifizierung und Arbeitsförderung. "Das wäre fatal."

Wie die Einschnitte ausfallen, für die Gesetze geändert werden müssen, dürfte frühestens Mitte 2011 klar sein. Erst dann werde ein entsprechender Referentenentwurf vorgelegt, erklärte die Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums (BMAS), Heike Helfer. Gesetze, die Einschnitte festschreiben, würden "erst zum Januar 2012 geändert", sagte Helfer.

Der Chef der Bundesarbeitsagentur, Frank-Jürgen Weise, geriet wegen der BA-Gehälter für Spitzenkräfte der Behörde in die Kritik. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, forderte sogar die Suspendierung Weises.

Ausgelöst wurde die Debatte durch einen Bericht des Bundesrechnungshofes. Demnach hatte die BA herausgehobenen Fachkräften außertarifliche Verträge angeboten. Diese sehen im Vergleich zu dem üblichen Vergütungssystem im öffentlichen Dienst "deutlich günstigere und flexiblere Arbeits- und Bezahlungskonditionen vor" und verstießen auch bei den Einstellungsverfahren gegen gesetzliche Bestimmungen, rügte der Rechnungshof.

Die Führungskräfte bekamen ein monatliches Fixum von bis zu 7.200 Euro, dazu eine Leistungskomponente von bis zu 1.400 Euro und weitere hohe Boni. Teilweise sollen Stellen über persönliche Kontakte besetzt und nicht offen ausgeschrieben worden sein. Beamte wurden rückwirkend beurlaubt und dann als außertarifliche Kräfte höher vergütet wieder eingestellt, rügte der Rechnungshof.

Ohne eine "leistungsgerechte Bezahlung von Führungskräften wären die Reformerfolge der BA undenkbar gewesen", erklärte Weise dazu am Freitag. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte, für einen Rücktritt Weises sehe man gegenwärtig "keinen Anlass". Das Ministerium habe eine Revision initiiert. Die Bundesagentur arbeite an einem neuen Konzept.

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7 Kommentare

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  • M
    Mensch2010

    Das Sparpaket....wird bereits bzgl. Gründungszuschuss von einigen fragwürdigen Gründungsberatern zur Eigenwerbung benutzt.

    Obwohl bis dato nicht klar ist was bei ALGI an Pflichtleistungen

    entfallen soll.

     

    Wie das geht? Im Sinne...nur gut beraten -natürlich von XYZ- habt Ihr eine Chance auf Gründungszuschuss.

     

    Dabei ist die Rechtsgrundlage im SGBIII (noch) festgelegt.

     

    Unschön. Und naiv. EIn Link zu diesem Berater erspare ich mir hier.

  • K
    Kai

    ...ohne "leistungsgerechte Bezahlung von Führungskräften wären die Reformerfolge der BA undenkbar gewesen", erklärte Weise.

    d.h. ja, in Normal-Sprech übersetzt, dass diese sogen. 'Führungskräfte' nichts arbeiten, zumindest nicht einigermaßen akzeptabel, wenn ihnen nicht das Geld in den H... gestopft wird. Das erzählen Sie mal jemandem, der normal irgendwo angestellt ist, oder gar auf Hartz 4 angewiesen ist.

    Welch ein Saustall, diese KRP, = Korrupte Republik Deutschland.

  • MD
    maria daubenbuechel

    das soll verstehen wer kann:die arbeitslosen hängen am tropf, und die

    zuständigen füllen sich und den ihren die taschen. ein beispiel für

    soziale Gerechtigkeit?

  • C
    Claus

    "...ein monatliches Fixum von bis zu 7.200 Euro, dazu eine Leistungskomponente von bis zu 1.400 Euro und weitere hohe Boni."

    Wenn ich mich richtig erinnere, lautet der § 22 zu Beförderungen Bundesbeamtengesetz (BBG)"(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden. (5) Vor dem Wechsel in ein Amt einer höheren Laufbahngruppe ist eine entsprechende Qualifikation durch eine Prüfung nachzuweisen. Die Voraussetzungen und das Verfahren regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung."

    Und die Bundesregierung hat die Rechte nach § 26 Rechtsverordnung über Laufbahnen Regelungen zu treffen.

    Wenn die Bundesagentur für Arbeit auf eigene Initiative hier Kräfte aus der A in die B-Tabelle geschoben hat und zudem noch Boni bezahlt hat, dann dürfte dies eine massive Verletzung des BBG darstellen, zumal offenbar diese Arbeitskräfte bereits Beamte waren, das bedeute, dass der Arbeitgeber sich deren Leistungen längst per Beamtenrecht gesichert hatte.

    Ich kann das alles nicht glauben. Meine Eltern waren Beamte und da wurde ganz streng nach dem Regelwerk befördert und ab einem bestimmten Gehalt ist dann auch schluss gewesen. Und B-Besoldung ist nur gegen eine Leitungsaufgabe von Bedeutung möglich - das ist dann eine Linie Richtung Leitern von Bundesbehörden, Staatsorganen und Ähnliches und die erhalten Eingangs von B €5.458 an, bis €11.439 und nach dem Artikel zu urteilen, wurden normale Fachkräfte des höheren Dienstes einfach für wertvoll erklärt und praktisch nach B eingestuft, was dann aber nicht mal ausreichte, sondern dazu erhielten sie noch Boni, die, soweit ich weiß, gar nicht Bestandteil des BBG sind.

    Ich habe große Zweifel, dass dieser Bericht stimmt. Wenn er stimmt, dann schmeißt die Regierung das Geld offenbar in vollen Stücken und ohne irgendeine Loyalität weg. Was mich wirklich wundert, ist auch, dass sowas doch kontrolliert werden muss. Solche Entscheidungen hätten doch von einem Minister abgesegnet werden müssen???

    Wie auch immer: Dafür zahle ich nicht Steuern!

  • N
    Nadi

    Ohne eine "leistungsgerechte Bezahlung von Führungskräften wären die Reformerfolge der BA undenkbar gewesen", erklärte Weise dazu am Freitag.

     

    Leistungsgerecht - damit meint Weise eine Absprache zum Nachteil des Staats und die Verletzung des Beamtenrechtes: Ich finde, Weise sollte zurücktreten. Die betreffenden Beamten gehören entlassen.

    Warum zahlt ein Mensch Steuern?

    Damit der Staat Leistungen von Menschen zu einem Wucherpreis einkauft, auf die er gemäß Vertrag ein Anrecht hat?

    Diese kriminelle Aktion zeigt, wer sich als Modernisierer in der Arbeits- und Sozialpolitik ausgibt: Menschen, die nicht nur mehrere Millionen Deutsche mit ihrem Unsinn nerven und entrechten, sondern gleich noch selber bescheißen und zwar richtig.

    Ich gehe davon aus, dass BA-Chef Weise das nicht überlebt. Wenn die Regierung an ihm festhält, sagt sie jedem ehrlichen Beamten, Du bist mir total egal, hier gilt Nepotismus und Mafia-Kriminalität, nicht mehr Gesetz und Verordnung.

    Aber das würde ja zu Hartz-IV passen: Andere Menschen mit 351 EURO abspeisen und dann selber tief in die Tasche greiffen und das auch noch als eine leistungsgerechte Entlohnung schön reden.

    Dieses Verblenden von Wahrheiten durch Euphemismen kennt man ja aus der Vergangenheit ...

  • D
    dieLINKE

    sparen ist notwendig, das wissen alle. doch sollten einsparungen auch einsparungen bleiben. steuererhöhung ist wegnahme ! abschaffung aller subventionen : landwirtschaft , windräder, harz4,nahverkehr, welthungerhilfe ....

  • H
    Hans

    "... Beamte wurden rückwirkend beurlaubt und dann als außertarifliche Kräfte höher vergütet wieder eingestellt,..."

    Das ist ganz klar Verabredung zu einer Regelung zum Nachteil des Arbeitgebers und entgegen dem Regelwerk der Behörde - Betrug.

    Nach meiner Auffassung muss Weise alleine dafür gehen.

    Und die Beamten müssen rausgeworfen werden. Wenn sie Beamte sind, dann wissen sie, dass es für sie nicht möglich war, eine Schnellbeförderung auf diesem Wege und damit auch höhere Gehälter zu erhalten. Auch die müssen m.M. entlassen werden.