Olympia – Wasserball: Ex-Jugos fast unter sich
Die Schachbrett-Wasserballer bestätigen ihre Favoritenrolle und deklassieren die USA mit 8:2. Mit dem Sieg Kroatiens stehen im Halbfinale gleich drei Ex-Jugo-Teams und Italien.
Die Startbedingungen: Die Kroaten haben sich als erster der Gruppe A (kein Spiel verloren, den amtierenden Weltmeister Italien geschlagen), die USA als vierte der Gruppe B qualifiziert. Während die USA in Peking 2008 immerhin Silber holte, ist der Sport in den USA alles andere als berühmt.
In Kroatien (Weltmeister 2007) hingegen ist Wasserball mindestens so wichtig wie Fußball. Die kroatische Mannschaft tritt mit Spielern der gefürchteten „Adria-Liga“ und der Trainerlegende Ratko Rudic an, der die Kroaten seit 2004 trainiert, davor Nationaltrainer der USA, Italiens und Jugoslawiens war und mit 21 Goldmedaillen der erfolgreichste Wasserballtrainer überhaupt ist.
Die Entscheidung: Das erste Anschwimmen (der Ball liegt in der Mitte des Beckens, beide Teams kraulen gleichzeitig von ihrer Seite los) gewinnt das US-Team. Ist das ein Omen für das kommende Spiel? Um es vorwegzunehmen: Nein! Es ist so ziemlich das einzige Mal, dass die USA überhaupt irgendwas auf die Reihe kriegt. Es folgt: Ballverlust der USA, ein krasser Lattenschuss der Kroaten und ein krasser Lattenschuss für die USA.
Damir Buric trifft in der 3. Minute zum 1:0 mit einem Kracherball und Samir Barac ebenfalls mit einem harten Distanzschuss über den Kopf des Torwarts zum 2:0. Im zweiten Viertel (ein Viertel dauert 8 Minuten) ruft der kroatische Trainer noch „Plivaj! Plivaj!“ („Schwimm! Schwimm!“), aber da hat Miho Boskovic, legendärer und einer der besten Wasserballer der Welt längst zum 3:0 getroffen. Der amerikanische Trainer ruft noch „Go! Go!“ und Paolo Obradovic (Dubrovnik) wirft das 4:0.
Ein Debakel droht. Obwohl die Amerikaner fast ständig in Überzahl spielen, machen sie nichts draus. Sie sind zu statisch, zu langsam, haben keine Idee, wie sie die kroatische Abwehr ausschalten und hauen nur hin und wieder an die Latte. Da wirft Obradovic eben noch einen rein: 5:0 Halbzeitpause.
Der souveräne und unschlagbar wirkende kroatische Torwart Josip Pavic patzt, weil er sich verschätzt. Er schwimmt aus dem Tor und der Ryan Bailey trifft zum 5:1. Die Kroaten sind ein wenig desolat weil Obradovic vom Match ausgeschlossen wurde und kurz darauf stehts 5:2. Uhu, kommt jetzt endlich mal Spannung ins Spiel? No way. Die Kroaten hauen noch drei Dinger rein. Das wars.
Das Drama: Der Fünfmeter. Das US-Team spielt permanent in Überzahl, weil die Kroaten nicht grade zimperlich sind und Strafsekunden bekommen. Und dann kriegen die USA endlich ihre Chance: einen Strafwurf von der Fünf-Meter-Linie aus (der Elfer im Wasserball). Der Ball ist drin, aber der Schiedsrichter erkennt das Tor nicht an. Warum? Ist leider nicht nachzuvollziehen.
Die Schlussfolgerung: Diese olympische Silbermedaille der USA in Peking war ein Ausrutscher. Der Wasserball bleibt in südeuropäischer Hand.
Und sonst? Für das Halbfinale am Freitag qualifizieren sich im ersten und zweiten Viertelfinale der EM-Zweite Montenegro (gegen Spanien mit 11:9) und der amtierende Europameister Serbien (gegen Australien mit 11:8, wobei sie einen Rückstand von 4:7 nach der Halbzeitpause aufholen).
Die Sensation schaffen die Italiener im dritten Viertelfinale: In einem superspannenden und knappen Spiel, bei dem sogar Blut im Wasser war, besiegen sie den neumaligen Olympiasieger (zuletzt 2000, 2004 und 2008!), 13-maligen Europa- und zweifachen Weltmeister Ungarn mit 11:9. Im Halbfinale am Freitag spielt Serbien gegen Italien und Montenegro gegen Kroatien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern