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FreitagscasinoDie Panik der Babyboomer

Wenn 2025 der demografische Wandel vollzogen ist, gibt es Jobs für alle. Bloß die alternden Babyboomer haben das nicht verstanden – und machen die falsche Politik.

Vom Babyboom zum Altenboom: 2025 ist das Wirklichkeit. Bild: ap

S o schön können Prognosen sein: Die Vollbeschäftigung naht. Spätestens ab 2025 gibt es für jeden eine Stelle. Denn die demografische Uhr tickt. Die Babyboomer wechseln in die Rente, während kaum noch Jugendliche nachwachsen. Da wird jeder gebraucht.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat es kürzlich ausgerechnet: Zwischen 2008 und 2025 sinkt das „Angebot an potentiellen Arbeitskräften“ um 6,7 Millionen, bis 2050 sind es 18 Millionen. Dieser Einbruch lässt sich selbst dann nicht mehr kompensieren, wenn fast alle Frauen arbeiten und die Rente später beginnt. Es werden Millionen an Arbeitnehmern fehlen.

Auch Zuwanderer können die vakanten Stellen nicht mehr füllen. Denn es müssten jährlich 400.000 Menschen nach Deutschland kommen, damit die Zahl der Arbeitskräfte konstant bleibt. So viele Einwanderer wurden noch nicht einmal in den 60er Jahren verzeichnet, als europaweit „Gastarbeiter“ angeworben wurden.

taz
Ulrike Herrmann

ist Wirtschaftskorrespondentin der taz. Sie gehört zum vorletzten Jahrgang der Babyboomer. In ihrer Debattenreihe „Freitagscasino“ schrieb sie unter anderem, wie sehr Angela Merkels Krisenmanagement die Wirtschaft aushöhlt.

Eltern könnten entspannen

Die strukturelle Massenarbeitslosigkeit ist also demnächst vorbei, und damit endet eine Epoche, die 1975 mit einem Schock begann. Damals wurden eine Million Arbeitslose registriert. Nichts hat die Gesellschaft so geprägt. Denn viele hatten nun Angst, dass sie ihre Stelle und damit ihren sozialen Status verlieren könnten.

Spätestens ab 2025 ist diese Sorge überflüssig – so dass sich Jugendliche und Eltern schon jetzt entspannen könnten. Jeder wird eine Stelle finden. Doch diese gute Nachricht ist noch nicht eingesickert. Unverändert fürchten viele Eltern, dass ihre Kinder nicht wettbewerbsfähig sein und auf dem Arbeitsmarkt versagen könnten.

Noch nie haben so viele Schüler Nachhilfe erhalten, noch nie war frühkindliche Förderung so populär. Und noch nie haben gerade Akademiker so strikt darauf geachtet, dass ihr Nachwuchs in Schule und Freizeit nicht mit den unteren Schichten in Berührung kommt. Denn diese Kontakte erscheinen nutzlos oder gar bedrohlich, weil sie – in der Fantasie der Eltern – den mühsam erarbeiteten Bildungsvorsprung wieder erodieren könnten.

Dieser Distinktionswettlauf ist völlig überflüssig. Es ist egal, ob der Nachwuchs später als Pfleger oder Arzt arbeitet – sie alle werden sehr ordentlich verdienen, denn sie werden ja alle gebraucht. Doch offenbar können die Babyboomer nicht von ihrer eigenen Generationserfahrung abstrahieren. Sie selbst waren überall zu viele – und deswegen glauben sie, dass auch ihre Kinder überzählig sein könnten. Die Babyboomer haben nicht bemerkt, dass sie die letzten Babys waren.

Wer soll meine Rente bezahlen?

Es mag psychologisch zu verstehen sein, dass eine Generation ihre eigenen Erfahrungen verabsolutiert. Aber politisch hat dies fatale bis bizarre Folgen. Fast jede Debatte in Deutschland wird falsch geführt – ob bei der Bildungspolitik, der „Herdprämie“, der Rente oder beim Immobilienmarkt.

Bei der Bildung ist es offensichtlich: Wenn demnächst die Beschäftigten knapp werden, wäre es rational, die verfügbaren Kräfte möglichst gut auszubilden. Aber nein, noch immer werden vor allem die Migrantenkinder nach unten durchgereicht. Erst kürzlich hat ein bundesweiter „Chancenspiegel“ ergeben, dass die Aussichten für Kinder aus besseren Schichten, ein Gymnasium zu besuchen, je nach Bundesland zwei- (Berlin) bis siebenmal (Bayern) so hoch sind wie für Kinder aus ärmeren Familien. Mitleidlos sorgen die Babyboomer der Mittelschicht dafür, dass ihre Kinder keine Konkurrenz von unten bekommen.

Diese Sorge vor unerwünschtem Wettbewerb dürfte allerdings demnächst von einer neuen Panik abgelöst werden, die schon jetzt latent schwelt: Wer soll meine Rente bezahlen?! Sobald die Arbeitskräfte sichtbar knapp werden, dürfte es daher zu einer Art „Militarisierung“ der Bildung kommen, die umfassende Kontrolle des Lernfortschritts verspricht. Es wird die Angst grassieren, dass die zukünftigen Arbeitskräfte nicht zum Arbeitsmarkt passen könnten. Also wird jedes Kind in die Krippe müssen und bei Sprachproblemen schon früh ein rigides Förderprogramm einsetzen.

Völlig abseitig ist auch die „Herdprämie“, mit der die CSU Mütter belohnen will, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen. Denn schon bald wird allen auffallen – selbst den Bayern –, dass die Frauen als Arbeitskräfte gebraucht werden. Die „Herdprämie“ ist ein Auslaufmodell, noch bevor sie eingeführt wurde.

Immobilien: unverkäuflich

Bei der Rente wiederum gehört es zu den großen Mythen, man könne „privat vorsorgen“. Diese Hoffnung hat zwar durch die Finanzkrise einen kleinen Dämpfer bekommen, aber das eigentliche Hindernis wird nicht gesehen. Wenn die Arbeitnehmer knapp werden, steigen ihre Löhne. Höhere Gehälter bedeuten aber – prozentual – niedrigere Gewinne.

Dies schmälert dann die Zinsen und Dividenden, die die private Vorsorge finanzieren sollen. Niemand kann sich den neuen Fronten im Verteilungskampf entziehen, wenn Vollbeschäftigung herrscht: Die Erwerbstätigen erwirtschaften das Volkseinkommen – und mit ihnen wird man aushandeln müssen, wie viel davon an die Kapitaleigner und also an die fleißig sparenden Rentner der Zukunft fließt.

Vor allem eine Variante der privaten Vorsorge ist weitgehend sinnlos: die eigene Immobilie. Momentan ist es sehr populär, eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen – auch weil viele glauben, dass die Eurokrise zwingend zur Inflation führen muss. Doch hat eine Immobilie ja nur Wert, wenn sie wieder verkäuflich ist. Und damit sieht es längerfristig schlecht aus. Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass ab 2025 die Zahl der Haushalte fällt, eben weil die Bevölkerung zurückgeht. Dies bedeutet: Spätestens ab 2025 beginnt der Leerstand, der die Immobilienpreise nach unten drückt.

Zusammengefasst: Die Babyboomer verfolgen die falsche Anlagestrategie. Sie erwerben am liebsten Immobilien – dabei müssten sie in die Ausbildung der heute benachteiligten Kinder investieren. Denn nur diese Arbeitskräfte von morgen können jenen Reichtum erwirtschaften, den sich jetzt schon alle sichern wollen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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27 Kommentare

 / 
  • F
    Frankfurt

    Meine Immobilien ist kein Spekulationsobjekt.

    Sie ist in erster Linie MEIN ZUHAUSE und nicht etwas, von dem ich mir Gewinn verspreche.

    Ich bin der Überzeugung, dass ein Zuhause in einer Großstadt mit entsprechender Infrastruktur immer vorteilhaft sein wird, solange kein Krieg stattfindet. (Und wenn Krieg kommt, hat man eh Probleme.)

  • G
    gelegentlich

    @Jette

    ,,Gerade angesichts der desaströsen Qualität der sonstigen Artikel von Frau Herrmann ja fast eine Wohltat."

    Die Qualität eines Kommentators und die Intelligenz der Person, die den Kommentator kommentiert, kann man sehr leicht messen:

    man achte während eines mittleren Zeitraums a la Machiavelli einfach darauf, ob die im Kommentar vorher gesagten Dinge eintreffen oder nicht.

    Daran gemessen (mache ich seit 1998) ist Frau Herrmann eine der klügsten Kommentatorinnen im deutschsprachigen Raum. Viel klüger als die Großkopfeten, die heute schon nicht mehr wissen möchten was sie vor einem halben Jahr geschrieben haben.

    Sollten Sie jünger als 18 Jahre sein möchte ich nichts gesagt haben. Das wäre aber auch die einzige Entschuldigung für solch ein substanzloses - Genöle.

  • TH
    thorsten hollmann

    Noch vor wenigen Jahren war Deutschland ein "absteigender Superstar", der "kranke Mann Europas".Uns "ging die Arbeit aus".

    Heute redet man über Vollbeschäftigung und Immobilienpreisverfall-alles Unsinn.

    Die Arbeit ging nie aus, die Bäume wuchsen nie in den Himmel, Arbeitskräfte passten nie genau auf das Angebot, bis man durch Ausbildung eine größere Übereinstimmung herstellte.

    Vergreist und verlassen wird die Bundesrepublik auch nicht-weil solch ein Vakuum Einwanderung begünstigt und die Politik letztlich darauf nur reagiert. Die einzigen, die aussterben dürften, sind die langsam vergreisenden Neonazis...

  • W
    Wolf

    "Ich denke mal, daß Deutschland in der heutigen Form

    schon vor 2025 nicht mehr existiert. "

     

    Das hoffe ich. Ein so unsoziales, xenophobes "Volk" mit dem Charme einer Rostlaterne und einem faschistoiden Arbeits"ethos" ist ueberfluessig.

  • I
    Illoinen

    Fakt ist, Deutschland hat sich seit der Einführung der Währungsunion (und nicht nur da) in Europa zum zweiten China entwickelt. Wenn das aber als einzigstes "Geschäftsmodell" weiterhin funkionieren soll, muss es immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland geben.Wie sonst sind solche perfiden "Werbebotschaften"anders zu verstehen? wie "Geiz ist geil" und beim Mainstream angekommen und angenommen? Wie ist sonst zu erklären, auch Menschen die es sich leisten könnten, kaufen beim Discounter? Wie sagte bereits schon Ford: "Autos kaufen keine Autos". Wenn Deutschland seine Qualiätsprodukte im Ausland zu Dumpingpreisen anbietet, fördert zwar das Geschäftsmodell "Export" und schafft Wachstumsraten zu Lasten der Länder, welcher seine Produkte nicht so billig anbieten kann. Die Binnennachfrage aber, wurde und wird immer mehr vernachlässigt. Aber diese Spirale nach immer billiger, kann nicht aufgehen, es sei denn man will in Deutschland alle Arbeitskräfte versklaven oder in Arbeitslager stecken?

  • T
    teekay

    Das ganze Zahlenspiel findet auch in einem gesellschaftlichen luftleeren Raum statt. Wenn 1mio Stellen da sind und 1mio Arbeitslose gemeldet sind kriegt jeder einen Job - natürlich nur auf dem Papier. Den studierten Kindern zu sagen, dass sie Altenpfleger im Erzgebirge brauchen hilft ja nicht viel-vor allem bei schlechter Bezahlung. In vielen Industrien werden immer weniger Menschen benötigt und auch Verwaltungen aller Art werden mit weniger Personal auskommen. Dann sind vielleicht noch die Türkei oder Ukraine in der EU und die Dynamiken ändern sich schnell. Das Vollbeschäftigungsparadies sehe ich skeptisch und wenn überhaupt wird es inkremental passieren und auch in 10 Jahren werden wir uns ähnliche Fragen stellen.

  • S
    Schröder

    Im Pflegebereich herrscht bereits jetzt praktisch Vollbeschäftigung. Die Gehälter sind trotzdem nicht gestiegen.

  • EV
    Elisabeth Voß

    Ulrike Herrmanns Diagnose „Fast jede Debatte in Deutschland wird falsch geführt“ schließe ich mich an, nur macht ihr Diskussionsbeitrag diese Debatte nicht richtiger, im Gegenteil. Sie reiht sich ein in einen Ökonomisierungsdiskurs, der von einer vermeintlich allgemeingültigen, sachlich vernünftigen Position her argumentiert. Die Autorin identifiziert das Problem als falsche Sichtweise der „Babyboomer“ auf die Zukunft. Ihre Argumentation kennt weder sich widersprechende Interessen noch Machtverhältnisse, und ist insofern falsch, als sie einen großen Teil gesellschaftlicher Wirklichkeit ausblendet. Ich möchte das an drei Beispielen verdeutlichen.

     

    Erstens Bildungspolitik:

    Zweifellos ist die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland ein Problem – aber warum und für wen? Ulrike Herrmann kritisiert den „Distinktionswettlauf“ der Bessergestellten – die sich „mitleidlos“ gegen „Konkurrenz von unten“ abschotten – ausschließlich mit zukünftigen Notwendigkeiten am Arbeitsmarkt „denn sie werden ja alle gebraucht.“

    Aber wem würde ein Bildungssystem nützen, in dem Mittelschichtseltern großzügig und mitleidsvoll auch Kinder „von unten“ an ihren Bildungsprivilegien teilhaben ließen? Eine gerechtere Gesellschaft – von der Ulrike Herrmann nicht spricht – braucht nicht Wohltätigkeit, sondern ein solidarisches Bildungssystem, in dem Kinder und Jugendliche aller Schichten und Herkünfte gemeinsame Erfahrungen machen. Eine elitäre Abschottung nimmt sowohl den darin gefangenen, als auch den ausgegrenzten Kindern die Möglichkeit, gesellschaftliche Vielfalt zu erleben.

     

    Zweitens Frauenarbeit:

    Ich stimme Ulrike Herrmann zu, wenn sie die „Herdprämie“ als „völlig abseitig“ bezeichnet. Ihr Argument „dass die Frauen als Arbeitskräfte gebraucht werden“ reduziert diese jedoch auf die Verwertbarkeit ihrer Arbeitskraft.

    Ein emanzipatorischer Ansatz würde stattdessen danach fragen, wie Frauen ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse selbst gestalten möchten, und welche gesellschaftlichen Bedingungen sie dafür benötigen.

     

    Drittens Immobilien:

    Dass eine Immobilie nur einen Wert hat, wenn sie wieder verkäuflich ist, stimmt nur unter einem ausschließlich an ökonomischer Verwertbarkeit orientierten Blickwinkel, der nur noch Geld sieht, aber keine menschlichen Bedürfnisse.

    Dem möchte ich entgegensetzen: Eine Immobilie ist zuallererst dazu da, dass Menschen in ihr wohnen, arbeiten, sich versammeln, feiern – kurz für all das, was Menschen benötigen, um allein oder gemeinsam vor Witterungseinflüssen, Zugriffen oder Blicken geschützt ihren Alltag zu leben. Dass Immobilien im Kapitalismus zur Ware werden, ist keine Eigenschaft dieser Immobilien, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. Gerade in Krisenzeiten kann es existentiell sein, ein eigenes – individuell oder kollektiv erworbenes – Dach über dem Kopf zu haben.

     

    Fazit:

    Ulrike Herrmann empfiehlt, „die falsche Anlagestrategie“ zu verändern und „in die Ausbildung der heute benachteiligten Kinder (zu) investieren. Denn nur diese Arbeitskräfte von morgen können jenen Reichtum erwirtschaften, den sich jetzt schon alle sichern wollen.“ Kinder als Investitionsobjekte zum Zweck der Erzielung von Reichtum? Deutlicher geht es kaum. Diese ökonomistische Sicht blendet Fragen nach Menschlichkeit, Gerechtigkeit oder Ökologie gnadenlos aus. Sie ignoriert, dass der Reichtum hier schon heute mit der Zerstörung der natürlichen und sozialen Lebensgrundlagen eines großen Teils der Menschheit, und jedes Jahr mit dem millionenfachen Tod von Menschen in anderen Teilen dieser Welt erkauft ist.

  • V
    V.Schaender

    Wieder mal absoluter Quatsch. Die als Druckmittel beliebig zu manövrierende, nach noch wesentlich mehr Millionen zählende Masse wird nach Stand der Dinge natürlich nicht mehr nur eine deutsche, sondern eine weiter armutsbedingt wachsende europäische sein. Die Rationalisierung durch Technik wird expotentiell steigen. Der EU-Binnenmarkt wird wie bereits eingeleitet als Schwerpunkt prospektiv aufgegeben. Das Geld wird mit Schwerpunkt Asien außen verdient und bleibt entsprechend in Europa oben. Schlechte Immobilien bleiben billig, gute teuer.

  • T
    Testostheron

    Ich denke mal, daß Deutschland in der heutigen Form

    schon vor 2025 nicht mehr existiert. Der jetzt schon aufflammende Protest gegen das Wirtschaftssystem in Deutschland wird bis dahin an Schärfe und wird das System zum Einsturz bringen. Deswegen mache ich mir über das Problem keine Gedanken.

  • K
    Kaufkraft

    Und was ist mit der Kaufkraft?

     

    Der Nachfrage?

     

    Kann uns Frau Herrmann erzählen, wenn die Lohnsumme um x% sinkt, welche Auswirkungen dies auf die Nachfrage nach Arbeitskräften hat.

     

    Glaubt Frau Herrmann die nächste Generation produziert weiter auf Kuki fürs Ausland.

  • E
    EnzoAduro

    @BerlinMarcus

     

    Die Anzahl der Arbeitskräfte sinkt aber schneller wie die der Bevölkerung

  • E
    EnzoAduro

    @Marx

     

    Die Arbeitsproduktivitätssteigerungen sinken aber schon lange. Weil man die Maschienen eben nicht im selben maße verbessern kann als in der Vergangenheit. Und weil Energie und Rohstoffe in Zukunft immer teuerer werden, wird die Arbeitsproduktivität weiter sinken.

     

    Das die Produktivität also alles Rettet ist eine Milchmädchenrechnung. Häufig genannt von Leuten die wollen das wir alles heute verfüttern. Also auch die zukünftigen Produktivitätssteigerungen. Den Rentnern die Heute 80 sind kann es ja egal sein wie sicher dann die Rente in 2025 ist.

  • H
    Hans

    Der starke Rückgang an verfügbaren Arbeitskräften ist aber ein schwer zu prognostizierendes Terrain, denn alleine die staatliche Rentenpolitik dürfte zu mehreren Millionen armen Rentnern führen. Und die können kaum was kaufen, ganz im Kontrast zur heutigen Situation, wo Millionen Rentner genügend Geld zum Ausgeben haben, aber irgenwann sterben auch sie. Also ich wäre vorsichtiger in der Prognose - es muss ja auch die Kaufkraft ausgeglichen werden.

  • W
    wauz

    Frau Herrmann wird gläubig

     

    Sie glaubt jetzt an den Markt. genauer: an den Arbeitsmarkt. Als einen Markt, an dem Angebot und Nachfrage in freiem Spiel die Preise/Löhne bestimmen.

    Kapital ist ein gesellschaftliches Verhältnis. Das ändert sich mit der Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte nicht. Profit ist und bleibt angeeigneter Mehrwert. Wenn die Zahl der Arbeitskräfte sinkt, sinkt der produzierte Wert, weil der von der geleisteten Arbeitszeit abhängt. Wenn der gesamte erarbeitete Wert sinkt, wird auch der Mehrwert (absolut gerechnet) weniger. Das bedeutet weniger Profit, relativ wie absolut.

    Wie wird die Kapitalseite darauf reagieren? Natürlich wird erste der Kampf um die Verteilung des Mehrwertes losgehen. Das bedeutet tendenziell weitere Lohnsenkung. Die Frage nach dem Existenzminimum wird neu gestellt werden. Danach kommt der Kampf um mehr Mehrwert. Das bedeutet, ein Kampf um den Arbeitstag, die Arbeitswoche. Das kapital wird versuchen, die 60-h-Woche wieder zum Standard zu machen.

    Ohne eine sozialistische Alternative gibt es keinen "freien Arbeitsmarkt". Die Hartz-Gesetzgebung war dann nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.

    Häusle-bauen und "Bildungsabschlüsse" sind nur ein Symptom dieser kleinbürgerlichen Lebenssicht (Ideologie), auf der der Verrat der SPD und den Grünen an der Arbeiterklasse (an sich selber!) beruht.

    Die einzige Investition, die noch Hoffnung verspricht, ist die in eine Politik, die die Interessen der Arbeiterklasse ohne Kompromisse vorantreibt. Eine solche Politik bedarf einer Partei, die sie betreibt.

    Wer darauf keine Lust hat, muss sich eben in das (dann unvermeidliche) Schicksal fügen.

  • A
    anonym

    Die Frage ist doch nicht ob mein Kind später einen Job kriegen wird, sondern wie ich es JETZT ernähren sollte ohne selbst einen wirklich sicheren und angemessen bezahlten Job zu haben... setzt man jetzt ein Kind in die Welt und wird dann arbeitslos oder (noch schlimmer) ist auch schon trotz Job auf staatliche Unterstützung angewiesen, gilt man ja gleich als Schmarotzer und spätrömisch-dekadent.

  • P
    polyphem

    "Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.", zitierte ein Ex-BP den verehrten Wilhelm Busch und zog sich danach in sein geklinkertes Paradies zurück.

     

    Keine Angst, liebe Babyboomer, Mutti sorgt für Euch.

    Das System Merkel besorgt den Ruin der Länder in Südeuropa, damit dort die jungen Menschen sich auf den Weg nach DE machen, womit dann auch noch die hiesige demografische Lücke geschlossen werden kann und Sie, liebe Babyboomer, ihre Immobilien verkaufen oder vermieten können. Und in SP und GR wird wieder Platz frei für “unsere” Rentner. Eine WinWin-Situation. [sarkasmus-Modus off]

     

    Also: Weiterhin rein ins Betongold.

  • J
    Jette

    Gar kein so schlechter Kommentar - okay, die taz singt das müde Märchen von irgendwelchen benachteiligten Migrantenkindern auch in diesem Artikel, aber sei es so, geschenkt. Für taz-Verhältnisse ein erstaunlich sachlicher Artikel, keine großen klassenkämpgferischen oder arbeitgeberfeindlichen Aussagen, auch keine großen inhaltlich-fachlichen Fehler. Gerade angesichts der desaströsen Qualität der sonstigen Artikel von Frau Herrmann ja fast eine Wohltat.

     

    Warum nicht mal öfter solche Artikel statt dem sonst üblichen taz-Genöle?

  • HK
    Hans-Walter Klewitz

    Dieser Artikel treibt mir die Zornesröte ins Gesicht, denn die genannten Fakten sind fast alle falsch.

    1) Wenn die Anzahl der Personen mit Einkommen abnimmt, sinkt normalerweise auch der Umsatz im Handel. Wenn weniger umgesetzt wird, werden auch weniger Arbeiter benötigt. Schon daher ist die Annahme falsch, daß alein durch sinkende Einwohnerzahlen für jeden Arbeitsfähigen ein Arbeitsplatz mit gutem Gehalt existieren wird. Zur Not gibt's für die Arbeitgeber immer noch die Fluchtmöglichkeit ins Ausland, wenn die Produktion bei uns zu teuer wird.

    2 Dienste wie Handwerk, Pfleger etc. müssen aus bereits existierendem Vermögen bezahlt werden, denn diese stehen in keinem direktem Bezug zum Einkommen des Empfängers der Dienstleistung. Hand-aufs-Herz : Holen Sie kein zweites Angebot ein oder vergleichen Sie nicht die Preise ? Auch in Zukunft wird die Menschheit nicht spendabler werden; Geiz und Gier sind Seiten einer Münze.

    3) Wer in der eigenen Immobilie lebt, wird diese zu Lebzeiten eben nicht mehr verkaufen wollen; -das ist eher Ausdruck von Lebensqualität als Kapital-Anlage-Technik. Der Druck auf den Immobilienmarkt wird somit erst mit einer erhöhten Anzahl von Erbfällen kommen, wenn dann überhaupt noch für Wohnungen aus den antiken 60er -80er Baujahren geboten wird. Interessiert einen 90-Jährigen der Wert seiner Hütte, wenn er nicht verkaufen muß ?

    3) Das Paradies wurde vor langer Zeit verlassen und ich will wie alle Väter, daß meine Kinder fit sind für die Welt von morgen; angesichts globaler Konkurrenz ist es unklar, ob sie hier unter der Last riesiger Rentenansprüche zusammenbrechen werden oder außerhalb von Europa leben werden. Aber auch im fersten Winkel ist das Bessere der Feind des Guten und ich wünsche meinen Kindern nur das Beste. Entsprechend haben sie zu lernen.

  • RR
    Robert R

    Zwei mögliche Effekte werden von der Autorin nicht berücksichtigt:

     

    - wenn der demografische Wandel vollzogen ist, gibt es nicht weniger Arbeitskräfte - die Arbeitskräfte wollen nur in Rente gehen. Ob sie das dann dürfen ist die nächste Frage.

     

    - wenn es vermehrt Immobilien-Leerstand gibt, gibt es auch weniger Menschen. Man verkauft weniger Brot, Autos und Zeitungen. Das heißt, man braucht weniger Bäcker und Fabrikarbeiter und kann weniger Journalisten bezahlen. So könnte die Arbeitslosigkeit doch wieder zurückkommen.

  • P
    Petersilie

    Das mit den Immobilien ist sehr differenziert zu betrachten, die Konzentration in den Metropolen (also weg von der grünen Wiese) wird anhalten und damit die Nachfrage nach Wohnungen dort.

  • M
    Marx

    Sie vergessen erstens die Produktivitätssteigerung von 3% jährlich und zweitens die sinkende Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen bei sinkender Bevölkerung. Mit dem Wohnungsleerstand könnten Sie recht haben. Aber die Immobilienwirtschaft lobbiert auf Wohnungsabriss.

  • M
    Munro

    Vorausgesetzt die deutsche Wirtschaft wächst weiterhin wenigstens gemächlich dahin. Aber wenn sich unsere europäischen Nachbarn unsere Niedriglohnpolitik nicht mehr gefallen lassen und unsere Exporte sinken, wird unsere verkümmerte Binnennachfrage das Loch nicht stopfen können. Ein paar Millionen zusätzliche Arbeitslose wären die Folge, der lang ersehnte Zeitpunkt der Vollbeschäftigung lässt dann schnell bis 2035 auf sich warten, oder er kommt nie.

     

    Die demografische Entwicklung mag sich zwar für die nächsten 10 oder 20 Jahre gut prognostizieren lassen, die wirtschaftliche Entwicklung jedoch nicht. So erstrebenswert Vollbeschäftigung auch ist, ich halte die Hoffnung auf ihr baldiges Eintreten für vorschnell - und gefährlich; schließlich müsse man ja nicht allzu viel unternehmen, höchstens noch die nächsten 10 Jahre Durststrecke durchstehen und schon seien wir im Paradies ...

  • M
    Munro

    Vorausgesetzt die deutsche Wirtschaft wächst weiterhin wenigstens gemächlich dahin. Aber wenn sich unsere europäischen Nachbarn unsere Niedriglohnpolitik nicht mehr gefallen lassen und unsere Exporte sinken, wird unsere verkümmerte Binnennachfrage das Loch nicht stopfen können. Ein paar Millionen zusätzliche Arbeitslose wären die Folge, der lang ersehnte Zeitpunkt der Vollbeschäftigung lässt dann schnell bis 2035 auf sich warten, oder er kommt nie.

     

    Die demografische Entwicklung mag sich zwar für die nächsten 10 oder 20 Jahre gut prognostizieren lassen, die wirtschaftliche Entwicklung jedoch nicht. So erstrebenswert Vollbeschäftigung auch ist, ich halte die Hoffnung auf ihr baldiges Eintreten für vorschnell - und gefährlich; schließlich müsse man ja nicht allzu viel unternehmen, höchstens noch die nächsten 10 Jahre Durststrecke durchstehen und schon seien wir im Paradies ...

  • B
    BerlinMarcus

    Immer dieser Blödsinn mit den Arbeitskräftemangel.. wenn weniger Leute da sind, werden auch weniger Jobs benötigt(Lehrer, Ärzte, Handwerker, Verkäufer,...)... das geht alles schrittweise...!

  • N
    naemberch

    Spätestens ab 2025 gibt es für jeden eine Stelle ?

     

    Irgendwie haben diese Leute die grundsaaetzlichen Zusammenhaenge des Lebens nicht verstanden.

    Ein schrumpfendes Volk korrespondiert mit einer schrumpfenden Volkswirtschaft; schliesslich wird das Sozialprodukt von Menschen fuer Menschen erwirtschaftet: es werden weniger Handwerker, Lehrer und sonstige Dienstleister gebraucht, und auch die Industrieproduktion wird schrumpfen, da sonst ungleich mehr exportiert werden muesste.

    Mit dem Angebot an Arbeitskraeften sinkt also auch die Nachfrage nach Arbeitskraeften: ergo wird es 2025 aehnlich viele Arbeitslose geben wie jetzt; es wird vielleich noch ein paar Jahre dauern bis die schrumpfende Nachfrage nach Arbeitskraeften dort ankommt, aber dann hohlt uns die Realitaet ein: Ende vom Traum der Vollbeschaeftigung.

  • MN
    Mein Name ist Legion

    Och, wenn die SGB-Vollzugsstellen mich in Ruhe lassen, so daß ich mir meine Fachkenntnisse selber frisch halten kann (dazu sind sie ja unfähig), bin ich gerne bereit, auch noch mit 70 zu arbeiten. Natürlich neben meiner Rente und selbstredend gegen eine Bezahlung, die mich voll dafür entschädigt (nebst Zins und Zinseszins), daß ich während meines regulären Erwerbslebens nicht gebraucht wurde.