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Top Ten der SteuerparadieseDeutschland im Netz der Geldwäscher

Laxe Kontrollen und Steuerfreiheit - eine Studie reiht die Bundesrepublik in die Top 10 der Steueroasen ein. Auch die OECD fordert mehr Transparenz.

Nicht nur Top-Wetter auf den Bermuda-Inseln: Auch in der Steueroase Deutschland lässt sich das Geld entspannt vermehren.. Bild: imago/Oliver Hardt

BERLIN taz | Deutschland ist ein maßgeblicher Spieler im globalen Netz der Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Das geht aus dem neuen Schattenfinanzindex des internationalen "Netzwerks für Steuergerechtigkeit" hervor. Die unabhängige Organisation setzt sich dafür ein, Steuerhinterziehung international zu bekämpfen sowie die Transparenz auf den internationalen Finanzmärkten zu verbessern.

In einem Vergleich der 73 wichtigsten Finanzplätze nimmt die Bundesrepublik Platz 9 der Länder ein, die durch Geheimhaltung, laxe Kontrollen und steuerliche Anreize Steuerhinterziehung auf internationaler Ebene begünstigen.

Angeführt wird die Rangliste der Schattenfinanzzentren von der Schweiz, den Kaimaninseln und Luxemburg. Mit seiner Platzierung als Steuerparadies für internationale Kapitalanleger schlägt Deutschland einschlägig bekannte Länder wie Liechtenstein (Platz 34), die Bermuda Inseln (12) und die Seychellen (55).

Für jedes Land, das in dem Ranking vertreten ist, haben die Autoren der Studie den Grad der Geheimhaltung bei Finanzgeschäften sowie dessen Anteil am Weltmarkt für Finanzdienstleistungen ermittelt. Ausschlaggebend für die Platzierung eines Landes ist der Geheimhaltungswert eines Finanzplatzes.

"Geheimhaltung ist das wichtigste Instrument, um Kapital und Steuerflucht zu begünstigen", sagte Markus Meinzer, Koautor der Studie. Dazu zählen etwa Praktiken wie das Bankgeheimnis, die Verschleierung von Eigentümerstrukturen sowie Behörden, die sich weigern, mit anderen Ländern zu kooperieren.

Vor allem bei grenzüberschreitenden Bankgeschäften nimmt die Bundesrepublik weltweit eine maßgeblich Rolle ein. Etwa 1,3 Billionen Euro sollen im Ausland Ansässige in Deutschland angelegt haben.

Einladung zur Geldwäsche

Bei diesen Geschäften werden im großen Umfang auch illegale Gelder verschoben: Bis zu 1,6 Billionen US-Dollar Schwarzgeld fließen jährlich überwiegend in sichere Anlageländer nach Europa und die USA, hat die Weltbank errechnet. Die Hälfte davon stamme aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Diesen Staaten würden so jährlich etwa 250 Milliarden US-Dollar Steuereinnahmen entgehen, schätzt das Netzwerk für Steuergerechtigkeit.

"Geldanlagen, die von außerhalb der EU nach Deutschland fließen, müssen hier weder gemeldet noch besteuert werden", sagte Meinzer. Zudem verzichte Deutschland darauf, dass deutsche Finanzbehörden über die so erzielten Einkünfte wie Zinszahlungen Informationen erhalten müssten. "Das ist eine Einladung zur internationalen Geldwäsche und Steuerhinterziehung", sagte Meinzer.

Das Bundesfinanzministerium weist die Bewertung Deutschlands als Top-Steueroase zurück. "Deutschland erfüllt die OECD-Kriterien für Transparenz und effektiven Informationsaustausch", teilte Ministeriumssprecherin Silke Bruns auf taz-Anfrage mit.

Kritik von der OECD

In diesem Verfahren werden Informationen allerdings nur im Fall eines konkreten Verdachts zwischen Steuerbehörden ausgetauscht. Ein automatisiertes Meldesystem gibt es nur für Zinszahlungen innerhalb der Europäischen Union.

Mittlerweile fordert auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von Deutschland, bei der Transparenz seines Finanzsektors nachzubessern. Deutsche Behörden hätten etwa zu wenige Befugnisse, um die realen Eigentümer von Aktien in Erfahrung zu bringen, kritisierte die OECD jüngst. Zudem hapere es bei der internationalen Zusammenarbeit: Nur 12 Prozent aller Anfragen von ausländischen Steuerbehörden würden innerhalb von drei Monaten beantwortet.

Dass Deutschland das Problem nicht allein lösen kann, wissen aber auch die Experten vom "Netzwerk für Steuergerechtigkeit". Fast die Hälfte der Top-20-Steueroasen liegt in der Europäischen Union. "Die EU trägt einen maßgeblichen Teil der Verantwortung dafür, das Problem der Schattenfinanzzentren zu lösen", fordert Nick Shaxson vom internationalen Arm des "Tax Justice Network".

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7 Kommentare

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  • F
    Farbenseher

    Wen wundert das? Nach all den Steuergeschenken für Millionäre, Spekulanten und Industriekapitäne durch Schröder und seine grünen Erfüllungsgehilfen: reduzierter Spitzensteuersatz, Abgeltungssteuer,quasi inexistente Erbschaftssteuer...

     

    Wenn man sieht, wie Schäuble, der auf der einen Seite keine Gelegenheit auslässt, die Ärmsten der Gesellschaft bluten zu lassen und sich immer wieder durch eine abartige "Blut und Tränen" Rhetorik hervortut, plötzlich versucht eine unfassbare Amnestie für Finanzkriminelle durchzupeitschen, die etwa 200 Milliarden Euro (!) quasi unversteuert liegen lässt, dann kann man nur zustimmen. D-Land IST eine Steueroase für Großverdiener (Oder besser: Extrem Vermögende) geworden.

     

    Die Politkermarionetten setzen die Interessen ihrer Strippenzieher immer unverhohlener und mit größer werdender Dreistigkeit durch.

  • AD
    an den reichen Moslem

    So ein Unsinn...

  • RM
    reicher Moslem

    Wir brauchen absolute Anonymität, nicht nur im Netz, sondern auch beim Geld. Es geht niemanden was wie viel ein Hartz4-Empfänger zusätzlich verdient, aber es geht auch niemanden etwas an wo man sein Geld in Sicherheit bringt. Ich bin stolz darauf für diesen Schweinestaat sowenig wie möglich Steuern zu bezahlen. Wofür werden die Steuergelder denn eingesetzt? Für U-Boot für Israel. Und dafür zahl ich einfach nicht. Das verbietet mir schon mein Glaube.

  • WW
    Wie wär es mit Herrn Steinbrücks Kavalerie?

    Da kann ja die Kavalerie gleich losfahren!

  • V
    vic

    Oh nein!!

    Wenn sich jetzt bloß die Märkte nicht erschrecken, und Deutschland möglicherweise eine Kapitalflucht droht.

    Horror, wohin mit meinem Geld?

  • PD
    Para diese

    Wenn Deutschland besser wäre, könnte man im Onlinebanking anklicken, was (Einnahmen und Ausgaben) ans Finanzamt gemeldet wird. Dann könnten Eure Vermieter viel Zeit und Arbeit sparen.

    Umsatzsteuerkarusselgeschäfterollbetrug wäre vermeidbar, wenn man den Empfänger beim Finanzamt verpetzen müsste, bevor man Betriebsausgaben als Vorsteuer anerkannt bekommt. Dann wissen immer Bezahler und Empfänger und deren jeweiligen Finanzämter zeitgleich bescheid.

    Usw.

    Alle anderen Transaktionen kann man dann doppelt so gut überwachen. Autohandel ist ja praktisch immer Bar, weil Banken gegenüber Paypal wie aus dem Mittelalter daherkommen.

     

    Aber lieber schwarze-Kassen erlauben und man muss mit Müh und Not die Steuerzettel von der Bank ins Elster eintippen oder Krankenkassenbeiträge zusammenrechnen obwohl die Bank das automatisch melden könnte :-((((( (Freiberufler. Festangestellte kennen sowas ja nicht weil ihre Chefs die Steuer für sie machen)

     

    Abgeordnete müssten ihre Steuer selber machen müssen. Mit Elster kann das jeder. Und sobald Abgeordnete mal Elster mit blossen Fingern selber ausfüllen und Erträgnisaufstellungen seitenweise ins Elter eintippen mussten, wird Elster ein Jahr später 10mal einfacher nutzbar und alle Banken geben freiwillig per Onlinebanking für die ehrlichen Kunden die Daten ans Finanzamt. Alle anderen Kunden stehen dann stärker im Focus.... . Automatische Steuer ist gerechtere Steuer praktisch ohne Arbeitsaufwand.

     

    In den USA Delaware gilt nicht ? Oder UK und Auslandseinnahmen müssen nicht versteuert werden ? Der Unterschied ist also nur, das die USA Umgehungen dank Republikanern legalisiert haben.

    Eine bessere Statistik wäre, wie viel Geld offiziell unversteuert wird.

  • Y
    yberg

    na liebe taz,das wär doch mal ne aufgabe herauszufinden in wie weit sich dieser misstand auf die jährliche wachstumsrate auswirkt,wieviel arbeitsplätze dadurch gesichert werden,welche branchen hauptsächlich profitieren,wo und bei wem die gewinne anfallen und wie das ungewaschene geld und das gewaschene.... verschwindet bzw. ausreist

     

    bei abhilfe entstünde erst mal ein minuswachstum in unserem lande,wie hoch wäre dies,in welchen branchen

    hauptsächlich.wo säßen und wer wären die verlierer...

     

    geld übrigens is nicht scheu sondern dreist und frech,

    sonst könnt mah nich zusammenfinden...gottseidank...