Porträt: Der schöne Mullah
Schöner kann sich ein ideologischer Staatsapparat gar nicht inkarnieren: Große, dunkle Augen hat Hamidreza Torabi, 44, ebenmäßig ist sein Gesicht, sanft seine Stimme. Und an George Clooney denken lässt sein graumeliertes Bart- und Haupthaar, also wenigstens das, was unterm Turban vorlugt: Der Direktor der Islamischen Akademie Deutschlands (IAD), der vor zehn Jahren den Doktor- und den Hodschatoleslam-Titel in Ghom in Iran erwarb, ist eine vorzeigbare Figur.
Dennoch scheint ihm das Rampenlicht nicht zu gefallen, in das er nun gerückt worden ist. Anlass war eine Einladung von Sigmar Gabriel (SPD) ins Außenministerium, zu einer „Friedenskonferenz der Religionen“, allerdings „nur als einer von 1.000 Gästen für die Eröffnungsveranstaltung“, wie von dort eilfertig versichert wird. „Er hatte keinen Redepart.“ Auch jetzt noch schweigt Torabi: Anfragen der taz lässt er unbeantwortet. Dabei stellt er doch im Promovideo der IAD klar, nur durch „Bildung, Logik, und den Dialog“ erreiche man eine friedliche Welt: Will er die etwa nicht?
Nach Hamburg ist der schöne Imam 2011 gezogen, kurz nach seiner Befähigung zum Itschtihad – der Lehrerlaubnis. Und er wirkt nicht bloß als rechte Hand des Reza Ramazani am Islamischen Zentrum. Die angeschlossene Akademie hat Torabi, schon in Iran bildungspolitisch aktiv, zur veritablen Hochschule ausgebaut, zur ersten schiitischen Kaderschmiede Deutschlands: Die Al-Mustafa-Uni hat das Studium dort akkreditiert, Großayatollah Nouri Hamedanis es als „äußerst wertvoll“ abgesegnet und Großayatollah Ayatollah Ali Khamenei himself hat es zur „kollektiven Pflicht“ erhoben.
Also ganz wie den Hass auf Israel. Die Vernichtung des zionistischen Staats steht ja schon seit Zeiten des seligen Rudi Khomenei auf der To-do-Liste. Und auch hier scheint Torabi regimetreu: Dass er auch niedere Tätigkeiten mit seiner Theologenwürde vereinbaren kann, bewies er vergangenes Jahr beim „Al-Kuds-Tag“. Da reiste er zur zentralen Antisemitismus-Kundgebung nach Berlin und schritt, mit einem Pappkarton, auf dem Israel als „widerrechtlich und verbrecherisch“ bezeichnet wird, dem Demozug voran – ein sanftes Lächeln im Gesicht. bes
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