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Eine Polizistin im Zwielicht

Populismus Die Polizistin Tania Kambouri behauptet, das BKA würde Kriminalität unter Flüchtlingen verschweigen. Damit hat sie sich den Ärger mancher Kollegen zugezogen

von Daniel Bax

Mit Pauschalurteilen über Muslime lässt sich Kasse machen. Das hat auch die Bochumer Streifenpolizistin Tania Kambouri erkannt. In ihrem Buch „Deutschland im Blaulicht“, das Anfang Oktober erschien, klagt die griechischstämmige Beamtin über junge muslimische Männer, die angeblich keinen Respekt vor Polizisten hätten. Sie traf damit einen Nerv: ihr Buch verkaufte sich aus dem Stand über 120.000 Mal und stand wochenlang an der Spitze der Bestsellerlisten, sie wurde in viele Talkshows eingeladen.

Doch nun hat sie sich mit ihren Kollegen angelegt – und deswegen Ärger. Kurz vor Weihnachten warf die 32-jährige in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten dem Bundeskriminalamt (BKA) vor, Statistiken zur Kriminalität unter Flüchtlingen zu fälschen. Die wahren Zahlen würden nicht veröffentlicht, weil das „politisch nicht gewollt“ sei, gab sie rechten Verschwörungstheoretikern Futter. „Ich denke auch, dass viele Beamte in führenden Positionen von der Politik gesteuert oder wenigstens beeinflusst werden“, sagte sie wörtlich. „Doch wer die Wahrheit bei diesem Thema sagt, wird schnell in die Nazi-Ecke gestellt.“

Tania Kambouri hat ihre ganz eigenen Wahrheiten. Mal fordert sie die Rückkehr zu Grenzkontrollen, mal eine Kindergartenpflicht für Migranten. Auf einer Veranstaltung des Saarländischen Rundfunks klagte sie kürzlich über „importierte Kriminalität“ und die Ausbreitung von „No-go-Areas“ in Einwanderervierteln. Damit widersprach sie Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), der erklärt hatte, dass es in seinem Land keine „No-go-Areas“ gebe. Außerdem behauptete Kambouri, in manchen Flüchtlingsunterkünften würden Kinder prostituiert. „Irgendwann wird es ans Tageslicht kommen, und dann gibt es einen großen Knall“, zitiert sie die Welt.

Das BKA hat erst im November Zahlen veröffentlicht, wonach es keinen überproportionalen Anstieg der Kriminalität durch Flüchtlinge gegeben habe. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte bei der Vorstellung, „dass Flüchtlinge im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig werden wie Vergleichsgruppen der hiesigen Bevölkerung“.

Das BKA hat die Vorwürfe von Tania Kambouri bereits zurück gewiesen. Doch manchen Kollegen reicht das nicht aus, für sie ist das Fass jetzt übergelaufen.

„Wann gibt es eigentlich das erste Diszi­plinarverfahren?“

André Schulz, Kriminalbeamtenbund

Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, fragte nach ihren jüngsten Interview-Äußerungen auf seiner Facebook-Seite: „Wer steuert und instrumentalisiert die Kollegin eigentlich die ganze Zeit?“ Schulz verweist auf „die Grundsätze des Berufsbeamtentums“, etwa das öffentliche Dienst- und Treueverhältnis und die Neutralitätspflicht, und fragt: „Wo sind ihre Vorgesetzten? Wer nimmt sie an die Hand und schützt sie vor sich selbst?“ Und: „Wann gibt es eigentlich das erste Disziplinarverfahren“?

Auch Irene Mihalic, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen und selbst Polizistin, ist empört: „Das ist in höchstem Maße unprofessionell und noch dazu illegal“, erklärte sie am Mittwoch auf Facebook. Mit ihren öffentlichen Äußerungen begehe Tania Kambouri „gleich mehrere Dienstvergehen“.

Beim Innenministerium in Nordrhein-Westfalen verweist man auf die „zuständige personalführende Stelle“, das Polizeipräsidium in Bochum. Dort erklärte man am Mittwoch auf Nachfrage der taz: „Frau Kambouri wurde in einem vertrauensvollen Gespräch durch Vorgesetzte darauf hingewiesen, dass sie sich künftig zu dienstlichen Themen zurückhaltender äußern soll. Nach diesem einvernehmlichen Gespräch sind keine dienstlichen Maßnahmen erforderlich.“

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