Porträt Mahmud al-Sarsak: Kräftezehrendes Auswärtspiel
Seit 2009 saß der palästinensische Fußballnationalspieler al-Sarsak ohne Anklage in israelischer Haft. Per Hungerstreik erkämpfte er nun seine Entlassung.
Im Juni 2009 wurde der Fußballer Mahmud al-Sarsak auf dem Weg zu einem Spiel in Nablus im Westjordanland am Grenzübergang Erez in Gaza festgenommen. Seither saß der palästinensische Nationalspieler in israelischer Haft, genauer in Adminstrativhaft.
Israelische Sicherheitsbeamte verdächtigten ihn, im Auftrag des Islamischen Dschihad einen Sprengsatz versteckt zu haben. Deshalb wurde er als „feindlicher Kämpfer“ inhaftiert. Fünfmal wurde seine Haftzeit jeweils um ein halbes Jahr verlängert, ohne dass Anklage gegen ihn erhoben wurde.
Mit einem beinahe 100 Tage dauernden Hungerstreik hat er jetzt seine Entlassung aus israelischer Haft erkämpft. Ob er je wieder professionellen Fußball spielen kann, wollen die Ärtze nicht garantieren. Al-Sarsak hat fast die Hälfte seines Körpergewichts verloren.
Per Ambulanz erreichte der 25-Jährige den Gazastreifen, wo ihn hunderte Palästinenser in Empfang nahmen, bevor er zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht wurde. „Dies ist ein Sieg für die Häftlinge“, jubelte er. Fast drei Jahre saß er im Gefängnis von Nafha in der Negevwüste ein.
Internationaler Protest
Mit Beginn seines 96-tägigen Hungerstreiks wurde er in Isolationshaft genommen, bevor er wegen seines schlechten Zustands ins Gefängniskrankenhaus von Ramleh kam. In der ganzen Zeit durfte auch seine Familie ihn nicht besuchen.
Dass er jetzt freikam, ist einem breiten internationalem Protest zu verdanken. Fifa und Uefa schalteten sich jüngst mit der dringenden Aufforderung an die israelischen Behörden ein, den palästinensischen Sportler zu entlassen. Holländische Fußballer schrieben seinen Namen auf ihre Trikots, in London demonstrierten Fans.
Der international bekannte Fußballer Eric Cantona setzte sich für die Freilassung von al-Sarsak ein. Ein illustriertes Plakat zeigt ihn in Häftlingskleidung mit einem Fußballpokal. Schon Mitte Juni mahnte Amnesty International, al-Sarsak umgehend in ein Krankenhaus zu bringen. Sein Anwalt konnte ihn schließlich dazu bewegen, etwas Milch zu sich zu nehmen, zusätzlich zu den intravenös verabreichten Mineralien.
„Er hat davon geträumt, ein Star zu werden“, sagte seine Mutter in einem Interview. „Er war der jüngste Spieler im Team und doch schon der beste.“ Al-Sarsak wuchs in dem Flüchtlingslager von Rafah, ganz im Süden des Gazastreifens, auf. Schon als 17-Jähriger kickte er für Palästina bei einem Fußballturnier in Norwegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“