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"Dschungel statt Öl"-Projekt in EcuadorDer Präsident, der wackelt

Ecuadors Regierung erhält ihren innovativen Klimavorschlag aufrecht - noch. In der Vergangenheit hatte der linke Präsident Correa auf internationaler Ebene Vertrauen eingebüßt.

Präsiedent Correa "Es bleibt unsere wichtigste Initiative, sie signalisiert einen totalen Bruch mit der Vergangenheit." Bild: rtr

PORTO ALEGRE taz | Mit einem neuen Team will die ecuadorianische Regierung weiter für das "Dschungel-statt-Öl"-Projekt im Yasuní-Nationalpark werben. "Es bleibt unsere wichtigste Initiative, sie signalisiert einen totalen Bruch mit der Vergangenheit", sagte Staatspräsident Rafael Correa Anfang des Monats. Doch der Vertrauensverlust auf internationaler Ebene, den der linke Präsident am 9. Januar provoziert hatte, wirkt nach. Er habe verhindern müssen, dass der geplante Treuhandfonds unter dem Dach des UN-Entwicklungsprogramms zu "beschämenden Bedingungen" eingerichtet werde, polterte Correa damals, im Juni könnte die Ölförderung in dem artenreichen Regenwaldgebiet beginnen.

Daraufhin waren drei prominente Mitglieder aus der das Projekt betreibenden Regierungskommission zurückgetreten, die 2009 erfolgreich für die Initiative geworben hatten: Außenminister Fander Falconí, der gleichzeitig auch sein Ministeramt aufgab, der Unternehmer Roque Sevilla und Yolanda Kakabadse, die mittlerweile zur Vorsitzenden der Umweltstiftung WWF ernannt wurde. Für sie kam der Vorwurf, sie hätten die Souveränitit Ecuadors aufs Spiel gesetzt, einer Beleidigung gleich.

Ein Treuhandfonds, bei dem UN-Vertreter über die Verwendung der Mittel aus den Zinsen mitreden könnten, würde "möglichen Beiträgern Sicherheit" geben, betonte Falconí (siehe Interview). Dies gilt auch für den Fall, dass eine künftige Regierung doch die Reserven aus dem ITT-Gebiet anzapfen würde - dann nämlich erhielten die Geber ihr Geld zurück.

Der Präsident weiß natürlich, dass er nie im Alleingang über diese Klimamillionen würde verfügen können. Daher entstand der Eindruck, er hätte Angst vor der eigenen Courage bekommen. Laut Sevilla hatten europäische Regierungen nämlich schon fast die Hälfte der Zielsumme in Aussicht gestellt.

Nun also sind die Karten neu gemischt. Für die internationalen Kontakte ist jetzt Ivonne Baki zuständig, eine unter Linken und Umweltaktivisten höchst umstrittene Figur, die von 1998 bis 2002 Botschafterin in Washington war und sich im Milliardenprozess zwischen ChevronTexaco und ecuadorianischen BasisaktivistInnen auf die Seite des Ölmultis schlug.

Mit "Skepsis und Abwarten" umreißt die grüne Bundestagsabgeordnete Ute Koczy die Stimmung unter den deutschen Freunden des innovativen Klimavorschlags. Ein Brief an Correa, in dem sich Abgeordnete aller fünf Bundestagsfraktionen für einen "dauerhaften Schutz des ITT-Gebietes" einsetzten, blieb bislang unbeantwortet. "Das Projekt ist eine historische Chance zur Umkehr bei der Regenwaldzerstörung - und für die Unterstützung der dort lebenden Menschen", sagte Koczy der taz. "Wir drücken die Daumen, dass es jetzt wieder vorangeht. Ecuador ist am Zug".

"Der Schlüsselakteur heißt Correa", sagt Alberto Acosta, der 2007 als Energieminister entscheidenden Anteil hatte, dass der von Umweltaktivisten entwickelte Vorschlag Regierungspolitik wurde. Der 61-jährige Ökonom ist einer der prominentesten lateinamerikanischen Intellektuellen, die sich für eine ökosoziale Entwicklung einsetzen.

Länder wie Ecuador müssten endlich den "Fluch der üppigen Bodenschätze" überwinden, durch deren Ausbeutung Korruption und Ungleichheit festgeschrieben werde, meint Acosta. Als Vorsitzender des Verfassungskonvents sorgte er vor zwei Jahren dafür, dass die Rechte der Natur im neuen Grundgesetz verankert wurden - wenig später kam es zum Bruch mit Correa. Nun sind die Hürden für neue Öl- oder Bergbauprojekte in Naturschutzgebieten höher als früher: Der Staatschef braucht dafür die Zustimmung im Parlament, sogar eine Volksabstimmung ist möglich.

Die Förderoption war stets für den Fall vorgesehen, dass die gewünschten 3,5 Milliarden Dollar innerhalb von zehn Jahren nicht aufzubringen seien. "Es geht um riesige Geschäfte", sagt Acosta, eine Förderung des ITT-Schweröls könne Investitionen in Höhe von 5 bis 15 Milliarden Dollar erforderlich machen. Correas Erklärungen bezeichnet er als "verantwortungslos", es werde nicht leicht, international die Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

Im Lande selbst jedoch ist die Yasuní-ITT-Initiative durch die breite Debatte der letzten Wochen erst richtig bekannt geworden - mit ermutigenden Folgen: Einer neuen Umfrage zufolge möchten 68 Prozent der EcuadorianerInnen über die Ölförderung im ITT-Gebiet per Referendum abstimmen, und sogar drei Viertel lehnen sie ab.

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1 Kommentar

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  • MH
    Martin Huber

    Hätte Außenminister Falconí sich an die Vorgaben seines Präsidenten gehalten (anstatt auf die Einflüsterungen seines guten Freundes Alberto Acosta zu hören?), wäre es gar nicht erst zu diesem Vertrauensverlust gekommen.

     

    Ich habe den Vertragstext ("Ecuador Yasuni ITT Trust Fund") gelesen und sehe nicht, wie Correa jemals solchen Bedingungen zugestimmt hätte:

     

    1. Die Regierung ist im Yasuni Fund Steering Committee, das über die Verwendung der Gelder zu entscheiden hat, nur eine Minderheit (sie stellt nur 3 von 10 Mitgliedern).

    2. Jedes Mitglied des Steering Committees verfügt über ein Veto-Recht und kann Projekte blockieren.

    3. Ecuador scheint sich zu verpflichten (§8.a), 38% des Territoriums, also das gesamte Amazonasgebiet (und nicht nur Yasuní-ITT), effektiv unter Schutz zu stellen. Laut Verfassung ist jegliche ökonomische Aktivität in Schutzgebieten verboten.

    Durch die Hintertür hätten so Alberto Acosta und Acción Ecológica ihre Forderung nach einem einseitigen Bergbaumoratorium ("no a la minería") durchgesetzt.

     

    Es ist zudem die Frage, ob eine Regelung, bei der die de facto Kontrolle (siehe oben) über die Einnahmen aus nationalen Ressourcen ans Ausland übergeht, sich überhaupt mit der Verfassung vereinbaren lässt.