Olympia – Bogenschießen: Ein goldener Bogen reichte nicht
Am blinden Schützen Im Dong-Hyun lag es nicht, dass Südkorea nur die Bronzemedaille holte. Die stärkeren Nerven hatten gegen Finalteilnehmer USA die Italiener.
Die Startbedingungen: Damit hatte niemand gerechnet auf dem Lords Cricket Ground. Die Topfavoriten aus Südkorea fliegen im Halbfinale raus. Bei den Olympischen Spielen 2004 und 2008 haben die Südkoreaner beide Male Gold im Teamwettbewerb geholt.
Das Halbfinale gegen die USA ist deshalb spannend bis zum letzten Bogen: Mit fünf Punkten Unterschied unterliegt Südkorea den USA, die 224 Punkte erreichen. An dem fast blinden Schützen Im Dong-Hyun liegt das nicht. Er bricht im Einzelwettkampf in den Vorrunden den ersten Weltrekord der Londoner Spiele und kommt auf 699 Ringe. Auch das südkoreanische Team schafft in der Vorausscheidung mit 2.087 Ringen einen Weltrekord. Gegen das Team aus den USA aber verlieren Hyun-Im und seine Kollegen mit 219:224. Am Ende bekommen sie Bronze. Die Amerikaner ziehen als große Favoriten ins Finale ein, wo sie sie auf die italienische Mannschaft treffen, die sich im Halbfinale mit zwei Punkten Vorsprung gegen die Mexikaner durchgesetzt hat.
Die Entscheidung: Ins Gelbe zielen: Gute Nackenmuskulatur, den Zugarm richtig beugen, starke Beine und starke Nerven. Die Augen sind beim Bogenschießen nicht so wichtig. Da kommt es eher auf Präzision in der Bewegung und das richtige Gefühl an. Denn aus 70 Meter Entfernung sieht man eh nicht so viel von der Zielscheibe.
Im amerikanischen Team traten Jack Kaminsky, Jacob Wukie, Brady Ellison gegen die Italiener Marco Galliazzo, Michele Frangilli und Mauro Nespoli an. Beide Mannschaften behalten die Nerven, keine großen Patzer, Italien startet mit einem knappen Vorsprung in den letzten und entscheidenen Satz. Der letzte Schuss: Michele Frangilli trifft das Gelbe, zehn Punkte, Goldmedaille. Die Amerikaner müssen sich mit Silber begnügen.
Das Drama: Den Mexikanern hätte man es wirklich gegönnt. Die haben im Bogenschießen noch keine einzige olympische Medaille gewonnen. Noch nie. Leider fliegen sie im Wettkampf um die Bronzemedaille raus. Aber blöder hätte es für sie ja auch nicht laufen können. Da treffen sie ausgerechnet auf das Topfavoritenteam der Südkoreaner, die sich nicht für das Finale qualifiziert haben. Die holen sich dann gegen Mexiko ganz souverän die Bronzemedaille und freuen sich noch nicht mal, weil sie mit Gold gerechnet haben.
Die Schlussfolgerung: Mit einem goldenen Bogen schießen führt nicht zwangsläufig zur Goldmedaille. Das hat der Amerikaner Ellison Brady bewiesen. Der hat sich sogar die olympischen Ringe auf den rechten Unterarm tätowiert. Vielleicht hilft das ja im Einzel.
Und sonst? Schießen ist eigentlich bäh, weil böse, aber Bogenschießen ist etwas völlig anderes: Das ist total Robin Hood!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!