Debatte um Verdrängung: Senat labert sich raus
Die Finanzverwaltung sagt die Teilnahme am Guggenheim-Lab ab. Dessen Veranstalter vermuten dahinter Streit zwischen zwei Senatoren.
Die Senatsfinanzverwaltung boykottiert das BMW Guggenheim Lab: Für eine Diskussion am heutigen Freitag sagte die Staatssekretärin von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) kurzfristig ihre Beteiligung ab. Die Organisatoren vermuten dahinter senatsinternen Streit.
Noch bis Ende Juli wird in der Freiluft-Denkwerkstatt im Pfefferberg (Prenzlauer Berg) über urbane Zukunft diskutiert. Für Freitag ist der Titel „Die soziale Stadt gestalten“ vorgegeben. „Neue Liegenschafts- und Mietenpolitik in Berlin?“, fragt eine Podiumsdiskussion am Abend, zu der auch Staatssekretärin Margaretha Sudhof und Liegenschaftsfonds-Geschäftsführer Holger Lippmann eingeladen waren. Laut den Veranstaltern sagten beide nun kurzerhand ab.
Lab-Mitorganisatorin Corinne Rose reagierte am Donnerstag mit einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Die Absagen hätten „große Probleme verursacht“, schreibt Rose. Kaum ein Thema beschäftige die Berliner mehr als steigende Mieten und die Entwicklung der Liegenschaftspolitik. Das Lab sei im Vorfeld gefragt worden, ob es „die wahren Probleme Berlins behandele“. Nun, so Rose, tue man dies, da „verwehren Vertreter des Senats ihre Teilnahme an einem öffentlichen Diskurs“.
Florian Schmidt von der Initiative „Stadt Neudenken“ und Moderator am Freitag sieht hinter den Rückzügen einen „sich vertiefenden Streit“ zwischen Finanzsenator Nußbaum und Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Letzterer schickt sehr wohl einen Diskutanten: Staatssekretär Ephraim Gothe. Seit Monaten ringen Müller und Nußbaum um die Liegenschaftspolitik. Müller will Grundstücke des Landes für soziale Aufgaben nutzen, etwa den Bau von Wohnungen. Nußbaum präferiert die Vergabe an höchstbietende Interessenten.
Schmidt forderte, Nußbaum dürfe die Liegenschaftspolitik „nicht hinter verschlossenen Türen aushandeln“. Lab-Organisatorin Rose formuliert’s dezenter: Ein „konstruktiver Dialog“ zwischen den Senatsverwaltungen sei eine „Grundvoraussetzung für eine Neuausrichtung“.
Eine Sprecherin von Nußbaum nannte organisatorische Gründe für die Absage. Sudhof sei zuerst für den Nachmittag eingeladen worden, am Abend habe sie keine Zeit. Warum auch Lippmann absagte, sagte sie nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen