piwik no script img

CDU-Politiker über Syrien"Wir können nicht mehr wegschauen"

Die Berichte über die Gräueltaten in Syrien häufen sich, es wird Zeit, dass die UNO eingreift. Das fordert der außenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Philipp Mißfelder.

Die UN-Mission soll sich nicht nur aufs Beobachten beschränken, fordert CDU-Politiker Mißfelder.
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Mißfelder, Sie haben als erster deutscher Politiker jetzt eine militärische Intervention in Syrien nicht ausgeschlossen. Was erhoffen Sie sich von diesem Vorstoß?

Philipp Mißfelder: Angesichts der Gräueltaten in Syrien ist es höchste Zeit für die UN, nach der Norm der „Responsibility to Protect“ im Rahmen des geltenden Völkerrechts aktiv zu werden.

Verteidigungsminister de Maizière bezeichnete Forderungen nach einer militärischen Intervention in Syrien in der taz gerade erst als „verantwortungslose Dampfplauderei“. Fühlen Sie sich damit angegriffen?

Nein. Generell erteile ich jedoch keine Schulnoten, zum Beispiel zu den offenen Fragen der Bundeswehrreform.

Aber die Bundesregierung ist bislang strikt gegen eine Militärintervention in Syrien. Warum scheren Sie da aus?

Weder François Hollande noch der britische Außenminister William Hague noch ich haben vom Einsatz von Bodentruppen gesprochen. Meine Äußerungen bezogen sich vielmehr auf eine robuste Beobachtermission. Dort, wo die UN-Beobachter sind, ist die Situation verhältnismäßig besser, daher sollte ihre Präsenz ausgeweitet werden. Hier ist die Arabische Liga gefordert, vor allem muslimische Länder sollten hier initiativ tätig werden.

Bild: dpa
Im Interview: 

Philipp Mißfelder, 33, ist außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Der CDU-Politiker aus dem Ruhrgebiet, der als Bundesvorsitzender der Jungen Union bekannt wurde, sitzt seit 2005 im Bundestag.

Wie wollen Sie Russland und China davon überzeugen, dem zuzustimmen? Bislang weigern die sich, mehr Druck auf Assad zu machen.

Assad hat die Uneinigkeit im UN-Sicherheitsrat bislang als Ermunterung verstanden, noch härter gegen sein Volk vorzugehen. Das kann die UNO nicht hinnehmen, wen sie ihrer Rolle als Wahrer des Völkerrechts gerecht werden will. Dabei habe ich sogar Verständnis für Teile der russischen Argumentation. In Libyen beispielsweise wurde das UN-Mandat überstrapaziert. Die russische Kritik müssen wir deshalb sehr ernst nehmen. Aber wenn Russland unser Partner sein will, wofür ich ja plädiere, dann kann es nicht tatenlos zuschauen, wenn Assad Massaker am eigenen Volk begeht. Es ist ein Punkt erreicht, an dem wir nicht mehr wegschauen können.

Gegen eine ausländische Intervention spricht, dass Christen und Alawiten sich bislang von Assad geschützt fühlen.

Es stimmt leider, dass es den Christen im Irak und anderen arabischen Ländern, etwa Ägypten, heute oft schlechter geht als früher, in der Diktatur. Darum müssen wir auf eine Begrenzung des Konflikts setzen.

Droht mit einer ausländischen Intervention nicht erst recht die Ausweitung zu einem Regionalkrieg?

Unsere höchste Priorität muss jetzt sein, ein Übergreifen des Konflikts auf den Libanon zu verhindern. Assad verfolgt, was den Libanon angeht, eine aggressive Strategie. Dort ist es kürzlich zu einem Attentatsversuch auf einen libanesisch-christlichen Politiker gekommen. Die Spuren führen nach Syrien. Für den Libanon droht ein Rückfall in die schlimme Zeit der Attentate.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • S
    susann

    @ Frage:

    Genau. Missfelder ist am praktischen Rollback 1933 bis 1945 brennend interessiert!

    susann

  • T
    tommy

    Mißfelder soll doch selber nach Syrien gehen, das würde immerhin ein Problem (nämlich ihn selbst) lösen.

  • GW
    Gerd Weghorn

    Die „Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer“ ist grundgesetzkonform, Herr Mißfelder.

     

    Was das Assad-Regime im Falle eines „Bürgerkriegs“ unternimmt, das ist auch noch deutschem Recht nicht nur legitim, sondern legal. Zur Begründung dieser Tatsache darf ich hier den Art. 87a GG zitieren, in welchem es u. a. heißt:

     

    "Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand (…) des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung (...) Streitkräfte (...) bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen."

     

    Würden sich die USA und die anderen Unterstützer der Aufständischen aus dem Bürgerkrieg heraushalten, dann wären die Oppositionellen im Lande - es soll sich um Sunniten handeln, die über die absolute Mehrheit verfügten? - gezwungen (!), bei der "Willensbildung des Volkes" den Weg des gewaltlosen Widerstandes zu beschreiten, der nicht nur in der DDR "die Wende" gebracht hat.

  • F
    Frage

    Herr M., Rommel 2.0 (?)

  • E
    end.the.occupation

    >> Wir können nicht mehr wegschauen

     

    Mißfelder? Der Mann, der Leserbriefe an die Jerusalem Post schreiben musste, um Grass zu denunzieren und der sich in Gaza und der Westbank als ein Meister des Wegschauens profiliert hat?

     

    Voll taz-kompatibel.

  • AR
    Antoninus Re

    Mißfelder - der Ersatz-Außen- und der Reservekriegsminister!

  • S
    Steiner

    Wenn Halbwüchsige Außenpolitik machen, kommt nichts Konstruktives heraus. Ist die Personaldecke der Regierungskoalition nicht längst so dünn, dass sie einen Mißfelder als Chefaußenpolitiker seinen Zinnober abziehen lassen muss?

  • H
    Hoga

    Wegschauen? Was ist mit den toten Kindern durch den Drohnenkrieg in Afghanistan? Solange diese Herrschaften mit zweierlei Maß messen, bleiben sie unglaubwürdig. Und wer verdient denn an diesen Kriegen?

    Da wird weggeschaut, wenn es um Arbeitsplätze geht. So bleibt der Herr Mißfelder nur einer der üblichen Schwätzer.

  • N
    naseweiser

    Dem Verdikt von de Maiziere ist nichts hinzuzufügen . Dem Knaben mißfeld ja nur , dass er zu wenig in den Medien auffeld . Im politischen EM- und Sommerloch sieht er seine Chancen .

  • DF
    Der Feige

    Ich finde , dass der wundervolle Herr Mißfelder kämpfen sollte.

    Wie sehen das die anderen Leser?

  • W
    Wow

    "Wir können nicht mehr weg schauen"

     

    Für unsere Politiker will das was heißen.

     

    Ich bin gespannt, wann in Europa nicht mehr weggeschaut wird bzgl. des Islams.