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SPD-Ministerin Öney äußert sich zur NSUDie Ländle-Union assoziiert

„Integrationsfeindlich“, „doppelzüngig“: Die CDU in Stuttgart greift die baden-württembergische Intergrationsministerin Öney (SPD) scharf an. Der Grund ist ein umstrittener Vergleich.

Hat Ärger weger einer umstrittenen Äußerung: die Stuttgarter Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD). Bild: dapd

STUTTGART taz | Der Anlass liegt zwar schon eine Weile zurück. Aber die Landes-CDU nutzt die willkommene Gelegenheit, um sich auf Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) zu stürzen.

Anfang März hatte sich Öney in einer Diskussionsrunde der Alevitischen Gemeinde in Stuttgart zur NSU-Mordserie und den Einsatz von verdeckten Ermittlern und dubiosen V-Leuten geäußert. „Den 'tiefen Staat' gibt es auch in Deutschland“, soll Öney damals gesagt haben, nachdem sie ein türkischer Zuhörer fragte, warum „Deutschland "nichts gegen diese Mörder" tue.

In der Türkei steht der Begriff „tiefer Staat“ für die Verflechtung von Polizei und Geheimdiensten mit dem organisierten Verbrechen und rechtsextremen Gruppen wie den „Grauen Wölfen“, wie sie etwa im Kurdenkonflikt in der Vergangenheit mehrfach zu Tage trat. Heikel an diesem Vergleich ist, dass das Spektrum der Verstrickung, das der Begriff vom „tiefen Staat“ umfasst, vom bloßen Wegschauen über die aktive Duldung bis hin zu gezielten Auftragsmorden reichen kann.

Der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta ließ deshalb einen Bericht der türkischen Zeitung Hürriyet über das Treffen von einer vereidigten Dolmetscherin übersetzen, um der Ministerin das Zitat nachzuweisen.

CDUler Lasotta findet Öneys Verhalten „integrationsfeindlich“

„Man drückt mit dem Begriff vor einem türkischen Publikum eine bestimmte Assoziation aus“, sagte Lasotta am Montag auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Stuttgart. Lasotta hält die Aussage der Ministerin schlicht für „integrationsfeindlich“, weil sie damit das Vertrauen der Migranten in die staatlichen Behörden untergrabe. Öney habe dem Ansehen des Landes geschadet, findet er.

Schlimmer noch: Weil er herausgefunden hat, dass Öney den Begriff schon davor benutzt habe, spricht Lasotta von einer „Methodik“. CDU-Fraktionschef Peter Hauk unterstellte Öney gar Doppelzüngigkeit, indem er die Vermutung in den Raum stellte, dass sie sich auf Türkisch und vor türkischsprachigem Publikum anders äußere als im Deutschen. Noch am Montag wollte die CDU-Fraktion einen entsprechenden Antrag zur „umfassenden Aufklärung“ in den Landtag einbringen.

Zu dem Zeitpunkt hatte sich Öney allerdings schon geäußert. „Den Begriff gibt es im Deutschen nicht. Und es gibt auch keinen tiefen Staat in Deutschland“, sagte sie. „Sollten meine Äußerungen bei einer Veranstaltung der Alevitischen Gemeinde in Stuttgart zu den verdeckten Ermittlungen und V-Leuten im Rahmen der NSU-Mordserie missverständlich gewesen sein, bedauere ich das“, stellte sie klar.

Hürriyet-Redakteur hält die Debatte für aufgebauscht

Ein Redakteur der „Hürriyet“, Salih Sahin, nimmt Öney in Schutz. Die Situation sei dadurch entstanden, dass jemand im Publikum den Begriff verwendet habe. Er werde im Türkischen sehr oft gebraucht und sei so gängig, „dass jeder im Raum verstanden hat, worum es ging“.

Er teile nicht die Auffassung der CDU, dass die Ministerin damit Ängste geschürt und Zweifel am deutschen Staat gesät habe, sondern hält die Diskussion für aufgebauscht.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass sich Baden-Württembergs Integrationsministerin gezwungen sieht, irritierende Aussage klar zu stellen. Kurz nach ihrem Amtsantritt etwa sagte Bilkay Öney: „Je mehr Türken wir im Lande haben, desto mehr Unruhen haben wir“. Schon damals frohlockte die CDU über den sprachlichen Faux-Pas der Ministerin.

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14 Kommentare

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  • S
    Susi

    +++ Peter Hauk unterstellte Öney gar Doppelzüngigkeit, indem er die Vermutung in den Raum stellte, dass sie sich auf Türkisch und vor türkischsprachigem Publikum anders äußere als im Deutschen.+++

     

    Na da sind wir jetzt aber ganz ganz dolle überrascht. Was erwartet ihr eigentlich von einer türkischen Politikerin in Deutschland, die sich in der Türkei die Marschbefehle von Erdogan persönlich abholt?

  • A
    antares56

    Natürlich gibt es den "tiefen Staat" auch in der BRD! Da hätte die Ministerin nichts zurücknehmen müssen!

    Man müsste da im Gegenteil vielmehr nachforschen, woran der Staat natürlicherweise überhaupt kein Interesse hat.

  • DT
    Der Türke

    Die Ministerin hat die Wahrheit ausgesprochen. Ich bin auch der Meinung wir haben hier in Deutschland auch "tiefen Staat" wie in der Türkei. Was CDU von sich gibt „Integrationsfeindlich“, „doppelzüngig“: CDU hat sich selbst beschrieben. Die CDU war die Partei, die existens der nicht Deutschen Bürgern hier im Land beleugnet hat und dadurch die Integration bewußt verhindert hat. Jetzt tun Sie so als die Ministerin an Integrationsprobleme Schuld dran ist. Es ist Doppelmoral und CDU hat Probleme nicht die Ministerin.

  • K
    Karl

    Die Einlassungen der Ministerin dürften näher an der Realität liegen, als so manchen Mitwirkenden am Zirkus "BRD" lieb sein kann.

     

     

    Oder kann nicht sein was nicht sein darf?

     

    Schließlich war ja auch in der Türkei sichtbar was passieren kann, wenn auch nur 10% des "Sicherheitsapparates" eigen Zwecke verfolgen; wie auch am 96er Autounfall von A. Catli & Co leider leider sichtbar wurde

  • M
    Michail

    Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Das gilt genauso für die Türkei wie auch für Deutschland. Denn Deutschland ist eines der wenigen Länder die keine Parlamentäre Untersuchung im Fall "Gladio", auch genannt "Tiefer Staat" durchgeführt hat und es sogar aktiv verhindert hat, wozu auch der "Oktoberfest Attentat" dazu gehört.

  • U
    UTlatnder

    Die Türkentrulla ist keine Deutsche.

    Siehe Grundgesetz Artikel 116.

     

    RAUS AUS DEM LANDTAG.

     

    Verschwindet aus den Landtagen, dem Bundestag und aus Ämtern wo ihr nichts zu suchen habt bis wir eine Verfassung haben.

  • B
    broxx

    Wenn es hier einen tiefen Staat geben würde-die Öney hätten die bestimmt schon geholt. Nee, mal Spaß beiseite-es ist eine Frechheit was diese Frau sich leistet. Rausjagen aus dem Amt sollte man die. Wat für´n Gesindel die SPD inzwischen einstellt...

  • J
    Juli

    Ich finde es sehr schade, dass auf Integrationsposten immer nur türken gesetzt werden. Wer nimmt das denn bitte ernst? Warum nicht mal ein Pole, ein Afrikaner, ein Russe, ein Italiener, ein Japaner vielleicht gar?

     

    DAS wäre doch mal echte Integration. Bei den Türkenministern hat man immer den Eindruck, die vertreten nur ihre Lobby. Oft kommen noch sehr antideutsche Sprüche und irgendwelche Verwicklungen in eher unschöne Dinge (wie die Integrationsexpertin in NRW, die augenscheinlich als Verantwortliche in einer Moschee Steuern hinterschlagen hat).

  • A
    anna

    Rücktritt! SOFORT!

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    @Brandt

    Vielleichtgibt es bei der Ministerin auch noch Reste von "Fairness".

    Wer dem Staat hier rückhaltlos vertraut, hat die Naivität eines Kindes, das noch nicht einmal den Kindergarten als erste "staatliche" Inistitution besucht hat. Doch, das Betreuungsgeld unterbindert gerade das!!

     

    Migranten sind auf Vorinforamtionen aus "vertrrauenswürdiger" Hand angewiesen.

     

    Hier in Hagen hat ein Migrant die Polizei gerrufen, weil er sich verfolgt fühlte. Die wollten ihn ins Krankenhaus verweuisen und dabei ist er "gestorbben". Man hatsich nicht getraut, sein Gehirn in die türkei zur Übsderprüfcfug zu schoicken, weildie türkischeREgierung eine Kontrollobduktion anordnete.

    Wie Einsteins Gehirn (welch sinnlose Ehrung des Toten) liegt es extra präpariert, alledings abweichend in Köln in der Klinik. De Falll ist im Umkreis der EU-Gerichtsbarkeit.

     

    Ja, und Graue Wölfe gibt es hier (ein weites Feld) auch schon lange.

     

    "Tief ist die Nacht, und tiefer als der Tag gedacht... (Nietzsche, Also sprach Zarathustra (Iraner)).

     

    Damit unsere mit verwirrenden Vielfachorientierungen ausgestatteten Migranten nicht in offebnr Messer laufen. Ja, wenn die Linke so erzählen würde, über die Kontrollgesellschaft und den *Überwachungsstaat...

  • F
    friesland

    Auch ein attraktives Äußeres hat nix mit politischem Denkvermögen zu tun. - Wenn man sich als "Politikerin" äußert, ist es nicht nur private Meinung.

  • J
    Jemmy

    Warum überhaupt jemand die frage stellt ist mir schleierhaft!

    Die Antwort ist auch nicht so falsch .

    Das bei der Polizei,BGS und der Justiz dies vorhanden ist "tiefer Saat " ist mir bekannt und vielen Deutschen auch.

    Was die CDU angeht sollten die nochmal das Lexikon aufschlagen und schauen was doppelzüngig bedeutet.

     

    Schönen Tag noch ins Ländle

  • B
    Brandt

    Die CDU bauscht hier auf. Alle Vergleiche hinken. Die Mitarbeit und die Finanzierung von terroristischen Gruppen durch den Geheimdienst ist aber belegt. V-Leute erschleichen sich mit Geldleistungen das Vertrauen in solchen Gruppen.

     

    Die Aussage ist mitnichten integrationsfeindlich, weil Mißtrauen gegenüber dem Staat allen politischen Richtungen gemeinsam ist: von den Konservativen, über die Liberalen bis zu den Sozialisten. Integration und Mißtrauen in den Staat widersprechen sich nicht, sonst wären ja auch viele demokratische Parteien in der Mitgliedschaft schon integrationsfeindlich.

     

    Das Vertrauen der Migranten in den Staat gibt es nicht, weil an der Wahlurne nur der Teil Vertrauen in die Regierung hat, die sie auch wählte. Alle anderen Teile sind in der Opposition und dementsprechend mißtrauisch gegenüber der Regierung.

  • D
    D.J.

    Ob es sich um so genannte Rechtspopulisten oder hier um die Integrationsministerin handelt - ich würde mir verdammt noch mal gern selbst ein Bild machen wollen. Und mit zwei aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen ist das kaum möglich. Was ist so schwer daran, den Kontext mitzuliefern?