Rassismus in Israel: Rausschmiss statt Arbeitserlaubnis
Rechte Regierungspolitiker in Israel hetzen gegen illegale Einwanderer aus Eritrea und dem Sudan. Zuvor hatten junge Israelis Einwanderer angegriffen.
JERUSALEM taz | Ein Sonderaufgebot der Polizei soll im Süden Tel Avivs weitere Unruhen verhindern. Ein Dutzend junge Israelis, die illegal eingewanderte Afrikaner mit Schlagstöcken angriffen, waren bei Unruhen am Mittwoch Abend verhaftet worden. Die fremdenfeindliche Gewalt löste eine Welle der Kritik aus.
Regierungschef Benjamin Netanjahu versprach, „das Problem der Eindringlinge zu beheben". Die Rede ist von 60.000 Flüchtlingen vor allem aus Eritrea und dem Sudan, die mit Hilfe von Menschenschmugglern illegal aus Ägypten gekommen sind.
Anwohner des Tel Aviver Viertels Hatikwa hatten unterstützt von mehreren rechten Knessetabgeordneten gegen die Flüchtlinge protestiert. „Dies ist nicht Afrika", stand auf einem Plakat und: „Hört auf zu reden, schmeißt sie raus". Mülleimer brannten, Schaufenster gingen zu Bruch. Nicht zum ersten Mal machte sich der Zorn der Anwohner Luft. Im April kam es zu Angriffen mit Sprengsätzen auf Unterkünfte der Afrikaner.
Der Unmut bekam neuen Zündstoff, als letzte Woche eine 19-Jährige mehrmals brutal vergewaltigt wurde. Die Täter sind mutmaßlich vier Männer aus Eritrea. Laut Tel Avivs Polizeichef nahm die Zahl der von Ausländern begangenen Verbrechen in den letzten Monaten stark zu.
Statt die Anwohner zu beruhigen, hetzten die Politiker die Menge am Mittwochabend noch weiter auf. Die illegalen Einwanderer seien „ein Krebsgeschwür in unserem Körper", sagte die Likud-Abgeordnete Miri Regev und versprach, "alles zu unternehmen, um sie dorthin zurückzubringen, wo sie hingehören".
Die Regierung bereitet die Abschiebung von 700 Familien vor. Im Gespräch ist auch ein Gesetz, das 30.000 Abschiebungen im ersten Jahr und 50.000 im zweiten vorsieht. Noch 2012 soll der Grenzzaun zu Ägypten fertig sein, um das Eindringen illegaler Einwanderer zu unterbinden. Auch ist eine Haftanstalt mit rund 10.000 Plätzen im Bau. Flüchtlinge sollen dort so lange festgehalten werden, bis sie abgeschoben werden können.
Einzig Polizeigeneralinspektor Jochanan Danino schlug vor, Flüchtlingen Papiere zu geben und sie arbeiten zu lassen. Nur so seien sie nicht länger zum Stehlen gezwungen. Innenminister Eli Ischai (Schass-Partei) nannte den Vorschlag, „eine schreckliche Botschaft", die „eine Million weitere Flüchtlinge" nach Israel bringen werde. Die Tageszeitung Maariw bezeichnete Danino hingegen als „den einzigen weisen Mann innerhalb der xenophoben Regierungskreise".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr