Protest in Frankfurt: Erst Kritik, dann Krawall
Zur antikapitalistischen Demo in Frankfurt/Main kommen 5.000 Teilnehmer. Ein Polizist muss auf die Intensivstation. Die Organisatoren beklagen Verletzte.
FRANKFURT/MAIN taz | Sie waren gekommen, um gegen den Kapitalismus und die Krisenpolitik der EU zu demonstrieren. Am Samstag versammelten sich am Frankfurter Hauptbahnhof rund 5.000 linke AktivistInnen aus verschiedenen europäischen Ländern zum gemeinsamen Protestmarsch durch die Innenstadt der Mainmetropole. Ihr Ziel war die Baustelle für den Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB), doch so weit kamen die Demonstranten nicht.
Wegen „schwerer Straftaten“ stoppte die Polizei den Demonstrationszug vorzeitig und nahm weit über 100 Teilnehmer fest. Zuvor wurden Pflastersteine auf Geschäfte, Autos und Bankgebäude geworfen. Etliche Scheiben, etwa eines Brautmodengeschäftes, gingen zu Bruch. AktivistInnen, vor allem aus dem schwarzen Block, zündeten Rauchbomben.
Ein Polizist wurde bei Ausschreitungen so schwer verletzt, dass er auf der Intensivstation behandelt werden musste. Ein Polizeisprecher bestätigte am Sonntagnachmittag, dass sich der verletzte Beamte immer noch dort aufhalte. „Das ist kein schöner Tag für uns“, sagte ein Polizist am Rande der Demo. Auch ein unbeteiligter Passant wurde laut Polizeiangaben durch einen Steinwurf leicht verletzt.
Aber auch die Organisatoren des europaweiten Bündnisses linker Gruppen, „M31“, das in weiteren europäischen Städten zu Protesten aufgerufen hatte, beklagten Verletzte. Als die Polizei auf halbem Weg zur EZB-Baustelle etliche Demonstranten einkesselte und festnahm, kam es zum Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray. Dabei seien mehrere Menschen „zum Teil erheblich verletzt“ worden, so die Organisatoren. Danach löste die Polizei die Demonstration auf.
Polizeieinsatz bis tief in die Nacht
Dem kamen die Protestierenden zwar zunächst nach, etliche von ihnen zogen aber danach in kleineren Gruppen durch die Frankfurter Innenstadt. Dort kam es erneut zu „militanten Aktionen gegen Büro- und Geschäftsgebäude“, wie das M31-Bündnis in einer Pressemitteilung verlauten ließ. „Der Einsatz der Ordnungskräfte ging deshalb bis weit in die Nacht“, so ein Polizeisprecher. So lange waren in der Frankfurter Innenstadt auch Sirenen zu hören.
Dabei begann die Demo um kurz nach 15 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof zunächst friedlich. In einer Rede geißelte die linke Frankfurter Stadtverordnete der Partei Öko-Linx, Jutta Ditfurth, den Kapitalismus als „die Krise unseres Lebens“.
Dieser sei nicht zu reformieren: „Auch kleinere Verbesserungen presst man ihm nur ab, während man an seiner Abschaffung arbeitet.“ Nach der Kundgebung zog der Demonstrationszug in Richtung EZB-Neubau. Wenig später wurden aus der Menge heraus Autos attackiert.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Krieg im Nahen Osten
Definitionsmacht eines Genozids
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren