Hausdurchsuchungen bei Berliner Nazis: Laden von NPD-Chef durchsucht
Sebastian Schmidtke, der Berliner NPD-Chef, soll hinter der Hetz-Website des „Nationalen Widerstandes Berlin“ stecken. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke. Sie verdächtigt ihn, die Hetz-Website des „Nationalen Widerstandes Berlin“ (NW Berlin) zu betreiben. Am frühen Freitagmorgen durchsuchten Polizisten seinen Szeneladen in Schöneweide. Auch drei Wohnungen in Treptow und Neukölln wurden durchsucht.
Insgesamt wird gegen drei Personen ermittelt, die Vorwürfe lauten üble Nachrede, Beleidigung, Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Sachbeschädigung. Zwei 25-jährige „Führungspersonen der rechten Szene“ werden beschuldigt, rechtsextreme Parolen an Hauswände gesprüht und Fotos davon online veröffentlicht zu haben.
Laut einem Polizeisprecher waren 20 Beamte an dem Einsatz beteiligt. Als Beweismittel stellten sie Computer und nicht näher spezifizierte Speichermedien sicher. Auch CDs mit volksverhetzender Musik wurden beschlagnahmt – offenbar waren diese zum Verkauf bestimmt. Festgenommen wurde niemand.
Auf der Website des „NW Berlin“ werden seit 2005 Namen und Adressen von linken Demonstranten, Politikern, Journalisten und Anwälten veröffentlicht, teilweise mit Foto. Laut den Ermittlern werde so „unterschwellig zu Gewalt gegen diese Personen aufgerufen“. Mindestens 13 der dort Genannten wurden laut Senat bereits Opfer einer Gewalttat. Inzwischen gibt es eine zweite Website mit identischem Inhalt.
Schmidtkes Doppelrolle
Schon länger gibt es Hinweise, dass Schmidtke für die Website verantwortlich ist. Der 27-Jähriger spielt bei den Berliner Neonazis eine wichtige Doppelrolle: Schon als Jugendlicher war er in der gewaltbereiten Szene von Kameradschaften und „Autonomen Nationalisten“ aktiv, viele Nazidemos in Berlin meldet er an. In seinem Laden verkauft er Pfefferspray und Schlagstöcke. Zudem macht er seit einigen Jahren Karriere in der NPD; im Februar stieg er zum Landesvorsitzenden auf. Mit der taz wollte er am Freitag nicht sprechen.
Die Rechtsextremismusexperten von Parteien und Initiativen hatten schon länger darauf gedrängt, gegen die Hintermänner der Website vorzugehen. Die Behörden argumentierten, es lasse sich nichts dagegen ausrichten, weil die Server im Ausland stehen.
Mitte Februar hat die Staatsanwaltschaft dann ein Rechtshilfeersuchen an die USA gestellt, um an die Betreiber der Website zu kommen. Dieses Verfahren habe jetzt aber keine Rolle gespielt, sagte ein Polizeisprecher der taz. Ausschließlich „landeseigene Ermittlungen“ hätten den Ausschlag für die Durchsuchungsaktionen gegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen