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Neuer Werbespot des „Guardian“Die Schweine und der Wolf

Der „Guardian“ kann es einfach. Die britische Tageszeitung zeigt in ihrem neuen Werbespot wunderbar, wie die neuen Medien den Journalismus verändert haben.

Der „Guardian“ übt sich nicht gerade im Understatement. Bild: screenshot: youtube

Die neuen Medien haben den Journalismus verändert. Diesen Satz hört man oft und fragt sich genauso oft, was diese Floskel denn jetzt eigentlich bedeuten soll. Der Guardian hat diese Frage aufgegriffen und in seinem neuen Werbespot lebendig illustriert. Als Beispiel muss ein Märchen herhalten. Das erinnert zuerst ein bisschen an einen Shrek-Film, aber es wird ernst. Die drei kleinen Schweinchen sind in der Guardian-Version gar nicht so unschuldig, wie uns früher erzählt wurde.

Wem das Märchen nicht mehr so geläufig ist, hier zur Erinnerung: Jedes der drei kleinen Schweinchen hat ein Haus. Eines aus Stroh, eines aus Holz und eines aus Stein gebaut. Der Wolf pustet die Häuser aus Stroh und Holz um und landet dann, bei dem Versuch durch den Schornstein in das Steinhaus zu klettern, im Kochtopf. Hier ist das einseitige Märchen zu Ende und der Guardian-Spot beginnt:

Die Polizei stürmt das Haus und nimmt ein kleines Schweinchen fest. Der Guardian titelt: „Wolf bei lebendigem Leib gekocht“. In den sozialen Netzwerken bilden sich zwei Fronten über der Frage, ob es denn gerechtfertigt sei, einen Eindringling zu töten. Die drei Schweinchen haben viele Unterstützer, aber auch der Wolf findet Sympathisanten.

Suppenhuhn an der Gedenkstätte

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Ein Youtube-Nutzer postet ein Video, das beweisen soll, dass der Wolf Asthma hatte. Mit einer Simulation wird schließlich festgestellt, dass der Wolf körperlich gar nicht in der Lage gewesen wäre, die Häuser zu zerstören. Schon ist er nicht mehr der Täter, sondern das Opfer. Ein Mädchen legt an einer Gedenkstätte für den Wolf ein Suppenhuhn nieder.

Ein Sprecher der Polizei klärt die Geschichte auf. Die Schweinchen konnten ihren Kredit nicht mehr abbezahlen und haben den Wolf als Täter vorgeschoben, um die Versicherung zu betrügen. Die Menschen auf Twitter und Co. sympathisieren trotzdem mit ihnen. Sie finden, dass die Banken an der verzweifelten Tat der drei kleinen Schweinchen schuld sind. Proteste mit rosa Schweinemasken folgen und die Demonstranten fordern eine Reform der Banken.

Hier ist man auf einmal wieder in der Realität angelangt, die Bilder kommen einem bekannt vor. Es sind Bilder, wie sie auch von den Occupy-Bewegungen in den Medien zu sehen waren.

„The whole picture“ lautet der abschließende Werbespruch des Guardian. In drei Worten wird so verdeutlicht, was sich im Journalismus in den letzten Jahren grundsätzlich geändert hat.

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6 Kommentare

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  • A
    anke

    Jo, Schweine-Presse!

  • J
    jejeje

    Ich finde gut, dass es diese Kommentare bei der taz gibt, aber schade, dass sie manchmal so ein stiefmütterliches Dasein führen und Autoren und Zeitung so selten mit ihnen interagieren.

  • F
    Flint

    @jeesus: Also den TAZ-Kinospot habe ich ebenfalls gesehen, die Aussage am Schluß lautet jedoch: "taz ist nicht für jeden - das ist OK so(!).

    Das ist ein großer Unterschied zu ihrer Version.

    Die weniger gebildeten Menschen versuchen nichts an ihrem Zustand zu ändern und lesen weiterhin BILD.

    Das ist für mein Verständnis "traurig". Aber was soll man sagen? Im Grunde ist es OK...

  • GL
    guardian leserin

    da kann ich jeesus nur beipflichten. Vielleicht sollte sich die taz davon mal ne Scheibe abschneiden. Andererseits muss man natürlich auch die Budgetdifferenz zwischen beiden Zeitungen sehen ;o)

  • MB
    michael b.

    Das Werbevideo - nicht vergessen, es handelt sich dabei um eine mediale Verkaufsstrategie, die Prestige erzeugen soll (bzw. „likes“) - erinnert an nichts anderes, als dass sich der Journalismus da eingebettet hat und sieht (er bemerkt es nur merkwürdigerweise nicht), wo er sich von Anfang an den Machern nach verortet hat - der gesellschaftlichen Basis.

    Das Werbefilmchen reproduziert zugleich in modischen, rasanten Bildern den ebenso modischen medialen Hype, der umgangssprachlich unter "fortschrittlich" "demokratisch" und "sozialer“ und „Vernetzung" läuft und zeigt - wobei es immer noch viel, viel zu wenig und dagegen viel, viel zu sehr den gängigsten Vorstellungen wie etwa von Zeit geschuldet bleibt (also uralten Konventionen) und dem entsprechend eingekleidet daher kommt: Von da, Anfang, nach dort, konstruiertes offenes ende - wieso eigentlich nicht umgekehrt, wieso eigentlich nicht Beides offen --- weil es eben unüberschaubar, unproduzierbar, unmöglich darzustellen, vorzustellen - schlicht unmodisch wäre; am Prinzip vorbei.

     

    Es ist außerdem schade und langweilig zu behaupten, dass ein schlicht technisch professionell gemachter Werbespot belegen soll, wie sich ein junger, moderner Berufszweig wie der Journalismus - selbst eine Mode der Distinktion - wiederum Moden unterworfen - als modebezüglich relevant herausstellen soll. Das hieße, den Regen an den Wolken festmachen.

     

    Mögliche Grundsatzfragen und -debatten bezüglich der Darstellungsmöglichkeiten moderner Spielverfahren verfehlt der Werbespot damit, genauso seine Fürsprecher bzw. Freunde und (die bislang zu vernehmenden, kaum hörbaren) Kritiker.

     

    Es scheint, man beharrt zunehmend - und zunehmend versessen - darauf, schwache Skizzen von Weltvorstellungen im Spiegel von Moden und (modischen) Medien zu sehen und sie darauf bezogen "reflektiert" als Erklärung von Prozessen und Bbewusstsein, von Wissen, damit und darüber erklärbar sogar als Ergebnis einer Entwicklung von Menschsein vorzustellen.

    Dabei genügte, auch medial, ein Blick auf die Traumgeschichte der Menschen, beginnen bei den Assyrern.

    Größenwahn? Vielleicht.

    Mit Sicherheit ein Mangel an Bescheidenheit und ein Überfluss an falsch verstandenen Identitätsvorstellungen (und -möglichkeiten).

  • J
    jeesus

    Davon sollte die taz mal inspirieren lassen. Aber das Prinzip der taz ist ja ein sehr elitäres, wie der "taz ist nicht für jeden - gut so"-Spot zeigt, in dem das klassistische Weltbild der taz zum Ausdruck kommt, das weniger gebildete Menschen diskriminiert.