Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Gefiltert wird nicht!
Hosting-Provider können nicht verpflichtet werden, auf ihren Seiten mit Filtersystemen nach Urheberrechtsverletzungen zu suchen. Das haben die Luxemburger Richter entschieden.
FREIBURG taz | Soziale Netzwerke wie Facebook können nicht verpflichtet werden, einen Copyright-Filter einzubauen. Das hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Das Urteil betrifft einen Fall aus Belgien, gilt aber in der ganzen EU.
Ausgelöst hat den Streit die belgische Musik-Verwertungsgesellschaft Sabam, die der deutschen Gema entspricht. Sie vertritt die Rechte der Komponisten, Textdichter und ihrer Verlage. Sabam verklagte 2009 das soziale Netzwerk Netlog, das europaweit nach eigenen Angaben 95 Millionen Nutzer hat.
Weil auf Netlog auch illegal Musik getauscht werde, solle das Netzwerk künftig solche Aktivitäten verhindern und kontinuierlich alle von den Netlog-Nutzern gespeicherte Daten kontrollieren.
Das zuständige belgische Gericht hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob ein derartiger Copyright-Filter mit EU-Recht vereinbar wäre. Der EuGH hat dies nun verneint. Der Einbau von Copyright-Filtern könne von sozialen Netzwerken nicht verlangt werden. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, von sozialen Netzwerken auch präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Urheberrechtsverstößen zu fordern. Eine zeitlich unbegrenzte Filterung der Daten aller Nutzer verstoße jedoch eindeutig gegen EU-Recht.
Das EuGH argumentiert auch mit europäischen Grundrechten
Der EuGH berief sich dabei auf die EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr aus dem Jahr 2000. Danach ist es ausdrücklich verboten, von Dienstanbietern die Einrichtung allgemeiner Filter für rechtswidrige Inhalte zu verlangen.
Bestärkend argumentierte der EuGH auch mit europäischen Grundrechten. So wäre Netlog übermäßig belastet, wenn das Netzwerk auf seine Kosten ein kompliziertes und teures Filtersystem einführen müsste. Außerdem würde ein solcher Filter auch die Rechte der Netlog-Nutzer auf Datenschutz und Informationsfreiheit beeinträchtigen.
Im November hatte der EuGH in seinem Scarlet-Urteil bereits entschieden, dass Internetprovider wie T-Online nicht verpflichtet sind, Copyright-Filter einzuführen. Das Urteil wurde jetzt auf soziale Netzwerke übertragen. Der ausdrückliche Hinweis auf die Grundrechte dürfte ein Wink an die Politik sein, dass eine allgemeine Filterpflicht auch nicht durch Änderung des EU-Rechts eingeführt werden könnte, sondern generell unverhätnismäßig wäre.
Das umstrittene Acta-Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums sieht nach Protesten in seiner endgültigen Fassung keine Filterpflicht mehr vor.
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