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Vierter Roman des SchriftstellersDas Imperium des Christian Kracht

Er sähe sich gern in einer Reihe mit Thomas Mann, Lord Byron oder Hergé. Nächste Woche erscheint Christian Krachts vierter Roman: "Imperium".

Der Autor in jüngeren Jahren: Christian Kracht 2007. Bild: Anthony Shouan-Shawn

Christian Krachts Roman "Faserland" war 1995 tatsächlich ein Ereignis. Kaum dreißigjährig ließ Kracht, Abkömmling der Oberschicht, die Hosen literarisch runter. Und zwar zur Gänze. Volltrunken und verpeilt zeigte er sich als Romangestalt zwischen Kampen (Sylt) und Meersburg (Bodensee). Kaum jemand in der jüngeren deutschen Literatur schiss und kotzte wohl so stilvoll in die Zimmer teurer Hotels. Und kaum jemand konnte sich und seine Umgebung so treffend und snobistisch beschreiben - bis zur Karikatur seiner selbst.

Das schien vielen radikal, einigen unkorrekt, Elitismus und Bekenntnis zur materiellen Differenz, manchen sogar befreiend. Die deutsche Literatur der 1990er Jahre hatte hier in jedem Fall eine neue existenzialistische Stimme: einen Nihilisten und früheren Salemer Internatsschüler, der sich auf seiner Suche nach Freundschaft, Ruhm und Größe ästhetisch auch gegen das eigene Milieu wandte.

Das ist lange her. Kracht wollte höher hinaus, als nur betrunken in den Bodensee zu fallen. Er ging auf Fernreisen und veröffentlichte in größeren Abständen die Romane "1979" (2001) sowie "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" (2008). Nach seinem biografisch angelegten Schocker "Faserland" begann er die folgenden Erzählungen sorgsam zu verrätseln. Der schriftstellerische Solitär setzte sich so von der unmittelbar und pubertär wirkenden Drastik seiner Sturm-und-Drang-Phase ab, um sich nach und nach ein eigenes Reich aus Mythen und Märchen zu erschaffen.

Wenn es jedoch eine Konstante in Krachts Werk gibt, so ist es sein Streben nach Erhaben- und Überlegenheit gegenüber einer allzu gewöhnlich erscheinenden Gegenwart und Umgebung. Die Übertragung der snobistischen Haltung auf utopische und erfundene Sujets zeitigt aber bereits im Erzählfluss von "1979" zwiespältige Ergebnisse. Hier mischte der Autor seine auf Reisen gewonnenen Eindrücke mit historischen Szenen der Revolution in Iran von 1979, also subjektive Eindrücke mit faktischen historischen Begebenheiten.

Erhabenes und Bärte

Ein kniffliges Spiel mit einigen Stolperfallen. So lässt Kracht in "1979" einen seiner westlichen Bohemiens in einem Teheraner Krankenhaus verrecken, das er als ein von Bärtigen geführtes Schlachthaus inszeniert. Doch bei aller surreal und frei wählbaren Allegorie, das muss irritieren. 1979, zur Revolutionszeit, in der Krachts Roman angelegt ist, war eine religiös anmutende Bart- oder Haartracht in den staatlichen Institutionen des Irans ein völliges Tabu. Das Krankenhauspersonal, auch im Teheraner Süden, musste streng laizistischen Outfits entsprechen. Kracht klebte ihnen nachträglich die bedrohlichen Bärte an. Doch mit welchem Sinn? Wer historische Details nachträglich ändert, sollte wissen, warum. Ansonsten wirkt es wie in "1979" merkwürdig und willkürlich.

Bild: taz
Sonntaz

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Seinen Ruhm tat dies jedoch hierzulande keinen Abbruch. Kracht blieb der radikale Existenzialist mit poetologisch-spleeniger Vorstellungskraft, der von der vornehmen, aber nicht uninteressanten Seite. Theaterregisseure wie Armin Petras inszenierten seine schwer verständliche, dafür umso tiefsinniger wirkende Kriegsparabel auf die fiktive Schweizer Sowjetrepublik ("Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten"). Seine oftmals sehr schematisch angelegten Figuren eignen sich offenbar gut, um sie mit Theaterpsyche anzufüllen.

Und Punk- und Postpunk-Legenden wie Schorsch Kamerun (Die Goldenen Zitronen) oder Dirk von Lowtzow (Tocotronic) liehen dem Expopper Kracht jüngst ihre coolen Stimmen. Im Dezember erschien eine entsprechend opulent ausstaffierte Hörspieledition im Zürcher Swissandfamous-Verlag. Der egalitäre von Lowtzow ("Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein", sang er 1995) liest jetzt das elitäre "Faserland", das klingt bezaubernd und zugleich verwirrend. Vielleicht scheint aber auch vieles von heute aus gesehen nur sehr, sehr weit weg.

Vegetarier und Sonnenanbeter

Ebenso wie das Zeitalter des Imperialismus, in das Kracht seinen neuen Roman "Imperium" angesiedelt hat. Angesiedelt ist das richtige Wort: Kracht schickt seine Hauptfigur, den jungen August Engelhardt, teils erfundene, teils reale Person ins deutsche Schutzgebiet in der Südsee. Auf einer Insel vor der Ostküste Neuguineas lässt er den immer verrückter werdenden Vegetarier und Sonnenanbeter Kokosnüsse anbauen und sich ausschließlich von diesen ernähren.

"So wird nun stellvertretend die Geschichte nur eines Deutschen erzählt werden, eines Romantikers, der wie so viele dieser Spezies verhinderter Künstler war, und wenn dabei manchmal Parallelen zu einem späteren deutschen Romantiker und Vegetarier ins Bewusstsein dringen, der vielleicht lieber bei seiner Staffelei geblieben wäre, so ist dies durchaus beabsichtigt und sinnigerweise, Verzeihung, in nuce auch kohärent." In dieser maniriert wirkenden Tonlage trabt diese - laut Verlagswerbung - "deutsche Südseeballade" dahin. Solche Hitler-Anspielungen und kleinen Witzchen sind aber auch schon das Schärfste, was uns der gereifte und überaus gebildete Herr Kracht in "Imperium" serviert.

"Die nackten Füße des kleinen alten Ceylonesen klatschten lautmalerisch und monoton auf der Straße vor und unter ihm; Engelhardt überlegte, ob der Rikscha-Wallah wohl so schnell rannte, weil der Asphalt so heiß war, oder ob die Geschwindigkeit sozusagen Teil der Erwartungshaltung der Fahrgäste war, die rasch zum Ziele kommen wollten." Nicht wenige der Beschreibungen in "Imperium" erinnern eher an schlichte Reiseprosa, an Betrachtungen, wie sie auch von literarisch ungeschulten Pauschalreisenden stammen könnten.

Kracht, der allmächtige Erzähler, lässt seinen Engelhardt "stattliche Sikhs" erblicken oder aber übersehen, wie "der Tamile, noch stärker lächelte als zuvor und dabei das Gebiss regelrecht bleckte wie ein Hund". Es sind im Rahmen einer als Klamotte angelegten deutschen Südseeballade sicherlich gestattete Ausführungen, jedoch auffällig ist schon, dass die "pittoresken" Landschaften in Krachts "Imperium" deutlich mehr Leben in sich tragen als die vorgestellten Eingeborenen.

Vom Snob zum Spießer

Der einmal am Anfang von Krachts Karriere stehende erfrischende Snobismus ist einer blassierten Dünkelhaftigkeit gewichen. "Jener Hoteldirektor Hellwig, dem im Übrigen das linke Ohr vollständig fehlte, firmierte in Herbertshöhe nicht nur als Makler für dies und das, sondern galt auch als direkter Zugang zu Frau Emma Forsayth, die Engelhardt vom amtierenden Gouverneur Hahl anempfohlen worden war, nachdem er noch aus Nürnberg brieflich vermeldet hatte, er sei am baldigen Erwerb einer Kokosplantage interessiert." Die Versuche, das wilhelminische Deutschland durch sprachliche Nachempfindung wiederauferstehen zu lassen, erweisen sich als äußerst schleppend, mithin qualvoll. Der Humor - "Die Sonne schien, ach, wie sie schien" - knarzt.

"Faserland" war 1995 der eindrucksvolle Versuch, all diejenigen literarisch vor den Kopf zu stoßen, die eine feste Vorstellung davon hatten, was ein Junge, dessen Ausbildung im Eliteinternat Salem Eltern jährlich um die 30.000 Euro Schulgeld kostet, forthin zu leisten habe. Und auch alle, die aus kleinbürgerlichen Motiven Leuten wie Kracht die wohlhabendere Herkunft neiden. Doch von dem schriftstellerischen Rebellen hat er sich seither Buch um Buch verabschiedet, auch wenn er sein Werk gern als logische Fortentwicklung darstellt.

In "Imperium" zieht er sich jetzt auf ein ganz und gar lächerliches, gehobenes Spießertum zurück. Eines, das behauptet, ein "durchnässter Berliner", "labberige Bratwürste" "mesmerisiert kauend", verkörpere "das gesamte Elend seines Volkes", "die überfettete, gleichgültige Trostlosigkeit" als Teil des Deutschen und des Untertanenfaschismus. Schade, da war mal mehr drin.

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12 Kommentare

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  • RP
    Ralph Pordzik

    Ein uninformierter Beitrag, der in unzulässiger Weise Autor und Erzähler vermischt. Wenn etwas qualvoll ist, dann gewiss nicht Krachts Deutsch, sondern diese Art unfertiger Rezensentenprosa. Wäre dies eine Hausarbeit in einem Seminar, würde ich sie mit der Bemerkung "nicht ausreichend" zurückgeben.

  • S
    Schiba

    Ich finde die Rezension recht erhellend. Kracht ist ein Autor, dessen Energien sich vorrangig darauf richten, seine neobürgerliche Klientel, die stets auf "Beeindruckt werden" aus ist, zu befriedigen - stets in jener eigentümlichen Mischung aus Rotz und Stil, die als höchstes literarisches Gütesiegel gilt

  • F
    Free

    Herr Fanizadeh könnte ein paar Übungsstunden neuer deutscher Rechtschreibung vertragen ...

    Und vielleicht wäre es tatsächlich ratsam zu bloggen, anstatt uns hier mit "Pseudorezensionen" zu quälen.

    Verstanden hat er leider weder den Text noch den Autor. Etwas Recherche hat noch nie geschadet.

     

    Liebe taz: Schade, da war mal mehr drin ...

  • SH
    Serge Hertrich

    Faserland: Genial

     

     

    Herr Kracht kann bei all seinem anlytischen Geist seiner Herkunft nicht verweigern.

     

    every day should be a holiday

  • S
    Satansbraten

    Klar, daß man Autor und Erzähler nicht verwechseln sollte. Wenn man aber diesen Autor mal was erzählen hört, fällt es mitunter schwer, sich diese Verwechslung zu verkneifen.

  • F
    Feldweg

    "maniriert oder manieriert?

    Richtig: manieriert

     

     

    Möchte man ausdrücken, dass jemand gekünstelt, aufgesetzt oder übertrieben handelt, dann kann man ihm Manieriertheit attestieren. Dann ist sein Verhalten offensichtlich genauso falsch wie die Schreibung »maniriert« ohne das erste e nach dem ersten i.

     

    Woher kommt diese ungewöhnliche Schreibung »manieriert« mit dem zweifachen ie? Die Erklärung ist so simpel wie einleuchtend: Das Adjektiv leitet sich direkt von der »Manier« ab, mit der man die persönliche Eigenart eines Künstlers bezeichnet. Das Wort stammt vom lateinischen »manus« (die Hand) ab. Davon kommen auch die guten »Manieren« als Bezeichnung für gute Umgangsformen. An die »Manier« angehängt wird die Endung »-iert« und fertig ist das Adjektiv.

     

    Kennt man die Verbindung zwischen »manieriert« und »Manier« nicht, dann werden Schreiber zusätzlich vom bekannten Wort »mariniert« verunsichert, welches aber vom französischen »mariner« abstammt. Ein einfacher Konsonantentausch scheint da sehr verlockend zu sein.

     

    In der Kunstgeschichte wird übrigens die Übergangsform zwischen Renaissance und Barock als Manierismus bezeichnet. Charakteristisch für manieristische Kunstwerke ist deren gekünstelter Stil, der zuweilen als schwülstig empfunden wird.

     

    Fazit: Mit dem Wissen um die Herkunft des Wortes ist die richtige Schreibung »manieriert« einfach. Kürzt man »manieriert« um sein erstes e, dann fließen beim Sprachwissenschaftler keine geschauspielerten Tränen sondern echte."

     

     

    http://www.lektor.at/beliebte-rechtschreibfehler/l-bis-s/maniriert-oder-manieriert/

  • RL
    Richard Lauda

    Sollten Rezensenten nicht nur über 'Geschmack' (lässt sich ja streiten darüber...), sondern auch über ein gewisses Abstraktionsvermögen verfügen?

     

    Autor = NICHT = Erzähler = NICHT = Figur. Weder in Faserland, noch in den anderen Romanen Krachts. Die literaturwissenschaftliche Forschung zu Kracht hat mit der autobiographischen Legende seit Jahren aufgeräumt. (Da reicht es, Moritz Baßlers sehr schönes Buch zur Pop-Literatur auch nur durchgeblättert zu haben, um das zu verstehen.) Diese eklatante Ignoranz wirft leider ein schlechtes (schlichtes?) Licht auf den Rest des Artikels.

     

    Schade für die taz.

     

    Empfehlenswerte Bettlektüre: Sammelband von Birgfeld & Conter. Aber dann auch bitte lesen, nicht nur durchblättern...

  • N
    Nina

    blassiert? Nun ja.

     

    Das Buch ist so schlecht nicht. Es hat ein paar Inspirationen von Harald Tessens Roman "Geistersommer". Der ist so heftig, dass mehrere Rezensenten sich weigerten, etwas zu schreiben.

  • P
    Piet

    Tja, erlesen geht die Welt zugrunde...

     

    Um aber wirkungsvoll den Erlesenheitskasper zu mimen,

    ist echter Stil unabdingbar.

     

    Sonst kommt nur eine bemühte littérature fabriquée

    dabei heraus.

     

    Mein Tipp an Herrn Kracht?

    Mal wieder Joseph Roth zur Hand nehmen.

    Oder Max Beerbohm im Original!

  • M
    moin

    Erbärmliche, kleingeistige Rezension.

     

    "Schade, da war mal mehr drin"...

     

    *prust*

     

    Wer ist hier der Snob?

  • OR
    Oliver Röse

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    Es muß: "...seinem Ruhm..." heissen und "blasiert" wird nur mit einem "s" geschrieben. Hilfreich wäre sicher auch, wenn der Autor einmal die Bedeutung von "snobistisch" nachschlagen würde. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine dermassen schlechte und durchsichtige, als Rezension getarnte Nörgelei gelesen zu haben.

  • RA
    Robert Albus

    Es ist schon ein wenig peinlich, wie hier wiederholt Autor und Erzähler verwechselt werden.