Kommentar Anti-Castor-Proteste: Gorleben rückt ins Zentrum
Nie ging es bei den Protesten mehr um Gorleben als dieses Mal. Auch Ministerpräsident McAllister ist verbal mehr und mehr vom Standort abgerückt. Das reicht nicht.
G roß waren die Befürchtungen vieler Atomkraftgegner, die Zeit der Massenproteste könne vorüber sein. Viele glaubten, nach dem Atomausstiegsgesetz als Antwort auf Fukushima würden in diesem Jahr die Camps im Wendland leer bleiben, die lokale Bevölkerung sich mit der Polizei allein herumschlagen müssen. Das Gegenteil war der Fall.
Trotzdem hat der Beschluss, die deutschen AKWs abzuschalten, die Proteste verändert. War Gorleben früher für viele vor allem strategischer Angriffspunkt, um die Atomkraftnutzung insgesamt anzugreifen, spitzen sich die Proteste nun auf die Standortfrage für ein Endlager zu. Man könnte auch sagen: Nie ging es mehr um Gorleben als dieses Mal.
Die Bevölkerung vor Ort hat in der Vergangenheit nie versucht, die Proteste im Wendland auf ihre Partikularinteressen zu verengen. Stets lautete die erste Forderung, keinen weiteren Atommüll zu produzieren - und erst dann über das nötige Endlager zu diskutieren. Diesem Zustand könnte man nun mittelfristig zumindest näher kommen.
Christian Jakob ist Redakteur bei taz Nord.
Damit drängt in die Debatte, was außer den Anwohnern lange niemanden so richtig interessiert hat: Der Standort Gorleben wurde in den 1970er Jahren von der CDU-Regierung unter Ernst Albrecht aus politischen - und nicht aus sachlichen Gründen ausgewählt. Und die bisherige Erkundung hat die schon damals bestehenden Zweifel an der Eignung eher verstärkt.
Daran erinnert sich langsam offenbar auch die niedersächsische CDU selbst. Immer weiter ist Ministerpräsident McAllister in der letzten Zeit verbal vom Endlagerstandort Gorleben abgerückt. Doch nach Jahrzehnten enttäuschter Erwartungen bedarf es deutlich mehr, damit ihm der Sinneswandel abgekauft wird.
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