OECD legt Wirtschaftsausblick vor: EU auf Schrumpfkurs
Düstere Aussichten für die Euro-Staaten Griechenland, Portugal und Italien: Die Wirtschaft der Länder wird nach Einschätzung der OECD 2012 schrumpfen. Deutschland könnte sich ab Mitte 2012 erholen.
PARIS dpa | Die Eurozone rutscht nach Einschätzung der OECD in eine neue kurzfristige Rezession. Sowohl in diesem als auch im nächsten Quartal werde die Wirtschaftsleistung der 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung voraussichtlich schrumpfen, heißt es im neuen Konjunkturausblick der Industrieländerorganisation. Erst ab dem zweiten Quartal sei wieder mit positiven Zahlen zu rechnen - und das auch nicht überall.
Für Deutschland liegt die neue OECD-Wachstumsprognose bei minus 0,6 Prozent für das vierte Quartal 2011 und bei minus 0,3 Prozent für das erste Quartal 2012 - jeweils im Vergleich zum Vorquartal. Für die Euroländer zusammen sind es minus 1,0 beziehungsweise minus 0,4 Prozent. "Die Situation der Weltwirtschaft hat sich seit dem Frühjahrsausblick der OECD deutlich verschlechtert", kommentiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Für das Gesamtjahr 2012 prognostizieren die OECD-Experten in der Eurozone nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. In den Krisenstaaten ist die Lage noch düsterer. Für Italien wird ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent prognostiziert. Portugal muss sogar mit einem Minus von 3,2 Prozent rechnen. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent. Erst 2013 können die Krisenstaaten wieder auf positive Zahlen hoffen.
Im ebenfalls hoch verschuldeten Frankreich wird nach Einschätzung der OECD ein weiteres Anti-Defizit-Programm notwendig. Die Experten senkten die Wachstumsprognose von 2,1 auf 0,3 Prozent. Die Regierung selbst rechnete zuletzt mit 1,0 Prozent Wachstum.
"Um die Ansteckungsgefahr in der Eurozone einzudämmen, muss der Europäische Rettungsfonds erheblich aufgestockt und die Europäische Zentralbank mit einbezogen werden", forderte Chef-Volkswirt Pier Carlo Padoan am Montag zur Vorstellung des Ausblicks in Paris. "Diese deutlich erhöhte Feuerkraft muss mit Reformen einhergehen, die fahrlässigem Verhalten entgegenwirken."
Relativ optimistisch blickt die OECD unterdessen auf die Lage in Deutschland. Die wirtschaftliche Entwicklung werde zwar bis ins Frühjahr hinein schwach bleiben. Von Mitte 2012 sei dann aber mit einer Erholung zu rechnen. "Im Jahr 2013 dürfte das Wachstum stärker ausfallen als in anderen Mitgliedern des Euro-Raums, nicht zuletzt, da kein nennenswerter Abbau von Privat- und Unternehmensschulden erfolgen muss", schreibt die OECD in ihrem jüngsten Ausblick. Für 2012 rechnet sie mit einem Wachstum von 0,6 Prozent.
Als weiteren großen Risikofaktor neben der Eurokrise bezeichnete die OECD die Lage in den USA. "Sollte kein Weg gefunden werden, die Sparmaßnahmen abzumildern, die per Gesetz ab 2013 greifen, könnte das die Wirtschaft in eine Rezession stürzen, die durch politische Mittel kaum noch aufzufangen wäre", erklären die Experten. Bislang rechnen sie noch mit einem Wachstum von 2,0 Prozent im Jahr 2012 und 2,5 Prozent im Jahr 2013.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht