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DJV macht Werbung für AutovermieterHuch, einfach durchgerutscht!

In einem Mitgliederrundschreiben wirbt der Deutsche Journalistenverband für den Autovermieter Sixt. Angeblich ist alles nur ein Versehen.

Mietwagenanbieter Sisxt kann gute Presse momentan gebrauchen. Bild: dpa

Wenn Journalisten sparen wollen, dann googeln sie das Wort "Presserabatte". Auf verschiedenen Seiten im Internet können sie sich über Sonderkonditionen informieren, über Ermäßigungen beim Autokauf, beim Buchen von Hotelübernachtungen, beim Kauf von Kinotickets oder Designermöbeln.

Medienvertreter haben diese Privilegien aus einem einzigen Grund: weil sie Medienvertreter sind. Unternehmen, die derartige Rabatte anbieten, versprechen sich Einflussnahme. Unter Journalisten sind Presserabatte ein heikles Thema. Kaum jemand gibt gerne zu, dass er seinen Flug zur Hälfte von der Fluggesellschaft zahlen lässt, obwohl er eigentlich privat fliegt.

"6 gute Gründe"

Umso erstaunlicher ist ein Mitgliederrundschreiben des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), der größten deutschen Mediengewerkschaft mit 38.000 Mitgliedern. Das Schreiben wirbt offensiv für den Presserabatt eines Mietwagenanbieters: "Den DJV und Sixt verbindet eine langjährige Partnerschaft", heißt es darin.

"Wir freuen uns Ihnen daher heute nochmals mitzuteilen, dass alle Reisenden des DJV von den attraktiven Mietwagenkonditionen bei Sixt profitieren können." Weiter unten werden "6 gute Gründe" aufgelistet, "sich für Sixt zu entscheiden".

Woher stammt das Schreiben? Die Bundesgeschäftsstelle des DJV verweist auf Anfrage auf die "Verlags und Service GmbH" des DJV (DJV-V&S GmbH) in Bonn. Deren Geschäftsführer, Wolfgang Bickelmann, räumt zwar ein, dass die Kooperation mit Unternehmen in seinen Aufgabenbereich falle - die DJV-V&S GmbH biete für Mitglieder auch Rabatte anderer Mietwagenfirmen an.

Von dem Werbeschreiben will er aber noch nie gehört haben. DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner widerspricht der Darstellung Bickelmanns. "Er weiß etwas von diesem Schreiben", sagt Zörner. "Es ist unglücklich formuliert." Der Rundbrief sei offensichtlich von Sixt selbst geschrieben und "durchgerutscht", so Zörner.

Sixt selbst weist den Vorwurf zunächst zurück. Die auf dem Mitgliederrundschreiben genannte "persönliche Ansprechpartnerin" beteuert, nichts von der Existenz des Schreibens zu wissen, und verweist auf die DJV-V&S GmbH und Geschäftsführer Bickelmann. Auf erneute Anfrage bestätigt dieser, dass der Werbebrief von einer Sixt-Mitarbeiterin formuliert und auf "ein oder zwei" Veranstaltungen ausgelegt worden sei. "Das ist mir durchgerutscht", sagt auch Bickelmann.

Sixt braucht gute Presse

Die genannte Sixt-Mitarbeiterin war telefonisch nicht zu erreichen und sei, so eine Kollegin, auf einem "ganztägigen Meeting". Ist es Zufall, dass Sixt gerade jetzt Journalisten mit Rabatt-Bonbons umwirbt? Der Mietwagenanbieter kann im Moment gute Presse gebrauchen. Im Juni warfen vier Sixt-Mitarbeiter ihrem Unternehmen vor, die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern.

Der DJV versichert, das Schreiben nicht mehr verbreiten zu wollen. "Dafür wird Sorge getragen", sagt Pressesprecher Zörner.

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3 Kommentare

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  • F
    frank

    Soso, Journalisten lassen sich also ihre Urlaubsflüge zur Hälfte von der Airline bezahlen? Habt ihr da auch eine Quelle für oder ist das eher Wunschdenken? Meine Erfahrungen sehen eher so aus, dass Presserabatte bei Pauschalreisen vielleicht zehn Prozent ausmachen und bei Neuwagen zwischen 12 und 17 Prozent auf den Listenpreis liegen (wohl gemerkt: Den Listenpreis bezahlt sonst auch kein Autokäufer, die kriegen alle einen Barzahlerbonus, eine 0%-Finanzierung oder sonst ein Goodie). Dass der DJV für einen Rabatt bei einer Autovermietung wirbt, ist unelegant und unschön. Allerdings hat der DJV auch Rabatt-Vereinbarungen mit anderen Autovermietungen - ähnlich wie das der ADAC und manch andere Gewerkschaften haben. An die sehr günstigen Sätze, die man als Firmenkunde bekommt (auch zur privaten Nutzung), wenn man etwa bei Bertelsmann arbeitet, kommen all diese Tarife jedoch bei weitem nicht heran. In der Summe lohnen sich Presserabatte nur selten. Oft gibt es ganz normal am Markt gleichwertige oder günstigere Alternativen.

     

    Die Vorstellung, Journalisten würden von vorn bis hinten geschmiert und seien deshalb alle korrupt, würde vielen Leuten sehr gut in den Kram passen. Allein: Träfe sie zu, wäre die wirtschaftliche Situation vieler Journalisten nicht so lausig. Bei Politikern hat sich die Gesellschaft darauf verständigt, sie ordentlich zu bezahlen, damit sie gegen Korruption weniger anfällig sind. Journalisten müssen das so schaffen.

  • D
    DL2MCD

    Wie dämlich, ausgerechnet Sixt, der vorne zwar scheinbar tolle Rabatte gibt (auch Nichtjournalisten), dann aber hinten über merkwürdige, unerklärbare Zusatzgebühren abkassiert. Den kann man nun wirklich nicht empfehlen. Nicht mal geschenkt. Haben sie die Kontodaten, wird abkassiert.

     

    Journalistenrabatte, my ass. Jeder Metzger bekommt über die Innung seinen Daimler billiger als ein Journi, der ihn sich auch mit Rabatt nicht leisten kann.

  • MW
    macht Werbung

    Journalisten sind die weißen Blutkörperchen und Lebensmittelkontrolle und Bauprüfung und TÜV der Manager und Politiker.

    Ausser in Diktaturen. Da muss man nur PR-Meldungen und FAXE vom Diktator verkünden und Bilder vom Diktator auf Festivitäten. Was ein Glück, das der DJV so qualitätsbewusst ist.

    Das Knowhow war früher m.E. größer. Manche Dikaturen sind inzwischen ziemlich durchdummt und Diktator muss seine Reden selber schreiben weil er immer weniger kostenlose Praktikanten findet, die lesbare Sätze produzieren. Die Durchdummung der Diktatur bewirkt einen masissiven Handlanger-Mangel weil die Durchdummten nichts mehr gebacken kriegen.

    Was ein Glück das hier alles besser und eine lupenreine Demokratie ist.

     

    Wieso werden Presserabatte nicht abgeschafft ? Ab 35 Euro Begünstigung beginnt glaube ich Korruption. Und bei Weihnachtsfeiern Geschenke, Goodies u.ä. sind auch im Maximalpreis als Betriebsausgabe pro Kopf begrenzt glaube ich.