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Kommentar Schuldenkrise GriechenlandVöllig verquere Analyse

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

CSU und FDP erwecken den Eindruck, als würde Deutschland Geld sparen, wenn Athen in die Insolvenz geschickt würde. Unfug! Die Steuerzahler müssten die Kosten tragen.

S pät, aber immerhin: Jetzt hat auch die deutsche Regierung entdeckt, dass Griechenland ernsthaft pleite ist. Das Euroland wird seine Schulden niemals komplett zurückzahlen können. Insofern ist es konsequent, dass CSU und FDP über eine "geordnete Insolvenz" nachdenken.

Befremdlich ist allerdings, dass dabei die nationalistischen Untertöne nicht zu überhören sind. Beide Regierungsparteien erwecken den Eindruck, als würde Griechenland bestraft, wenn es in die Insolvenz geschickt würde - und als würde Deutschland irgendwie Geld sparen, wenn es die Griechen der Pleite überlässt. Das jedoch ist grober Unfug: Ein Konkurs Griechenlands würde die Bundesrepublik Milliarden kosten. Denn direkt und indirekt ist Deutschland einer der größten Gläubiger der Griechen. Direkt haftet die Bundesrepublik für einen Teil der Hilfskredite, die die Griechen erhalten haben. Indirekt würde Deutschland zudem von den Verlusten der Europäischen Zentralbank getroffen, die griechische Staatsanleihen aufgekauft hat.

CSU und FDP suggerieren, dass es bei einer Insolvenz um die Frage ginge, wer zahlt - die Griechen oder "wir". Doch ist dies eine völlig verquere Analyse. Denn es stand von Anfang an fest, dass bei einem Konkurs nicht allein die Griechen herangezogen werden. Schließlich haben sie ihre Staatsschulden zu großen Teilen im Euro-Ausland aufgenommen, weswegen nun genau dieses Euro-Ausland zahlen muss, wenn es zu einer Insolvenz kommt. Unter anderem also "wir", die Deutschen.

Bild: taz
Ulrike Herrmann

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Leider war es nicht folgenlos, dass Teile der Union und der FDP so nationalistisch agieren. Denn damit wurde der eigentliche Verteilungskonflikt verschleiert, der sich mitten in Deutschland abspielt. Die Frage war: Wenn eine griechische Insolvenz unvermeidlich ist - wer trägt die Kosten? Die deutschen Steuerzahler oder die Banken?

Inzwischen ist die Antwort klar: Es sind vor allem die Steuerzahler. Die Banken hätte man nur massiv beteiligen können, wenn es zugleich Eurobonds gegeben hätte. Diese gemeinsame Staatsanleihe aller Euroländer hätte verhindert, dass die Investoren reihum gegen angeschlagene Eurostaaten spekulieren und ihr Geld rechtzeitig abziehen.

Aber Eurobonds sind für FDP und CSU bis heute ausgeschlossen. Da müssten "wir" ja zahlen. Welch ein Irrtum. Es wären die Banken gewesen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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15 Kommentare

 / 
  • WB
    Werner Bläser

    Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Griechenpleite jetzt (realiv billig) oder Griechenpleite später (sehr teuer).

    Ein Haircut jetzt würde wohl an den Börsen zu einem Befreiungsschlag führen, nicht zu fallenden Banken. Erst gestern morgen meinte Standard und Poor's, dass die deutschen Banken garkeine staatliche Stütze benötigten, und selbst, wenn man sich die Zahlen der französischen en détail ansieht, ist das nicht dramatisch. Natürlich müsste man zur Sicherheit trotzdem Mittel aus dem ESM bereithalten.

    Eurobonds als Alternative? Das wäre die europäische Version der Asset-Backed-Securities. Tolle Idee, die desaströsen Fehler der Amis zu wiederholen.

    Überhaupt übersehen die Euro-Fundis mit ihrem Hinweis auf deutsche Exporte (40% in Euro-Länder), dass sich Exportströme im Lauf der Zeit ändern können(Aufkommen der BRICs). Ist es da verantwortbar, sich in Gefangenschaft der europäischen Schuldner zu begeben.

  • W
    Waage

    @wo ist das Problem

     

    Entschuldigen Sie, aber ich muss es jetzt mal so formulieren: so einen „groben Unfug“ wie von Ihnen liest man wirklich selten!

     

    Die Probleme Griechenlands haben mit Nichten und Neffen noch etwas mit der Reparationsfrage zu tun sondern sind größtenteils hausgemacht.

    Wenn Griechenland Reparationen in dieser Größenordnung bekommen hätte würde dort heute höchstwahrscheinlich keiner mehr arbeiten, oder seinerzeit hätte es die Militärjunta einfach verbraten.

     

    Schauen Sie doch mal in die Geschichte: riesige Geldtransfers, welche die Größe der jeweils nehmenden Volkswirtschaft übersteigen, haben bisher noch jedem Land das eigene Wirtschaften abgewöhnt und es letztlich dauerhaft ruiniert.

    Das bedeutet nicht, dass die BRD seinerzeit korrekt gehandelt hätte und nicht auch in irgendeiner Form z.B. über privilegierte Wirtschaftshilfe hätte Reparationen hätte leisten können bzw. sogar hätte müssen - aber der Drops ist inzwischen gelutscht.

    Ein Teil dieser Reparationen ist dann aber de Facto indirekt trotzdem über den Umweg der EU-Strukturfonds geleistet worden.

     

    Heute braucht Griechenland in erster Linie einen Schuldenschnitt. Es muss dafür, sozusagen als Gegenleistung überhaupt erst einmal einen "Boden in die eigene Fiskalpolitik einziehen" und in Zukunft eben wieder mit der Drachme wirtschaften.

     

    Eine eigene, relativ schwache Währung, muss speziell für ein Land, welches außer Tourismus und Landwirtschaft wenig zu bieten hat kein Drama sein. Dänemark, GB und z.B. Polen haben auch noch ihre eigene Währung. Insbesondere Polen wird sich in Zukunft schwer überlegen ob es überhaupt eine so "harte" Währung wie den Euro (1 Euro wird zur Zeit gegen 1,34 US-Dollar gewechselt!!!) haben will da es zur Zeit prächtig als Eu Mitglied mit dem Zloty prosperiert.

    Dabei kann auch Griechenland weiterhin Mitglied in der EU und wenn irgend möglich auch incl. Schengen bleiben.

     

    Wenn Deutschland Griechenland durch eine Schuldenschnitt und dann bei einem Neuanfang sinnvoll unterstützt wäre das ganz bestimmt besser als jetzt noch ohne Ende schlechtem Geld Gutes hinterher zu werfen...

     

    ...wo ist das Problem???

  • WI
    Wo ist das Problem?

    Das griechische Volk hat diese Kredite immer abgelehnt.

    Das, was es haben will, sind 1,5 Trilliarden Repartionsschulden, die Teutonenland nie bezahlt hat und damit sein Wirtschaftswunder erzaubert hat, um jetzt arrogant rumzustänkern.

  • F
    Friedrich

    Manchmal habe ich den Eindruck, als würden hier Leute kommentieren, die in ihrem Leben noch nie eine TAZ in der Hand gehalten haben.

    Ein wirklich fundierter Artikel!

  • K
    Karl-August

    Ich bin ja froh, dass auch Frau Herrmann mitlerweile erkannt hat, dass Griechenland faktisch pleite ist. Das ist schon mal etwas, auch wenn es lange gedauert hat.

     

    Dass der Steuerzahler am Ende dafür zahlen muss, dass Hilfskredite in ein Fass ohne Boden gepumpt wurden und die Zentralbank Ramschanleihen aufgekauft hat, sollte auch nicht verwundern. Aber jeder der darauf hingewiesen hat, war ja ganz böse "neoliberal".

     

    Es sollte auch klar sein, dass bei einer "geordneten Insolvenz" private Gläubiger ihren Anteil leisten müssen, schließlich haben sie bisher ordentliche Risikoprämien eingestrichen. Warum hierzu Eurobonds notwendig sein sollten, will sich mir nicht erschließen.

  • F
    FRITZ

    Das Niveau der wirtschaftspolitischen Kommentare und Berichte der taz ist nicht (mehr?) ernst zu nehmen. Das ist bedauerlich, eine kluge linke Stimme wäre im Diskurs wünschenswert, aber immer nur mit Kampfbegriffen, Klischees und willkürlichen Tatsachenbehauptungen zu argumentieren, ist Käse.

  • L
    Luck

    Um zu erraten, wer für die von SPD und Grünen progagierten Eurobonds leztendlich die Zeche wird zahlt, muß ich beileibe kein Finanzmarktexperte sein. Gesunder Menschenverstand reicht aus, dann kann ich, steuerzahlender Familienpapi und kein "Transferleistungsempfänger", eins und eins zusammenzählen! Wenn schon die heutigen (griechischen, italienischen, ..) Staatsanleihen mit ihrem eindeutigen Kreditgeber und -nehmerverhältnis von den Nehmern nicht mehr bedient werden (können), und stattdessen bei der EZB "sozalisiert" werden, wie soll das dann bei den völlig verwässerten Eurobonds funktionieren? Und warum werden Eurobonds nur von den hoch verschuldeten Ländern wir Italien (Hr Prodi hat ja schon mal Eurobonds über 3000 (!) Mrd Euro vorgeschlagen) und deren Banken gefordert? Bereits diese beiden ganz grundsätzlichen Fragen führen die vermeintliche Rettung durch Eurobonds ad absurdum. Natürlich nur, wenn man einfach mal ehrliche Antworten, fernab aller parteipolitischen Ausrichtung, geben würde. Aber diese Leistung, Frau Herrmann, wollen, können oder dürfen Sie bei der linken taz wohl nicht erbringen.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Welch ein Irrtum -? Deswegen gibt es diese Bonds nicht. Die Zeitschiene, die erkauft wurde, diente nur dazu, dass die Banken & Co. ihre Schäfchen auf sichere Weide wandern lassen können.

  • F
    Florentine

    "Aber Eurobonds sind für FDP und CSU bis heute ausgeschlossen. Da müssten "wir" ja zahlen. Welch ein Irrtum. Es wären die Banken gewesen". Das ist simplifizierender Blödsinn, Frau Herrmann. Aber das wissen Sie ja. Sie betreiben eine "völlig verquere Analyse".

  • HD
    Hans Dummermuth

    Ihren Kommentar hier eingeben Tönt gut. Da aber, wenn die Banken zahlen, wir sie wieder retten müssen, zahlen auch hier wieder wir und nicht die Banken. Und erklären sie mir zu den Euro-Bonds folgendes: Diese sollen 60% des BIP abdecken. Im Falle Griechenland liegt die Verschuldung bei 120-150%. Macht also 60-90% welche auf dem Kapitalmarkt zu irgendwo 10-20% Zinsen aufgenommen werden. Und damit ist Griechenland schon wieder bankrott. Oder sehen Sie da einen Eurobond 2 oder Rettungsschirm Nr3,4, und 5

  • W
    Waage

    Da freut sich aber der Herr Ackermann wenn sogar durch linksalternative Expertise sein A.... gerettet werden soll.

    Die Dankbarkeit der Finanzindustrie wird sich aber später in Grenzen halten.

    Man grabe mal etwas in der Geschichte und schaue sich den Ebert - Groener Pakt genauer an.

    Das ist ein anderes Thema? - bin ich mir gar nicht so sicher!

    Wenn Gutmütigkeit auf eloquente Bösartigkeit trifft ist immer vorher klar wer nachher der Depp ist.

     

    Eine Staatspleite Griechenlands dagegen würde Griechenland selber und auch Deutschland letztlich überleben, die Deutsche Bank und andere Finanzinstitute aber nicht.

    Da liegt der Hund begraben!

  • Y
    yberg

    ich möchte doch drum bitten nicht jeden der griechenland in die insolvenz schicken will, als nationalisten zu diffamieren.

     

    es besteht jederzeit die möglichkeit einer geordneten insolvenz innerhalb des euroraumes,sowohl für großunternehmen als auch für staaten.

     

    im gegensatz zu unternehmen kann man staaten jedoch nicht aufteilen und zerschlagen.deshalb benötigt man eine ganzheitliche fortführungsstrategie,die einen selbsttragenden wirtschaftsaufschwung griechenlands ermöglichen soll.

     

    ob dies teilentschuldet oder nicht entschuldet erfolgsversprechender ist,kann ja keine frage sein.

     

    die zeit für bilanz-beziehungsweise taschspielertricks ist abgelaufen,da kann trichet noch soviele schüttelanleihen kaufen.

     

    wenn weitergewurstelt wird zahlen alle bürger dieses landes-aufgemerkt:nicht nur die steuerbürger,wie von ihnen"verquert analysiert"-über vermögensverluste und lebensstandardverluste die zeche.diese dauerhaften verluste werden ein vielfaches der kosten eines endes mit schrecken ausmachen.

     

    weitergelesen wird im kaffeesatz...

  • W
    Weinberg

    モンチッチ und Pummelchen sowie der bayerische Spät-Vater sind das Dremteam des Jahres!

  • AH
    Aus Haching

    Eurobonds hätten zu einer Beteiligung der privaten Gläubiger geführt? Wie das?

     

    Vermutlich schwebt der Autorin ein Modell vor, in dem jeder Staat Eurobonds ausgeben kann, und alle Staaten haften gesamtschuldnerisch oder als Bürgen dafür, dass die Anleihen zurückgezahlt werden.

     

    Das hätte doch aber nichts im Hinblick auf die bereits bestehenden Staatsschulden getan. Die allermeisten Staatsschulden der Griechen resultieren aus der Zeit vor der Finanzkrise, haben recht überschaubare Zinsen und laufen noch bis zu 30 Jahre. Was hätten Eurobonds daran ändern sollen?

     

    Und warum ist es verwerflich, wenn jemand, der dem Staat Griechenland Geld gegeben hat, das auch wieder zurück möchte?

  • K
    Kati

    Ihre Artikel haben mittlerweile schon Anflüge von Demagogie. Die braven deutschen Deppen, sprich Steuerzahler, haben bereits ruhig die Halbierung ihrer Löhne und Sparguthaben durch die T€-Einführung geschluckt. Die Frage ist,wieviel die Steeuerzahler bereits gezahlt haben und wer nun die Kosten zahlt. Na, Frau Herrman, mal ehrlich... sagen Sie's uns...Kommen Sie aber bitte nicht mit ominösen Begründungen, wie toll Deutschland vom T€ profitiert. Seriöse gegenteilige Untersuchungen gibt es.