Diskussion um Rauchverbote: Ärztechef entfacht eine Debatte
Der Präsident der Berliner Ärztekammer spricht sich bei einem Vortrag vor Tabaklobbyisten gegen Verbote aus. Anti-Raucher-Initiative fordert seinen Rücktritt.
Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, hat sich gegen rigide Rauchverbote ausgesprochen. Bei einem Vortrag vor Vertretern der Tabakindustrie hat er unter anderem Raucherzimmer in Krankenhäusern gefordert, bevor er sich selbst eine Zigarre anzündete. Die Volksinitiative "Frische Luft für Berlin", die sich für konsequenten Nichtraucherschutz einsetzt, hat daraufhin den Rücktritt von Jonitz gefordert.
Der Ärztekammerpräsident hatte seinen Vortrag bereits Anfang Mai bei einem Salon des Zigarrenhändlers Herzog am Hafen gehalten. Ein Bericht und zahlreiche Fotos, die den Abend dokumentieren, wurden erst kürzlich auf der Homepage des Händlers veröffentlicht. Jonitz hatte sich als Präsident der Bundesärztekammer beworben, er war bei der Wahl Anfang Juni seinem Konkurrenten Frank Ulrich Montgomery knapp unterlegen.
Eine Veröffentlichung von Jonitz "mutigen Thesen" hätte ihm im Wahlkampf natürlich geschadet, sagte Zigarrenhändler Maximilian Herzog der taz. Schließlich könnten die Antiraucher "ganz schön militant sein". Deshalb habe man Jonitz eine spätere Veröffentlichung zugesagt, so Herzog.
"Was ich heute hier tue, ist politisch unkorrekt", wird Jonitz in dem nun online nachzulesenden Bericht zitiert. "Ich empfinde mich nicht nur als Arzt, sondern als freier Bürger." In dem angesichts der zahlreichen Gäste bereits gut mit Zigarrenrauch gefüllten Raum, heißt es weiter, habe Jonitz Zwangsentwöhnungsversuche bei Krankenhauspatienten als Verstoß gegen die Menschenwürde bezeichnet, abschreckende Bilder auf Tabakschachteln als unnütz abgetan und sich anstelle von Rauchverboten in Kneipen für bessere Abluftanlagen ausgesprochen.
Jonitz bestätigte am Dienstag der taz diese Aussagen. Er wolle damit eine Diskussion anstoßen. Deshalb habe er insgesamt 13 Thesen aufgestellt. Darin fordert er unter anderem, dass die Behandlung von Nikotinsucht von den Krankenkassen bezahlt werde soll. Allerdings müsse zwischen Genussrauchen und pathologischem Rauchen unterschieden werden. Deshalb spreche er sich auch gegen absolute Verbote aus. Sie würden das Rauchen nur ins Freie verlagern oder in das häusliche Umfeld. Das führe zu neuen Belastungen, insbesondere Kleinkinder seien durch Passivrauchen gefährdet.
"Die wichtigste Maßnahme ist, mit dem Rauchen aufzuhören oder gar nicht erst anzufangen", betonte Jonitz. Zwar rauche er gelegentlich Zigarre, dennoch sieht er sich als Vorbild. "Denn ich rauche nicht Kette, ich inhaliere nicht. Und ich bestimme über den Genuss und nicht umgekehrt."
Der Sprecher der Frischluft-Initiative, Johannes Spatz, bezeichnete Jonitz Äußerungen als hochgefährlich. Er verharmlose die Folgen des Rauchens und mache sich zum Sprachrohr der Tabaklobby. Er sei daher als Kammerpräsident nicht tragbar.
Jonitz wies dies als Sichtweise von "leicht fundamentalistischen" Tabakgegnern zurück, die man nicht weiter ernst nehmen müsse.
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