Aktion der Aussteiger-Organisation Exit: Wenn Neonazis Wäsche waschen
"Was dein T-Shirt kann, kannst du auch...". Die Initiative Exit hat einem Nazi-Rockfestival eine Ladung T-Shirts untergejubelt. Nach dem Waschen erscheint eine Botschaft.
Eine Kleiderspende zum Rechtsrockfestival "Rock für Deutschland" (RFD) wurde die Modeüberraschung: Erst nach dem Waschen offenbart sich den Neonazis die wirkliche Botschaft ihres kostenlosen Totenkopf-T-Shirts "Hardcore Rebell – National und Frei".
Nach dem Waschen verschwindet nämlich der Slogan mit einen Totenkopf – und stattdessen erscheint das Logo der Aussteigerinitiative "EXIT-Deutschland" und der Tipp: "Was dein T-Shirt kann, kannst du auch. Wir helfen Dir, Dich vom Rechtsextremismus zu lösen".
Den Clou hatte die Initiative Exit – Exit unterstützt bundesweit Ausstiegswillige aus der neonazistischen Szene – gut vorbereitet. Denn das Angebot sollte da wahrgenommen werden, wo sonst keine solche Empfehlungen gegeben werden – mitten in der aktiven Szene. Man wählte das Rechtsrockfestival "Rock für Deutschland", das am 6. August im thüringischen Gera stattfand, rund 600 Neonazis kamen. "Mit den T-Shirts wollten wir unser Angebot in der Szene bekannter machen und vor allem die jungen und noch nicht so gefestigten Rechtsextremen ansprechen", sagt Bernd Wagner, Gründer von Exit.
Mit einem kleinen Trick gelang es Exit, mit den Shirts auf dem Rechtsrockfestival präsent zu sein. Ein echter Hack: Der NPD Thüringen hatte Exit über eine fiktive Person 250 Totenkopf-T-Shirts als Spende angeboten. Die Spende wurde von der NPD dankend angenommen – man wusste ja nicht, dass der Totenkopf abwaschbar war ...
Trojanisches T-Shirt
Auch die Gäste auf dem Veranstaltungsgelände merkten nichts und nahmen gerne das "trojanische T-Shirt", das ihnen von den "Rock für Deutschland"-Veranstaltern gratis angeboten wurde. Die Überraschung folgte später. 24 Stunden nach dem Festival liefen die ersten SMS-Verteiler mit der Warnung. "Achtung Fälschung! Gestern wurden auf dem RfD T-Shirts verschenkt, die unter dem Aufdruck Hardcore Rebellen eine Botschaft von Exit, dem staatlichen Aussteigerprogramm haben. Diese Botschaft wird erst nach dem Waschen sichtbar. Exit hat hier mehrere tausend Euro Steuergeld verschwendet". Ziemlich durchsichtig: Es liegt nahe, dass die Rock-für-Deutschland-Organisatoren mit dieser Kritik an "Verschwendung" ihre Panne kaschieren wollen.
Keine Panne für die NPD war allerdings die Tatsache, dass NPD und Kameradschaften das "Rock für Deutschland" bereits zum neunten Mal ausrichten konnten. Neben Rechtsrockszenegrößen wie "Brutal Attack" waren auch NPD-Größen wie Holger Apfel angekündigt.
Und so gab es auch Demonstrationen gegen das rechtsextreme Festival: Über 1000 Menschen waren es, die am Samstag an Gegenaktionen teilnahmen. Eine Initiative von Gewerkschaften, Parteien, Verbänden und Kirchen hatte zahlreiche Gegenveranstaltungen zu dem NPD-Konzert organisiert. Am meisten im Gedächtnis bleiben wird den Nazis aber wohl die Exit-Aktion mit dem "trojanischen T-Shirt".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?