Studie zu Plänen von Bachelorabsolventen: Studierende wollen Chef werden
Drei von vier Bachelor-Studierenden planen, nach dem Abschluss einen Master zu machen. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Bundesregierung.
Als der Berliner Student Thomas Berger zu Jahresbeginn die letzte Prüfung für den ersten Studienabschluss bestanden hatte, standen seine Pläne für die Zukunft bereits fest: "Ich bewarb mich für den Master in Fahrzeugtechnik, denn allein mit einem Bachelor fühlte ich mich nicht ausreichend qualifiziert."
Der 23jährige ist mit dieser Einschätzung nicht allein: Insgesamt planen drei Viertel der Studierenden nach dem Bachelorabschluss, ein Masterstudium anzuschließen. An Universitäten hegen sogar bis zu 87 Prozent der Immatrikulierten diese Absicht, wie aus der aktuellen Studierendenbefragung der Hochschul-Informations-System GmbH, HIS, hervorgeht. "Wir müssen davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit der Bachelor-Studierenden ein Masterstudium anschließen will", fasste Studienleiter Christoph Heine die zentralen Ergebnisse zusammen, als er die Studie am Dienstag in Berlin vorstellte.
Die Arbeit Heines und seiner Kollegen bezahlte das Bundesbildungsministerium, die Ergebnisse dienen unter anderem als Basis für eine Konferenz, die die Hausherrin Annette Schavan (CDU) am Freitag mit Vertretern aus den Hochschulen, Ländern und der Wirtschaft plant. Dabei werden sie unter anderem die Frage erörtern, welche Chancen die steigende Zahl der Bachelor-Absolventen auf einen Masterstudienplatz hat.
Vor 12 Jahren beschlossen die Kultusminister, Magister und Diplome zu entsorgen und alle Studiengänge in etwa dreijährige Bachelor- und darauf aufbauende Masterstudiengänge umzumodeln. Dabei legten sie gleichzeitig fest, dass der Bachelor für die Mehrheit der Studierenden der Regelabschluss sein soll, und sie direkt aus der Hochschule in den Arbeitsmarkt führt.
Doch diese sehen das anders. Als wichtiges Motiv ein Masterstudium anzuschließen geben in der HIS-Studie 85 Prozent der Studierenden an, ihre Berufschancen damit zu verbessern, 75 Prozent wollen fachliche Neigungen vertiefen und zwei Drittel haben geringes Vertrauen in die Berufschancen von Bachelorabsolventen.
Bestimmte Voraussetzungen
Nur jeder sechste Bachelorstudierende plant, dezidiert kein Masterstudium draufzusatteln. Dabei sind finanzielle Gründe ausschlaggebend: Zwei Drittel von ihnen wollen möglichst rasch selbst Geld verdienen über die Hälfte gibt zudem an, dass sie kein Geld für ein längeres Studium haben. Darunter sind deutlich mehr Frauen (54 Prozent) als Männer (41 Prozent), was bemerkenswert ist, da Frauen unter den Studienanfängern inzwischen die Mehrheit bilden.
Auf das Diktum der Kultusminister, wonach der Bachelor der Regelabschluss für zwei Drittel der Studierenden sein solle, wollte sich die Bundesbildungsministerin Schavan am Dienstag nicht festlegen. "Wie sich die Dinge einpendeln, werden wir in drei bis fünf Jahren wissen, wobei ich nicht davon ausgehe, dass der Anteil der Masterstudienplätze unter 50 Prozent liegen wird", prognostizierte die CDU-Politikerin. Sie verwies darauf, dass die Zahl der Masterstudienplätze derzeit ausreiche und berief sich auf einen noch unveröffentlichten Bericht der Kultusminister, die rund ein Viertel der Masterstudiengänge als zulassungsbeschränkt zählten.
Allerdings spiegelt das nur wieder, welche Fächer mit einem Numerus Clausus belegt sind, die Zahl der Studiengänge mit vorgelagerten Zugangshürden ist weitaus höher. In der HIS-Befragung gaben drei Viertel Studierenden an, sich für ihr gewünschtes Masterstudienfach nur unter bestimmten Voraussetzungen bewerben zu können - dazu zählen eine Mindestnote, Leistungsnachweise in speziellen Fächern oder eine Fremdsprachenprüfung.
"Der Bachelor ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen"
Nach Ansicht von Unternehmern wie Arend Oetker, Geschäftführer der gleichnahmigen Holding, besteht auch keine Notwendigkeit das Masterstudium für alle zu öffnen. "Der Bachelor ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen", sagte Oetker und verwies auf eine ebenfalls am Dienstag vorgestellte Studie, die der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in Kooperation mit der HIS GmbH und dem Institut der Deutschen Wirtschaft Köln erstellen ließ.
Danach ist die Arbeitslosikeit unter Bachelorabsolventen marginal. Zwei Drittel der Absolventen von Fachhochschulen sind zufrieden im Job, bei Bachelorabsolventen von Universitäten beträgt der Anteil der Unzufriedenen fast die Hälfte. Das mag daran liegen, dass Bachelorabsolventen von Fachhochschulen zu 40 Prozent eine unbefristete Vollzeitstelle haben, ein fast doppelt so hoher Anteil wie unter den werktätigen Bachelorabsolventen von Universitäten. Diese verdienten im Schnitt auch 6.000 Euro weniger im Jahr.
Für Oetker ist dennoch klar, dass dem Bachelor die Zukunft gehört. "Wir brauchen wissenschaftlich qualifiziertes Personal für den Mittelbau von Unternehmen und Hochschulen." Im Klartext: Der Bachelor reicht für die Masse aus - ein Master sei für Leute sinnvoll die eine wissenschaftliche Karriere anstreben oder Top-Führungspositionen. Dem eigenen Sohn, der gerade Abitur macht, rät der Vater Arend Oetker indes: Erst den Bachelor, danach ein Auslandsaufenthalt und danach den Master machen – am besten in einem zweiten Fach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen