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Urteil des Landgerichts FreiburgAngriff auf Antifa nicht staatsgefährdend

Ein Neonazi besorgt sich im Internet kiloweise Chemikalien und andere Zutaten zum Bombenbau, soll dafür aber nicht bestraft werden. Die Antifa ist empört.

Zutaten für eine Bombe: 22 Kilogramm Chemikalien, Zündschnüre, Bauteile für Fernzünder sowie Sprengstoff-Fachliteratur. Bild: ap

FREIBURG taz | Der südbadische Neonazi Thomas B. hatte alles gekauft, was man für eine Bombe braucht: 22 Kilogramm Chemikalien, Zündschnüre, Bauteile für Fernzünder sowie Sprengstoff-Fachliteratur. Juristisch belangt wird er dafür wohl nicht. Das Landgericht Freiburg jedenfalls will ihm wegen der Anhäufung von Bombenbau-Zutaten keinen Prozess machen.

Schon vor zwei Jahren kam die autonome Antifa Freiburg Thomas B. auf die Spur. Im August 2009 informierte sie dann Staatsanwaltschaft und Presse, dass der Neonazi seit geraumer Zeit im Internet Chemikalien kauft, die für den Bombenbau geeignet sind. Eine Hausdurchsuchung bestätigte diesen Verdacht. Es sei die größte derartige Menge an Bomben-Grundstoff, die je bei einem Neonazi gefunden wurde, sagten die Ermittler damals. Binnen weniger Stunden hätte B. eine gefährliche Rohrbombe bauen können.

Thomas B., der den Lörracher Stützpunkt der NPD-Jugend leitet, wurde sofort festgenommen. Ein Jahr später, im Oktober 2010, erhob die Staatsanwaltschaft Lörrach Anklage, vor allem wegen "Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens". Sie ging davon aus, dass die Bombe gegen politische Gegner eingesetzt werden sollte, insbesondere gegen die Freiburger Antifa.

Anfang April aber wies das Landgericht Freiburg die Anklage im zentralen Punkt zurück. Die Vorbereitung eines Anschlags sei noch nicht weit genug fortgeschritten, es fehlte ein konkretes Ziel. Ein Prozess könne deshalb nur vor dem Amtsgericht in Lörrach stattfinden - aber nur wegen anderer Delikte, wie der Verletzung des Waffenrechts. B. besaß illegal ein Schweizer Militärgewehr, Munition und ein gefährliches Messer.

Das Landgericht berief sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 1977. Damals ging es um einen maoistischen Türken, der Sprengstoff für Gesinnungsgenossen aufbewahrt hatte. Der BGH entschied, dies sei noch kein Vorbereiten eines Sprengstoffverbrechens. Die geplante Tat müsse bereits "hinsichtlich des Angriffsziels und des Zeitpunktes" in ihren wesentlichen Umrissen feststehen.

"Die BGH-Entscheidung stammt ja schon von 1977. Nach so langer Zeit sollte man das mal überprüfen", sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer zur taz. Gegen die Landgerichts-Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt. Inhofer geht davon aus, dass es reicht, wenn grob feststeht, gegen welchen Gegner sich das geplante Verbrechen richten sollte. Jetzt muss das Oberlandesgericht Karlsruhe entscheiden. B. selbst machte bisher keine Aussagen. Sein Anwalt erklärte, B. habe zu keinem Zeitpunkt einen Sprengstoffeinsatz gegen den politischen Gegner erwogen.

B. wollte auch das linke Zentrum KTS ausspionieren

Die Freiburger Antifa ist fassungslos darüber, dass das zielgerichtete Horten von Sprengstoff-Grundstoffen folgenlos bleiben soll. Aus abgefangenen E-Mails könne man gut rekonstruieren, dass hier ein Anschlag geplant war. So schrieb Thomas B. im April 2008 an den örtlichen NPD-Chef: "Ich hätte gerne, wenn möglich, die Namen und Adressen von wichtigen politischen Gegnern. […] Wir haben uns jetzt langsam strukturiert und gehen zum Gegenschlag über." Als der NPD-Mann ihn aufforderte, das linke Freiburger Zentrum KTS auszuspionieren, war B. auch dazu bereit. Später gründete er selbst eine "Arbeitsgruppe Aufklärung". Parallel dazu kaufte er die Grundstoffe zum Bombenbasteln. "Wollen die Richter warten, bis wir in die Luft gejagt werden?", kommentierte das ein empörter Aktivist gegenüber der taz.

Eigentlich ist seit 2009 schon die Beschaffung von Komponenten zur Herstellung von Sprengstoff strafbar - aber nur, wenn sie zur Vorbereitung einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat" dient. Staatsanwaltschaft und Landgericht wollen diesen Paragrafen hier nicht anwenden. Ein Angriff auf die Antifa sei nicht "staatsgefährdend".

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19 Kommentare

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  • J
    john

    ja leiden sie denn alle unter schizophrenie ?

     

    wenn jmd 22kg an komponnenten kauft mit dem er bomben bauen kann, so ist das aufjedenfall (staats-)gefährdend.

     

    es geht hier nicht um ein paar polenböller sondern sprengstoff. selbst wenn der beschuldigte kein nazi wäre würde es mir schwer fallen im wohlwollende interessen zuunterstellen. waozu in aller welt brauch ein "normaler" mensch soviel sprengstoff ? was macht es für eine unterschied ob der beschuldigte staatsgefährdend agieren wollte oder nicht ? das er friedliche ziel verfolgt halte ich für blasphemie.

  • W
    Weinfrau

    @Lachmann:

    WO geht denn bitte die Antifa mit Brand- und Sprengstoff gegen staatliche Repräsentanten vor? Verwechselst du da evtl. arabische Terroristen a la Al Qaida mit der Antifa? Wenn eine der beiden so genannten "links" - "rechts" Gruppierungen mit Sprengstoff, Waffen etc. rumhantiert sind das die "Rechten", was dieser Vorfall ein weiteres Mal belegt! (Und komme mir nicht mit der RAF- die Zeiten sind vorbei). Mal was von Combat 18 oder Blood & Honour gehört? Nein? Dann mach dich mal schlau!

  • B
    Buhuhuhu

    "Die Freiburger Antifa ist fassungslos darüber, dass das zielgerichtete Horten von Sprengstoff-Grundstoffen folgenlos bleiben soll." Mir kommen die Tränen. Sie ist auch fassungslos wenn die Polizei ihre Gewalttaten verfolgt. Das ist dann etwas völlig anderes. Wäre der Spinner ein linker Spinner, dann würde sowohl der Artikel als auch die Antifa anders klingen. Ich habe etwas gegen Extremisten, Dogmatiker und sonstige Spinner. Das unterscheidet mich vom Autor, von Neonazis und von der Antifa. Na jetzt werden im Ländle sicher wie in Berlin gewaltbereite Linksextremisten gefördert damit sie politische Gegner von Rechts, sprich ab der CDU, angreifen können. Da wird dann die taz generös drübersehen solange es keine Toten gibt.

  • C
    Carsten

    »Die Antifa ist empört«, soll das ein Witz sein? Die einen Extremisten regen sich über die anderen auf. Als wenn bei den Antifanten keine Anleitungen zum Bombenbau kursieren würden... lächerlich!

  • R
    Rene

    Was ist denn mit der Antifa los? Sie schreien nach der Exekutive? Vielleicht mal selber die Ärmel hochkrempeln, was ist denn das für ein Widerstand?

  • L
    Luftschloss

    Die Antifa ist doch gegen den Nationalstaat und warum wundert sie sich dann wenn ein Angriff auf sie nicht staatsgefährdend ist.

     

    Nebenbei, wenn bei einem Linksautonomen in nächster Zeit Bastelmaterial gefunden wird, muss er sich auch keine Gedanken machen, gleiches Recht für alle politischen Idioten.

  • S
    Sepp

    Wieso und woher weiß die Antifa was jemand im Internet bestellt?

  • C
    Chris

    "... und ein gefährliches Messer"

     

    Dieser pöhse Mann !! Dafür kriegen sie ihn ran ...

  • N
    nazifreund

    Die Freiburger Antifa muß doch Verständnis für das Landgericht haben. Schließlich hat der F-Braune weder die Mixtur angerührt, das Bömbchen gebaut, noch das Landgericht über sein Vorhaben informiert. Letzteres wäre aber für die Anerkennung heldenhaften Einsatzes für die „Nationale Sache“ durch die „Elite der Nation“ unabdingbar gewesen.

    Erst mit der offiziellen, schriftlichen und per Einschreiben mit Rückschein erfolgten Unterrichtung des Landgerichtes über Ort, Zeit, geplante Anzahl des zu vernichtenden, „lebensunwerten Lebens“ hätte der „Nationale Held“ seine hoch richterliche Anerkennung gefunden, die ihm nach diesem – seiner Intelligenz nach unvermeidlichen - Mißgeschick nun leider versagt bleibt.

    Ist mir übel…

    Wie sagte mein Opa selig: „Früher mußten Richter weise sein, heute reicht ein Studium.“

  • D
    derbombigeBOMBENbastler

    Ein Bombenanschlag auf die Antifa ist logischerweise, wenn man ihre Ziele bedenkt, eher staatsfördernd. Also dieser Paragraph kommt ja wohl zurecht nicht zur Anwendun.

  • GN
    Graf NItz

    Die Antifa ist doch kein Organ des Staats?! Und will das bestimmt auch nicht sein?!

     

    Wie kann dann sowas "staatsgefährend" sein?

     

    Brennende Autos sind das doch auch nicht. Bombe ist Bombe, Brandsatz ist Brandsatz.

  • R
    Rauhfuß

    Ein Grund mehr, nicht aufs Oktoberfest zu gehen.

  • TS
    Thomas Sch.

    Also, da habe ich nun mal so etwas wie klammheimliche Schadenfreude mit der ANTIFA. So in etwa von: Selber schuld. Nicht, daß ich nicht froh wäre, daß ein Bombenleger aufgedeckt wurde, neinnein, das ist natürlich schon gut so. Aber die ANTIFA ist ja von einer ernstzunehmenden Organisation, die wirkliche Gefährdungen faschistoider Natur aufdeckt zu einer hysterischen Alarmismustruppe verkommen. Wenn sich heutzutage ein paar 85-jährige, gerade noch lebende Rentner zu einem Heimattreffen der Ostpreußen, Sudetendeutschen oder Schlesier bei Kaffee, Kuchen und Volkstanzgruppe zusammenfinden, dann liebe ANTIFA, geht von so einer Tattertruppe doch keine Gefahr aus. Rentner belästigen und das als staatsrettende Aktion ausgeben ! Das aber ist doch ernsthaft aus der ANTIFA geworden. Wenn jetzt nun gottseidank mal wieder ein richtiger Attentäter überführt wurde: Herzlichen Glückwunsch, ANTIFA. Gute Arbeit. Macht weiter so. Aber hört auf mit dem Gepopel im Klein-Klein. Wer´nen Landser-Heftchen liest oder Panzer bastelt, ist meistens wirklich nicht der große Rechte. Und daß Burschenschaften aus der Tradition des demokratischen Vörmärz entstanden sind, möchten die ehrenwerten Damen und Herren der ANTIFA doch bitte auch gern mal in einer freien Stunde nachlesen.

  • L
    Lachmann

    Ein Angriff auf die Antifa sei nicht "staatsgefährdend".

     

    Und das ist er auch nicht, ganz im Gegenteil: Da die Antifa offen propagiert, diesen Staat abschaffen zu wollen und dabei selber mit Brand- und Sprengstoffen gegen staatliche Repräsentanten vorgeht, könnte ein böswilliger Mensch behaupten, ein Anschlag auf die Antifa würde den Rechtsstaat schützen.

     

    Gott sei Dank kenne ich keine solchen. ;-)

     

    Wer im Glashaus sitzt, sollte halt nicht mit Steinen schmeißen.

     

    Abschließend noch eine Frage an den "Autor" dieses Artikels: Was ist denn ein "gefährliches Messer"?

  • K
    Kai

    Die Antifa will Hilfe vom verhassten Staat????

  • M
    maja

    Zitat: Ein Angriff auf die Antifa sei nicht "staatsgefährdend".

     

    Hat das die Staatsanwaltschaft oder das LG so fomuliert? Wenn ja, wäre es mehr als bedenklich. Ich kann mir das kaum vorstellen... Liebe taz, würde mich über eine Antwort freuen.

  • E
    Enrico

    Kurze Gedankenexperimente:

    1.) Man stelle sich vor, Thomas hieße Hakan, Ali oder Ahmed, trüge Vollbart ...

     

    2.) Man stelle sich vor, Thomas hieße nachwievor Thomas, wäre aber in der Roten Hilfe, irgendeiner Antifa-Gruppe und/oder in einem kapitalismuskritischen Zusammenhang engagiert ...

     

    In jedem der o.g. Fälle wäre die Presse mit alarmistischen Meldungen voll, die Forderungen nach Gesetzesverschärfungen stünden morgen in der Zeitung ...

     

    Es ist zum Mäusemelken ...

  • N
    n.boeyer@gmail.com

    Hinsichtlich der Staatsgefährdung ist es ja eher sekundär, dass die Antifa angegriffen werden sollte. Vielmehr reicht allein die Tatsache aus, dass ein schwerer Sprengstoffanschlag verübt werden sollte und das ist in der Tat staatsgefährdend! Erst recht staatsgefährdend ist es, sowas nicht zu bestrafen...

    Viel Glück, Antifa! Wenn die Jungs und Mädels nicht so populistisch und pauschal gegen Politiker & Polizisten hetzen würden, würde ich glatt beitreten...

  • V
    vic

    "Die Vorbereitung eines Anschlags sei noch nicht weit genug fortgeschritten, es fehlte ein konkretes Ziel"

    Ich bin sicher, er wird ein Ziel finden.

    Glücklich, wer solche Freunde hat und in Ruhe arbeiten kann.