Vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos: Deutschland unter Beobachtung
Beim Weltwirtschaftsforum muss sich die Bundesregierung viel Kritik anhören. Der US-Ökonom Nouriel Roubini wirft ihr vor, die Krise des Euro zu verschärfen.
Wenn am Mittwoch das Weltwirtschaftsforum im Schweizer Nobelskiort Davos beginnt, muss sich die deutsche Bundesregierung mit deutlicher Kritik auseinandersetzen. Einige Wortführer des Weltgipfels der globalen Management- und Politikelite schreiben ihr eine Mitverantwortung dafür zu, dass die Eurokrise andauert.
Angesichts dieser Stimmungslage kann es nicht schaden, dass die deutsche Teilnahme in diesem Jahr außergewöhnlich hochkarätig und umfangreich ausfällt. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und weitere Minister auf der Liste.
Den kritischen Ton gegen die deutsche Haltung in der Eurokrise gab unlängst US-Ökonom Nouriel Roubini in einem Interview vor. Wie im vergangenen Jahr wird Roubini heute bei einer ersten Davos-Veranstaltung auf dem Podium sitzen und mit seinen Thesen die Debatten der kommenden Tage beeinflussen. Seine Empfehlung lautet schlicht: "Mehr Geld ausgeben". Diesen Rat erteilte er sowohl der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch der Bundesregierung und der Eurogruppe insgesamt.
Die EZB solle mit allen Mitteln, etwa weiterhin niedrigen Zinsen, dafür sorgen, dass ausreichend Geld im Wirtschaftskreislauf zirkuliere und dadurch das Wachstum stimuliert werde, so Roubini. Ohne zusätzliches Wachstum sei es den hoch verschuldeten Eurostaaten Portugal, Spanien und Italien nicht möglich, ihre Schuldenlast zu verringern.
"Deutschland sollte seine Austeritätsstrategie verschieben", empfiehlt der Ökonom. Merkel, Schäuble und Brüderle müssten einwilligen, Staaten wie Griechenland und Irland mehr finanziellen Spielraum zu gewähren. Diese Länder würden nur dann aus ihren Schulden herauswachsen können, wenn sie keine zu rigiden Sparprogramme durchführen müssten. Und drittens müsse die Eurogruppe den Rettungsschirm für bedrohte Staaten um ein paar hundert Milliarden Euro aufstocken. Nur dann würden die Investoren an den Finanzmärkten glauben, dass die Gefahr des Zusammenbruchs einer Euro-Ökonomie wie Spaniens gebannt sei.
Unter dem Strich, so Roubini, gebe es nur eine Wahl: Entweder müsse das reiche Deutschland mehr Geld in den Fortbestand des Euro investieren, als es heute zu geben bereit sei - oder die Eurozone breche durch den Kollaps eines oder mehrerer Staaten auseinander.
Mit seinen Thesen holt Roubini die Auseinandersetzung nach Davos, die in den vergangenen Wochen schon die europäische Politik bestimmt hat. So forderte EU-Kommissionspräsident José Barroso gegen die Position der Bundesregierung, den Rettungsschirm auszuweiten.
Aber auch die Sparposition wird in Davos vertreten sein. So moderiert Dennis Snower, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, eine Diskussionsveranstaltung mit dem Titel "Globale Risiken". Snower hält die "Aufstockung des Euro-Rettungsschirms für unsinnig", wie er der taz sagte. Stattdessen sei es sinnvoll, eine langfristige Sparpolitik zu formulieren, die es den Staaten einerseits erlaube, zu wachsen, andererseits aber die Schulden wieder auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Snower schlägt vor, von der Politik unabhängige Schuldenkommissionen zu berufen, die die Maßnahmen überwachen.
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