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Getöteter Münchner GeschäftsmannLange Haftstrafen im Fall Brunner

Urteil im Prozess um den Tod eines Managers an einem Münchner S-Bahnhof: Die beiden Täter wurden zu neun und sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

Tatort S-Bahnhof München-Solln: Hier kam der Geschäftsmann Dominik Brunner zu Tode. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Managers Dominik Brunner ist der 19-jährige Markus S. wegen Mordes zu neun Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Gegen den 18-jährigen Sebastian L. verhängte das Landgericht München I am Montag sieben Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge.

Die beiden hatten Brunner vor fast genau einem Jahr, am 12. September 2009, am Münchner S-Bahnhof Solln zusammengeschlagen und getreten, nachdem er sich schützend vor eine Gruppe Schüler gestellt hatte. Der 50-Jährige starb aber nicht an den Verletzungen, sondern an einem Herzstillstand infolge der Schläge. Brunner hatte ein krankes Herz, ohne davon zu wissen. Der Manager hatte zu Beginn der tödlichen Schlägerei am Bahnsteig selbst den ersten Schlag gesetzt, offenbar um einen aus seiner Sicht drohenden Angriff abzuwehren.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Markus S. die höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren wegen Mordes gefordert. Er hatte laut Zeugen noch auf Brunner eingetreten, als dieser schon am Boden lag. Bei Sebastian L. plädierte die Staatsanwaltschaft auf acht Jahre wegen gefährlicher Verletzung mit Todesfolge.

Die Verteidigung hatte deutlich niedrigere Strafen verlangt. Bei Markus S. sahen die Anwälte eine Strafe "weit unter sieben Jahren" wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge als angemessen an. Für Sebastian L. sprachen sich die Verteidiger für höchstens dreieinhalb Jahre Jugendstrafe aus. An zwölf Prozesstagen waren seit Juli mehr als 50 Zeugen und mehrere Sachverständige gehört worden.

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9 Kommentare

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  • K
    Karl

    Mit den Kritikern der Entscheidung tue ich mich etwas schwer. Ihre Argumentation läuft darauf hinaus, dass nichts passiert wäre, wenn sich das Opfer nicht eingemischt hätte. Nun ist es allerdings so, dass nach allem, was sich zuvor ereignet hatte, das Opfer nicht unbedingt darauf vertrauen konnte, dass die Täter später wie friedliebende brave Bürger an ihm und den Kindern vorbeispazieren und auf dem anderen Gleis auf den nächsten Zug warten würden.

    Ich frage mich: Zu welcher Einschätzung kämen Sie, wenn Sie erst von zwei angetrunkenen Halbstarken um Geld angeschnorrt, dann bedroht würden und diese Ihnen schließlich am Bahnhof, an dem Sie aussteigen, nachgehen würden? Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass die dann nichts mehr vorhaben. Die Reaktion von Herrn Brunner mag zuletzt nicht optimal gewesen sein - das rechtfertigt aber in keiner Weise den Gewaltexzess der Täter. Und für den sind sie zu Recht bestraft worden.

  • M
    Mord

    Hier auf Mord zu Urteilen ist ja lächerlich! Möchte wissen worin die Mordmerkmale in diesem Fall bestanden haben sollen...

    Da haben sich die Richter offensichtlich von öffentlicher Meinung und Springerpresse manipulieren lassen. Naja, wie heisst es doch so schön:

     

    "Ich glaube eher an die Unschuld einer Hure als an die Gerechtigkeit der deutschen Justitz!"

     

    Das Brunnner zuerst zugeschlagen hat spielt meines erachtens zwar keine große Rolle, da er wohl tatsächlich mit einem Angriff zu rechnen hatte, sein Herzleiden sollte aber schon Beachtung finden.

    Hier in der Region wurde vor einigen Jahren ein Nazi zu 5 Jahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt, da er in die Wohnung eines Mannes eingedrungen war und ihn totgetreten hatte, nachdem dieser sich über die Rechtsrock "Musik" beschwert hatte.

    Vergleicht man beide Fälle, sieht man mal wieder wie deutsche Richter zu Urteilen und Stafmaß gelangen und was so in ihren Köpfen vorgehen muss...

    Glaube auch kaum das dieses Opfer von den Medien wochenlang als großer Held gefeiert wurde. Naja, wahrscheinlich war er kein "anständiger deutscher Geschäftsmann" wie Dominik Brunner...

  • HS
    Herr Schmidt

    Ich habe mich lange gefragt welche Position die Taz auf diesen Fall hat.

    - keine! es wird kurz und knapp abgehandelt.

    Schön das es eine der Sache gerechte Berichterstattung ist.

    Insbesondere da sich die ganzen Ich-habs-ja-gewußt Medien sich zu weit aus dem Fenster gelehnt haben.

    All die die Dominik Brunner Orden, Kränze und ein richtig so mit ins Grab geworfen haben ist nur eines zu sagen: "was nutzt es ihm - er lebt nicht mehr"

    Dass dieser Mann und diese Jugendlichen so in die Öffentlichkeit gezerrt werden um auf deren Rücken einen ideologischen Kampf (welchen auch immer) auszutragen ist schon eine Schande- aber leider allzu bekannt, es gibt leider genug mediale Serientäter.

    Wer hier Täter, wer hier Opfer war ist da schon fast nebensächlich.

     

    Unabhängig von der Todesursache glaube ich auch an den Mordvorwurf - aber eine Revision ist ein Recht der Verurteilen und nur zu begrüßen

    Leider werden all die oben genannten Serientäter und Besserwisser sich nicht in ihrer Position bewegen, warum auch.

    Es wird laut aufgeschrien und Position bezogen ohne überhaupt alle Fakten zu kennen. Das ist aber nicht wichtig weil wenn die erste Schlagzeilenwelle vorbei ist, kommt da schon die nächste die dann viel wichtiger ist.

     

    Schade dass er tot ist, eine Bestrafung macht ihn nicht lebendig.

    Hoffentlich werden jetzt aus den Jugendlichen keine Berufsverbrecher - die beste Ausbildungsstätte dafür besuchen sie ja jetzt 24 Stunden, 7 Tage die Woche.

  • W
    WaltaKa

    @michaela + Riga, Josef: sie beide sollten sich die Urteilsbegründung wirklich durchlesen. Herr Brunner starb an Herzversagen INFOLGE des vorhergehenden Angriffs. Ohne Schläge nix Herzversagen, nix Tod. Ausserdem attestierte das Gericht für Herrn Brunner eine Notwehrsituation angesichts der bedrohlich auf ihn zukommenden Täter. Rechtlich einwandfrei. Denen das Gericht auch vorhält, nicht an ihrer eigentlichen Haltestation oder später ausgestiegen , sondern Herrn Brunner bis zu dessen Aussteigen gefolgt zu sein.

    Der Tod infolge eines schwachen Herzens ohne Tatzusammenhang ist ein Märchen der Verteidigung, das allerdings von den folgsamen Medien genauso aufgenommen und transportiert wurde, wie das Bild von den beiden ach so braven schüchternen, zurückhaltenden....Totschlägern und Mördern.

    P.S.: Hätte sich das Gericht vom Medienhype beinflussen lassen, hätte es doch eigentlich frei sprechen müssen, da die beiden nach einhelliger Medienmeinung ja eben brav, schüchtern, zurückhaltend usw seien... und Brunner sich nur "zu Tode erschreckt" hat, wie die SZ zynisch schrieb.

  • G
    Gerecht

    Ein gerechtes Urteil.

     

    Da laufen gewaltbereite Jugendliche durch die Bahn, bedrohen andere und versuchen sich auf kriminelle Weise zu bereichern und treffen auf einen engagierten Bürger, der dies verhindern will. Sicherlich werden die beiden Gewalttäter nicht mit Herrn Brunner in Dialog gegangen sein, sondern mit Beleidigungen, Beschimpfungen und aggressivem Drohverhalten eine Reaktion provoziert haben, die Brunner zum Anlass nahm, sich zu wehren und zu verteidigen. Wenn dann die beiden Verurteilten auf einen bereits am Boden liegenden weiter eintreten und misshandeln, weswegen er auch zu Boden gegangen sein mag, dann ist dieses gewaltbereite Verhalten nicht zu tolerieren.

     

    Dass Herr Brunner dadurch zu Tode kam liegt nicht allein an seinem Herzfehler, sondern an der Art der Misshandlung, die den Infarkt zustanden kommen ließ. Ebenso zu verurteilen wie waterboarding, Androhung von Gewalt bei Polizeiverhören und ähnlichem. Die beiden Verurteilten haben sich schuldig gemacht, einem Menschen das Leben genommen zu haben. Auf gewalttätige Weise.

     

    Ich kann das Urteil nur begrüßen und hoffe auf eine abschreckende Wirkung für gewaltbereite Jugendliche. Ich plädiere für ein Ende der Kuschelpädagogik, der Kuscheljustiz und des Verhätschelns von Kriminellen. Jeder ist für sein eigenes Handeln verantwortlich. Und sollte dafür auch mit Sanktionen und Strafen rechnen, wenn es gegen die soziale Ordnung und gegen das Gesetz ist.

  • JE
    Jens E. Kaiser

    Sicher hätte Brunner infolge seiner Selbstjustiz-Handlung mit einer Anzeige durch die Staatsanwaltschaft rechnen müssen, und diese dumme Helden-Verehrung ist mehr als peinlich.

    Nur: Wer auf einen bewegungslos am Boden liegenden Mitmenschen einstiefelt (noch dazu auf den Kopf), handelt in Tötungsabsicht. Dafür gab es Anklage und Urteil.

    Wenn die Revision auf das Ergebnis 'Totschlag' kommt, mag das die Formaljuristen befrieden - aber am Strafmaß ändert das wenig. Mag man die Justiz in Bayern für noch so 'reaktionär' halten, so gibt es hier nichts zu bagatellisieren. Selbst bei Notwehr hat in dem Moment Schluss zu sein, wenn vom anderen keine Gefahr mehr ausgeht - Nachtreten auf den Kopf ist nun mal Tötungsabsicht und nichts anderes.

  • M
    michaela

    Herr Brunner stirbt nicht an den Verletzungen, sondern am Herzinfarkt. Herr Brunner schlägt als Erster zu.

     

    Die beiden Jugendlichen jedoch werden wegen Mord und Totschlag verurteilt. Was für ein Urteil ist das denn? Wenn das mal nicht nach Revision schreit.

     

    Diese Urteil kann nicht Recht sein. Diese Urteil steht auf Mauern der verfrühten Lobhudellei und nun kommt selbst das Gericht aus der von den Medien in eine Richtung aufgeblasenen Sache nicht mehr raus.

     

    Schande!

  • RJ
    Riga, Josef

    Ich hoffe, dass die Verteidigung in Revision geht. Dieses Urtei darf keinen Bestand haben. Mit Wild-west-Manieren vermeintlich Ordnung schaffen, wie es Herr Brunner tat, darf nicht zum nachahmenswerten Verhalten aufgewertet werden. Das Strafmaß ist ein skandal, schließlich hat Herr Brunner sich selbst den Angriff der beisen Täter teilweise zuzuschreiben.

  • I
    Ich

    Mit 19 rein, mit 25 auf Bewährung raus bzw. mit 18 rein und 22 raus. Wegen Mord. Strafen wurden irgendwann eingeführt um einerseits das Opfer bzw. dessen Angehörige mit einer Strafe für den Täter oder einer Zahlung zufriedenszustellen, andererseits um den Täter vor einer wahrscheinlich zu harten Strafe durch Angehörige des Opfers zu schützen, und natürlich um gegenseitige Racheakte unter den jeweiligen Angehörigen zu vermeiden. Seit den 70/80ern geht es nur noch um den Täter und die Frage wie man ihn resozialisieren kann. "Lebenslänglich" bedeutet 15 Jahre. Die Frage ist nur warum diese Urteile im Namen des Volkes gesprochen werden. Das sind sie ungefähr in der Größenordnung wie die Ablehnung Sarrazins. Unsere politisch korrekte Demokratie sollte bald durch Demokratie ersetzt werden.