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Kolumne WortklaubereiAufarbeiten, hinrichten, sparen

Kolumne
von Josef Winkler

Hinten höher wie vorn: Eine Kolumne, in der Edmund Stoiber in Schutz genommen wird.

Der Feind auf meinem Schreibtisch. Da kauert die Sau und blinkt fies mit dem trüben LED-Auge. Ich wage mich heran, klappe ihn auf - und natürlich steht da schon wieder so ein Schmarrn. "JWinkler", informiert mich eine Mail von Ebay, "faul sein lohnt sich wieder." Was soll jetzt das? Was, bitte, weiß Ebay vom Faulsein? Und was heißt "wieder"? Gab es denn mal eine Zeit, als sich faul sein lohnte, so richtig finanziell? Da hätt ich gern gelebt, in Saus und Braus!

Mir fällt dabei eine Werbetafel im U-Bahnhof Mehringdamm ein, über die ich immer inwendig lache, wenn ich schon mal in Berlin bin. Das steht: "Polstermöbel aufarbeiten lohnt sich wieder!" Wobei sich die Komik dieses Satzes für mich - exklusiv für mich, wie mir schwant - daraus ergibt, dass ich das Verb "aufarbeiten" primär kenne in der Bedeutung "kaputtmachen", besser: "etwas so lange und extensiv benutzen, bis es kaputt ist". So habe ich dieses Wort kennengelernt, so verwendet es meine Mutter, so ist es bei mir abgespeichert. "Seid ein bisschen vorsichtiger mit dem Radl, ihr arbeitet es ja auf!" Oder: "Der Ball ist hin, den hat der Hund aufgearbeitet." Das ist freilich Bairisch und muss am Mehringdamm keinen kümmern; ich aber stelle mir dann immer Horden wilder Kinder vor, die mit altöligen Gummistiefeln auf einem Sofa herumspringen, bis der Federkern schmilzt und die Nähte platzen - und irgendwie, magischerweise, lohnt sich das dann für sie und ihre Eltern. Die Werbung hats versprochen!

Bild: privat

Josef Winkler lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.

In diesem - oder zumindest ähnlichem - Zusammenhang muss ich jetzt einmal den Edmund Stoiber in Schutz nehmen. Jetzt schaun S nicht so gschreckt - EINMAL wird ja wohl drin sein. Und zwar lacht sich seit Jahren Deutschland turnusmäßig schlapp, wenn mal wieder wo das Soundbite ausgepackt wird, in dem Stoiber brabbelt, "dass ich jeden Tag in der Früh in den Garten schau und vielleicht eine Blume hinrichte". Also erstens hat der Stoiber so viel Unheil angerichtet bzw. auf den Weg gebracht hat, dass er es eigentlich nicht verdient, dass man sich seiner lachend erinnert. Und zweitens ist das mit dem "hinrichten" ausnahmsweise kein Verhaspler, sondern einfach korrektes Bairisch. "Hinrichten" heißt bei uns (u. a.) "zurechtrücken", "arrangieren". So. War diese Information hilfreich für Sie?

Was sich übrigens schon immer lohnt, ist das Aufarbeiten des Planeten. Eine UN-Studie hat jetzt ergeben, dass allein die 3.000 weltgrößten Unternehmen im Zuge ihres Wirtschaftens im Jahr 2 Billionen Euro Umweltschäden verursachen, die gemeinhin Versicherungen und Steuerzahler tragen. "Die Vereinten Nationen werfen den größten Konzernen der Welt beim Umweltschutz schwere Versäumnisse vor", schreibt die SZ, was etwa so ist, als würden die Vereinten Nationen den Tauben Versäumnisse bei der Reinhaltung der Innenstädte vorwerfen. Aber die 52 Milliarden, die der Golf von Mexiko und der ganze Schamott drin und drumrum kostet - das hat wohl jemand zusammengerechnet; keine Ahnung, was so ein Pelikan wert ist oder eine Planktonpopulation -, zahlt BP.

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