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Homo-Ehe in ArgentinienKirche läuft Sturm

"Destruktives Streben im Plan Gottes" – so bezeichnet der Erzbischof von Buenos Aires gleichgeschlechtliche Ehen. Am Mittwoch wird über die Zulassung der Homoehe beschlossen.

Die Vorreiter: Marcelo Suntheim (links) und Cesar Cigliutti schlossen 2003 in Argentinien die erste Homo-Ehe Südamerikas. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | In Argentinien entscheidet der Senat am Mittwoch über ein Gesetz zur Zulassung der Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren. Der Ausgang der Abstimmung gilt als offen. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits Anfang Mai der Gesetzesvorlage zugestimmt. Die Gesetzesvorlage geht auf die Initiative der beiden unabhängigen Abgeordneten Silvia Augsburger und Vilma Ibarra aus dem Jahr 2005 zurück, der sich die Regierung und Teile der Opposition angeschlossen haben.

Konkret geht es um eine Änderung des Artikels 172 im argentinischen Zivilgesetzbuch. Zukünftig soll es heißen: "Die Ehe soll die gleichen Anforderungen und Auswirkungen haben, unabhängig davon, ob die Partner des gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts sind." Präsidentin Cristina Kirchner hatte das Gesetzesvorhaben erst am vergangenen Freitag als "Verantwortung aller, eine gleichberechtigtere Gesellschaft zu schaffen, in der die Minderheiten die gleichen Rechte haben wie die Mehrheiten", verteidigt. Die Abstimmung über das Gesetz ist Teil des jahrelangen Streits zwischen der Regierung und der katholischen Kirche des Landes.

Der Protest dagegen kommt vor allem aus dem orthodoxen Umfeld der katholischen, jüdischen und islamischen Gemeinschaften. Im Vorfeld hat die katholische Kirche für Dienstag zu einer großen Demonstration vor dem Kongressgebäude gegen die Annahme des Gesetzes aufgerufen. In dem Protestaufruf bezeichnete der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Bergoglio, das Vorhaben als "destruktives Streben im Plan Gottes". Héctor Aguer, Erzbischof von La Plata, sprach von "einem kulturellen Krieg gegen das Christliche in unserem Volk".

Sollte der Senat in Argentinien am Mittwoch zustimmen, würde in einem Land Lateinamerikas, das eine Bastion der katholischen Kirche ist, auf nationaler Ebene die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt. In anderen Ländern Lateinamerikas ist die Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare bislang nur in wenigen Städten und Provinzen möglich. Die bisher in Argentinien geschlossenen neun Ehen sind juristisch angefochten worden und noch nicht endgültig anerkannt. Lediglich Uruguay legalisierte als erstes Land Lateinamerikas 2008 die Zivilehe für Homosexuelle.

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11 Kommentare

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  • S
    Sisi

    Warum heiraten die ganzen Kirchenmänner nicht? Heißt es nicht jeder soll sich vermehren?

    Religionen sollen aufhören sich in das Privatleben einzumischen.

    Ihr hattet eure Chance 1000 Jahre lang. Jetzt könnt ihr euch vom Acker machen!

  • D
    DiversityAndEquality

    Wie immer vergisst der Autor, die unbedeutende Tatsache zu erwähnen, dass wir hierzulande von einer Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften - die, solange dieses Institut besteht, nur durch eine Öffnung der Ehe zu erreichen ist - weit entfernt sind.

     

    Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass sich hierzulande jemals Parlament und Regierungschef mit einer klaren menschenrechtspolitischen Botschaft dafür eingesetzt hätten.

     

    Homosexuelle sind und bleiben in diesem Land mit seiner beispiellosen Geschichte der Unterdrückung und Verfolgung bis hin zur gezielten Ermordung von Schwulen Menschen und Bürger zweiter Klasse.

     

    Und die "christliche", schwarz-gelbe Regierung sorgt zugleich dafür, dass die dringend notwendige Erweiterung des Diskriminierungsschutzes im Inland wie auf europäischer Ebene sabotiert wird, so dass die Menschen in Osteuropa noch nicht einmal minimalen Schutz vor Diskriminierung z. B. am Arbeitsplatz genießen!

     

    Auch lateinamerikanische Länder - neben Argentinien insbesondere Brasilien, wo von der regierenden Arbeiterpartei PT bereits seit geraumer Zeit Gesetzesinitiativen nicht nur zur Öffnung der Ehe sondern für einen umfassenden Diskriminierungsschutz und eine wirksame Ächtung homophober Hassrede im brasilianischen Kongress vorangebracht werden - dürften Deutschland in Sachen Menschen- und Bürgerrechten sehr bald deutlich überholt haben.

  • KA
    Katholischer Argentinier

    Sorry die Verallgemeinerung zu orthodoxen Kräften des Judentums und des Islams passt auf Argentinien in keinster Weise. Dort gibt es in Argentinen fast keinen Islam und Judentum; die Zahl islamischer und jüdischer Argentinier ist gering.

     

    In Argentinien leben vorrangig nur Katholiken (über 90 Prozent) sowie Atheisten in geringerem Maße in einigen Grosstädten.

     

    * http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/01-Laender/Argentinien.html

     

    Katholiken 90%, Protestanten 2% und Juden 1%, andere Glaubensrichtungen 6%.

     

    Bitte daher ein wenig genauer auf die Religionszugehörigkeiten der jeweiligen Länder achten.

     

    Der Artikel müßte daher sich "nur" auf die Katholische Kirchenleitung in Argentinien beziehen.

  • UH
    Udo Henn

    Die Ehe ist eine Institution, die der Gruendung einer Familie einen rechtlichen Rahmen verleiht. Schon allein deshalb sind Homo-Ehen uberfluessig und absurd.

  • H
    Hub

    >> In anderen Ländern Lateinamerikas ist die Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare bislang nur in wenigen Städten und Provinzen möglich

  • D
    dborrmann

    Da wünsche ich den argentinischen Schwulen und Lesben viel Glück. Das wäre ja ein Ding, wenn Argentinien mit seinen Bürgerrechten sogar Deutschland überholt.

    Die hiesige Blockadepolitik der CDU/CSU, die ja auch von Westerwelle und der FDP bis jetzt nicht aufgelöst werden konnte, würde dann endgültig in den Sumpf hinterwäldlerischen, rechtsreaktionären Gedankengutes gehören.

  • DA
    Daphne Apollonia

    Super!!! Hoffentlich trifft das Senat eine positive Entscheidung für die gleichgeschlechtliche Ehe am Mittwoch!!! Wenn Gott schon beim WM seine "argentinidad" nicht gezeigt hat, sollte er sich mindestens jetzt für Gerechtigkeit einsetzen und das Senat bei seiner Entscheidung erleuchten! Gut wäre es auch, wenn der gute Gott seine Leute (Bischöfe, Erzbischöfe, Papst usw.) dazu bringen würde, keinen Missbrauch (nicht nur Kindesmissbrauch sondern alle Formen davon) mehr auszuüben. Am besten wäre es aber, wenn er die Kirche abschaffen würde!!!

  • E
    Eberhard

    Die Kirche läuft Sturm.

    Wiedereinmal. Nur weil sich Menschen lieben und nicht der kirchlichen Moral entsprechen. Diese eigenartigen Stürmer!

    Sie lief nicht Sturm beim Kindesmissbrauch. Nicht einmal ein Windhauch.

    Was denkt denn die Kirche, was ihr Boss (Gottle) denkt?

    Ein Gott scheint die Homo-Ehe keineswegs zu stören.

    Oder gibts Meldunggen von oben??????

    Immer dieser eregierte Zeigefinger! Diese sexuellfeindliche Verkampfung. Diese Ohnmacht. Diese Angst.....

    vor sich selbst!!

  • W
    Wolfgang

    Geht man nach einer sogenannten Entscheidung Gottes,

    sind Homosexuelle, Lesben, Bisexuelle, Atheisten, Buddisten, Islamisten, Bildzeitungsleser, Horror-Fans, Kriegsverbrecher, kranke Priester und andere im sogenannten Schöpferplan enthalten und von ihm ausnahmslos akzeptiert. Sonst hätte ja die "Faust Gottes" doch völlig anders gehandelt. Oder?

  • N
    Nemo

    gibts noch einen artikel zu gleichgeschlechtlichen beziehungen in der türkei, iran, irak, saudiarabien, neukölln... ? vermutlich nicht!

  • S
    Sebastian

    Na immerhin werden keine Menschen hingerichtet wie es bei der Religion des Friedens der Fall wäre.