: „Militante Strukturen“
Einer der Podiumsgäste der AfD in der Bürgerschaft war Benedikt Kaiser. Wer das ist, erklärt Volkmar Wölk, Rechtsextremismus-Experte und Buchautor
Volkmar Wölk, 65, ist Autor und Rechtsextremismus-Experte. In wenigen Tagen erscheint seine Übersetzung des Buches „Faschistische Ideologie: Eine Einführung“ von Zeev Sternhell.
Interview Sebastian Heidelberger
taz: Herr Wölk, wer ist Benedikt Kaiser, der unter anderem am Donnerstag Podiumsgast der AfD in der Bremer Bürgerschaft war?
Volkmar Wölk: Benedikt Kaiser kommt von der extremen Rechten und ist dort heute noch immer aktiv. Zunächst war er in der regionalen Kameradschaftsszene, dann im sogenannten „Freien Netz“, einem Zusammenschluss von Neonazistrukturen vor allem in Sachsen, Thüringen und Franken. Bekannt sind Kaisers enge Kontakte zu führenden Repräsentanten des Chemnitzer Ablegers des „Freien Netzes“, der späteren „Nationalen Sozialisten Chemnitz“.
Was sind das für Vereinigungen?
Es handelte sich um hochgefährliche, militante Strukturen. Nicht ohne Grund sind die Nationalen Sozialisten Chemnitz 2014 durch den Sächsischen Innenminister verboten worden. Über Jahre war dies der wichtigste regionale Zusammenschluss von Neonazis, er verfügte auch über erheblichen Einfluss innerhalb der NPD Sachsens. Gerade an der Gruppe in Chemnitz, in deren engeren Umfeld sich Kaiser bewegte, lässt sich zeigen, dass trotz aller Namenswechsel eine personelle Kontinuität in der Szene gewährleistet war, die für Stabilität sorgte.
Überrascht Sie, dass die AfD ihn eingeladen hat?
Nein, das ist wenig überraschend und eher konsequent. Der Bremer Landesverband gilt in der AfD als deutlicher Rechtsausleger. Die Verbindungen zu den Identitären sind eng und notorisch – trotz entsprechender Unvereinbarkeitsbeschlüsse.
Es heißt, dass Kaiser auch Verbindungen ins NSU-Umfeld habe. Stimmt das?
Es lässt sich natürlich nicht nachweisen, dass Kaiser vom NSU vor dessen Selbstenttarnung wusste. Aber es ist festzuhalten, dass wichtige Personen des „Freien Netzes“ wie Ralf Wohlleben, Thomas Gerlach und andere in die Taten des NSU verstrickt waren oder deutliche Verbindungen zu dessen Unterstützerszene hatten. Ebenfalls in diesem Umfeld bewegte sich auch Eric Fröhlich. Mit ihm gemeinsam hat Kaiser 2013 das Buch „Phänomen Inselfaschismus“ verfasst, das die entsprechenden Bewegungen in Irland und Großbritannien von 1918 bis 1945 porträtierte.
Wo ist Benedikt Kaiser heute politisch aktiv?
Er kann inzwischen fraglos als einer der wichtigeren jüngeren Theoretiker der Neuen Rechten in Deutschland bezeichnet werden. Er arbeitet beim Antaios-Velrag von Götz Kubitschek, schreibt für dessen Zeitschrift Sezession und hat enge Verbindungen zu Philip Stein, dem Kopf der neurechten Lobby-Gruppe „Ein Prozent“ und dessen Jungeuropa-Verlag. Sein Schwerpunkt sind rechte Europavorstellungen sowie vor allem die Verknüpfung der „nationalen Frage“ mit der sozialen. Letzteres unter intensiver Rezeption sowohl der Theoretiker der europäischen Konservativen Revolution als auch der französischen Nouvelle Droite.
Eine Langfassung des Interviews inden Sie auf taz.de
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