piwik no script img

Gastkommentar WeltumwelttagUmweltpolitik ist existenziell für alle

Umweltschutz wird hierzulande als politischer Luxus begriffen – dabei ist er mit sozialen Gerechtigkeitsfragen untrennbar verwoben.

Nicht nur auf den Philippinen ist Umweltschutz eine existenzielle Frage Foto: dpa

S ich für Umweltschutz zu entscheiden, ist hierzulande oft mit einem luxuriösen Image behaftet. Politik kann es sich – vorgeblich – leisten, zwischen Emissionsreduktion und Arbeitsplätzen abzuwägen. Als Verbraucher entscheiden wir zwischen konventionellen und teureren nachhaltigeren Produkten. Wer auf Umweltschutz achtet, hat anscheinend keine dringlicheren oder wirklich existenziellen Probleme.

Tatsächlich ist es ein Privileg, sich nicht für Umweltschutz entscheiden zu müssen. Wir können uns diese vermeintliche Freiheit nur leisten, da wir von den Folgen kaum betroffen sind. Unsere Versorgungsketten funktionieren auch dann, wenn es in anderen Teilen der Welt zu Umweltkatastrophen kommt; Während Menschen, die aufgrund von Umweltkatastrophen flüchten, Asyl verwehrt wird.

Ein Blick auf Bewegungen von indigenen Gruppen in Lateinamerika zeigt, wie untrennbar der politische Kampf für Umweltschutz dort mit der eigenen Existenz verbunden ist. Etwa im Amazonasgebiet, wo der Lebensraum durch Ölförderung und Rodungen bedroht ist. Hier werden Ideen verteidigt und entwickelt, die alle Menschen und die Natur als gleichwertig anerkennen und damit eine Alternative zum kapitalistischen Raubbau an der Natur darstellen.

Anne-Katrin Holfelder

ist Mitarbeiterin am Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) und arbeitet am Projekt „Futurisierung von Politik“.

Umweltschutz politischer denken: Dafür gibt es auch hierzulande Anlass genug. So sind ärmere Menschen und Kinder stärker von Umweltproblemen betroffen als wohlhabende. Das findet bisher bei der Diskussion um Schadstoffbelastung und Fahrverboten kaum Beachtung.

Es ist ein Privileg, sich nicht für Umweltschutz entscheiden zu müssen

Bei Umweltproblemen gilt leider der Leitsatz: Sie (be)treffen diejenigen am meisten, die am wenigstens dazu beigetragen haben. Denn es sind die wohlhabenden Staaten und Bevölkerungsgruppen, die den höchsten Ressourcenverbrauch verzeichnen. Die Lösung von Umweltproblemen darf keine Abwägungsentscheidung bleiben, denn sie ist existenziell – zumindest für andere. Umweltfragen sind unmittelbar Gerechtigkeits- und Verantwortungsfragen. Und genau so sollten sie auch diskutiert werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Das Problem liegt darin begraben, dass in den reichen Ländern gerade bis zur eigenen Nasenspitze geschaut wird. Auch in den Medien.

    Erst heute früh jubelte wieder ein Moderator, dass es wieder tolles Sommerwetter heute gäbe. Dumm nur, dass Frühling ist...

    Kein Wort davon, dass das aktuelle Wetter durch Dürre im Nordosten Deutschlands und Überschwemmungen, Schlammlawinen und Hagelschlag im Rest von Deutschland schon jetzt für große Ernteverluste und eine zu erwartende Ernährungskatastrophe gesorgt haben. Nur, dass wir sehr wahrscheinlich diese Verluste durch Importe aus dem Weltmarkt kompensieren können.

    So lange selbst so elementare Probleme im eigenen Land mit tollem Urlaubswetter freudig begrüßt werden, wie soll man da erwarten, dass weniger deutliche Probleme weiter weg erkannt und angegangen werden?

  • Da sich die Folgen der Veränderungen der Naturgesetze 24 h am Tag sichtbar und unsichtbar potenzieren und sich weder vorhersagen noch kontrollieren lassen, wissen wir nicht was auf uns zukommt. Vielleicht ist doch endlich an der Zeit uns aus der totalen Abhängigkeit von der Politik zu lösen und uns in einem "Bundes Bürger Senat" wenigstens den Bereichen Umwelt, Sozial, Arbeit, Kultur und Bildung auf die eigenen Beine stellen und frei von dummen und unnötigen Ressentiments aufeinander zu zugehen und gemeinsam überparteilich auf außerparlamentarischer Ebene allen uneigennützigen Initiativen der Bürgerinnen und Bürger Sitz, Stimme und Gehör verleihen und von der Kapitalwirtschaft lernen wie wir uns eine handlungsfähige Lobby verschaffen um unsere eigene Sozialwirtschaft aufzubauen.

     

    Der Dalai Lama hat einmal bei einem seiner zahlreichen Besuche und Deutschland Sinngemäß erklärt, was die Tibeter wohl für ein schlechtes Karma haben müssen, dass sie von China besetzt und in alle Wind verstreut wurden. Man mag diese Sichtweise aus der buddhistischen Philosophie sehen wie man will, aber es scheint wohl aller höchst Eisenbahn uns mal über unser gesellschaftliches Verhalten nicht nur Gedanken zu machen sondern endlich auch im Sinn des Gemeinwohl zu handeln.

     

    Da wir auch auf Europäischer Ebene die gleichen Probleme in den anderen Ländern haben nutzt uns nur eine nationale Initiative herzlich wenig, sie kann aber sehr wohl das Starsignal für die anderen Nationalen uneigennützigen Initiativen sein die sich automatisch in einem "EU Bürger Senat" gleichberechtigt vereinen. bis dahin können wir uns ja überlegen ob es immer noch fünf vor zwölf ist oder eher fünf nach zwölf.

     

    Sollten wir immer noch alles Menschen und politisch mögliche für die Zukunft unserer Kinder, der Natur und unserer Tiere auf uns Planeten sollten wir jetzt die Taste GO drücken und unsere Ressentiments einfach vergessen, alles andere hat den Wert belangloser politischer Geschwätzigkeiten ohne Sinn und Verstand.

    • @Frank Mögling:

      Warst du schon einmal in einem Verein tätig? Wenn mehr als drei Leute was mitbestimmen möchten, läuft es zwangsläufig immer in irgend ein bürokratisches Monster hinaus. Das ist ein grundsätzliches Problem und es ehrt dich, dass du glaubst, dass die Masse intelligenter entscheiden würde.

  • Auf dem Bild ist ein philipinischer Junge in einem philipinischem Gewässer welches mit lokalem, philipinischem Müll verschmutzt ist.

     

    Die auf dem Bild stehende Situation ist nicht gut. Sie hat aber nichts - gar nichts mit der deutschen Umweltpolitik zu tun. Kein Tütenverbot, kein Strohalmverbot würde an dem Bild nur auch ein Fitzel ändern.

     

    Wenn ein Konservatives Medium so billig Stimmung machen würde, würdet ihr ihm zurecht Fake News vorwerfen. Und nein, die Bildunterschrift macht es nicht besser.