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„Klumpenrisiko versetzte der Bank den Todesstoß“

Mit der Gründung der Ökobank rüttelte Bernd Steyer den Finanzmarkt auf. Übrig geblieben ist heute die Oekogeno, die vor allem neue Wohnformen und Energieprojekte finanziert

Interview Bernward Janzing

taz: Herr Steyer, bei der Gründung der Ökobank vor dreißig Jahren nannte man Sie „die Turnschuhbanker“. Die Alternativbank dauerhaft zu etablieren gelang Ihnen allerdings nicht. Hatte die Mannschaft sich überschätzt?

Bernd Steyer: Im Rückblick muss man festhalten, dass die Bank in ihren letzten Jahren ein Klumpenrisiko in den Bilanzen hatte, und das versetzte ihr den Todesstoß. Man wollte wachsen und weitete daher das Kreditgeschäft stark aus. Man ging risikoreichere Geschäfte ein – was dann prompt schiefging.

Wissen Sie noch, was das war?

Gleich drei große Kredite im Recyclingsektor, einem grundsätzlich schwierigen Metier, fielen aus. Obendrein brachte das Ökokaufhaus Rommelmühle in Bietigheim-Bissingen Mil­lionenausfälle, weil der Bauträger pleiteging.

Die Kundeneinlagen waren gesichert, die Genossen der Ökobank jedoch mussten einen Teil ihrer Einlage abschreiben. Was an Eigenkapital übrig blieb, ging in die Oekogeno über. Finanzieren Sie heute noch Recyclingfirmen?

Wir arbeiten ohnehin heute ganz anders, zumal wir auch ja gar keine Banklizenz mehr haben. Heute beschränken wir uns auf die Projekte, mit denen wir uns auch inhaltlich bestens auskennen. Das sind zum einen die erneuerbaren Energien. Wir haben in den vergangenen Jahren zwölf Solarfonds aufgelegt und einen Windfonds. Dieses Geschäft wurde schwieriger gemacht durch die Politik. Inzwischen sind wir stark im inklusiven, genossenschaftlichen Wohnungsbau aktiv – wobei das Energiethema mit Mieterstrom, Blockheizkraftwerken und Effizienz natürlich weiterhin dabei ist.

Bernd Steyer 70, gehört zu den Gründern der Ökobank und war im Vorstand der Oekogeno.

Der Immobilienmarkt ist aber auch nicht ganz unkritisch, zumindest lokal kann man schon Anzeichen von Überhitzung erkennen. Es ist noch nicht lange her, als es selbst in Berlin Leerstände gab.

Wenn es wieder mal Leerstände geben sollte, dürfte unser Konzept davon am wenigsten betroffen sein. Denn wir setzen bei unseren Objekten auf eine extreme Flexibilität der Grundrisse. Lebensverhältnisse ändern sich, die Kinder gehen aus dem Haus, plötzlich ist die Wohnung zu groß. Solche Entwicklungen denken wir von Anfang an mit. Auch generationenübergreifende Wohnformen sind uns wichtig, alte Menschen sollen möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung leben können. Dazu gehören auch Gemeinschaftsräume und eine barrierefreie Gestaltung.

Ihr Genossenschaftskapital beläuft sich auf knapp 3,5 Millionen Euro. Wie weit kommt man damit im Immobiliensektor?

Unser Konzept sieht so aus: Wir gründen die Genossenschaft, stellen den Vorstand, entwickeln die Quartiere und finanzieren den Grundstückskauf vor. Die Mieter werden Mitglied der Genossenschaft und stellen in der Summe 15 bis 17 Prozent des Kapitals. Darüber hinaus können auch Förderer als Genossen einsteigen, und wir bieten projektbezogene Nachrangdarlehen an. Dazu kommt Fremdkapital von Banken. Die Gründungsphase dauert etwa zwei Jahre, dann ziehen wir unser Kapital bis auf einen einzelnen Geschäftsanteil zurück und investieren es in das nächste Projekt. Dieser Hebel erlaubt es uns, aktuell fünf Projekte mit einem Gesamtvolumen von 40 Millionen zu stemmen.

Wie kommt das Modell bei den Mietern an?

Von der Ökobank zur Oekogeno

Vor 30 Jahren, am 2. Mai 1988, eröffnete in Frankfurt die Ökobank als „Bewegungsbank“.

Sie sollte eine Alternative zu den etablierten Banken sein und nahm für sich in Anspruch, nur Geschäfte zu tätigen, die dem ethischen Verständnis der Umwelt- und Friedensbewegung entsprachen.

Doch um die Jahrtausendwende geriet die Ökobank in eine finanzielle Schieflage. Das Geldinstitut hatte sich unter anderem an risiko­reichen Geschäften beteiligte.

Den Kundenstamm übernahm später die GLS Bank, der programmatische Kern, also die Gründungsgenossenschaft der Ökobank, lebt aber bis heute fort in der Oekogeno eG, gestützt auf die noch verbliebenen Genossenschafts­einlagen der ehemaligen Ökobank.

Wir haben zum Beispiel das Projekt Ilbenstadt nördlich von Frankfurt, wo wir die seit mehr als zwanzig Jahren verwaisten Gutshöfe des Klosters wiederbeleben und einen Neubau erstellen. Die Nachfrage ist riesig. Zum einen, weil es ein tolles Wohn- und Sozialprojekt ist für Familien mit Kindern, Senioren, Single-Haushalte oder Paare. Zum anderen, weil es für die Mieter einen entscheidenden Vorteil bringt: Die Höhe der Miete bestimmt sich nicht nach Marktlage, sondern nach der Höhe der Kosten. Da die Mieter gleichzeitig auch ihre eigenen Vermieter sind, legt der Vorstand die Miethöhe auf der Basis der kalkulierten Baukosten fest, ohne Gewinnaufschlag.

Blieb vom Themenspektrum der Ökobank nur der Wohnungsbau übrig?

Nicht nur. Bei den regenerativen Energien bemühen wir uns trotz der schwierigeren Rahmenbedingungen um neue Projekte. Zudem bauen wir nicht nur Häuser, sondern ganze Quartiere, wie im badischen Waldshut-Tiengen auf 13 Hektar. Das ist Stadtplanung einschließlich eines Kleingewerbe- und Verkehrskonzepts. Als drittes Standbein kommen irgendwann vielleicht nachhaltige Landwirtschaftsbetriebe hinzu.

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