WM-Sieg der Frauen: Erst die Stille, dann der Ehrenjubel
20000 Menschen bereiteten den Fußball-Frauen einen begeisterten Empfang auf dem Frankfurter Römer - ein Stimmungsbild.
FRANKFURT taz Jubel, Trubel, Heiterkeit. Kaum hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft nach dem zehnstündigen Rückflug aus Schanghai wieder festen Boden unter den Füßen, sprengt auch die Begeisterung in Heimat bisher für den Frauenfußball gültige Grenzen. Mehr als 15000 Menschen auf dem Frankfurter Römer bereiteten dem alten und neuen Weltmeister einen begeisternden Empfang, bejubelten mit Emphase um kurz vor halb acht das Erscheinen eines Teams, das von einem langen Flug und einer durchfeierten chinesischen Nacht sichtlich gezeichnet war. "Die meisten haben ja maximal eine Stunde geschlafen", verriet die Duisburgerin Lira Bajramaj, "doch für so etwas macht man gerne mal durch."
Theo Zwanziger, DFB-Boss und laut Moderator Oliver Forster der "König des Frauenfußballs" sprach anlässlich der Feierlichkeiten von einem einzigartigen Erlebnis. Interessant auch, wer sich beim Deutschen Fußball-Bund alles im Glanze eines solchen Erfolges sonnt: Neben dem ewig strahlenden Zwanziger grinste auch der unvermeidliche Ex-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und dessen Gattin Margot beim Aufmarsch in den Kaisersaal in die Kameras. Nur zur Erinnerung: Noch beim Gewinn des EM-Titels 1989 unter der Ägide Mayer-Vorfelders waren die Frauen mit einem Kaffeeservice und Bügelbrett prämiert worden.
Diesmal allerdings schüttete der Verband auf Initiative seines Nachfolgers für jede Spielerin 55 000 Euro aus.
Peinlich waren auch manche Rede zum Festakt - etwa jene der überforderten Frankfurter Sportdezernentin Daniela Birkenfeld, die vom Kauf ihrer ersten Deutschland-Flagge berichtete. Doch die Bühne gehörte ja glücklicherweise anderen. Den tanzenden und glucksenden Spielerinnen oder Trainerin Silvia Neid, die auf dem Balkon dreimal ein "Ich-freue-mich" ins Mikrofon krächzte, während ihr Team den Lieblingssong "Hurra-hurra-die-Weltmeister-sind-da" intonierte.
Dabei wurde allerdings auch schnell deutlich, dass sich Birgit Prinz oder Renate Lingor aufs Schießen oder Köpfen doch besser verstehen als auf den Gesang. Doch das war der jubilierenden Menge, darunter viele Frauen und Jugendliche, irgendwie egal - spätestens als der schon bei der WM 2006 erprobte Oliver Pocher den Animateur und Vorsänger mimte.
Den Fans auf dem Römer ging es darum, sich für begeisternde Spiele zu bedanken, teilzuhaben an dem Event an einem angenehm warmen Herbstabend, "der neue Dimensionen für den Frauenfußball eröffnet", wie der heisere Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt, bemerkte. Schon am Sonntag im Punktspiel gegen den Hamburger SV rechnet der Primus der Frauen-Bundesliga mit "vielleicht 3000 Zuschauern" - das wären fast dreimal so viel wie sonst.
Doch wollte man an diesem Abend wirklich über die Perspektiven reden? Mitnichten. "Mir ist erst einmal alles egal", sagte Nadine Angerer auf die Frage, ob sie den Wunsch Zwanzigers erfüllen werde, neben Birgit Prinz neues Gesicht für die WM 2011 zu werden. "ich werde jetzt nur noch feiern, feiern, feiern", verriet die unbezwungene WM-Heldin, die direkt nach dem Empfang mit den Mitspielerinnen von Turbine Potsdam die nächste Maschine nach Berlin nahm, um im trauten Kreis fröhlich zu sein. Das könne lange gehen, verriet die Torfrau, "glaubt mir, ich habe eine wahnsinnige Ausdauer."
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