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Rechte Verlage auf der BuchmesseFaustschlag zum Jubiläum

Der Münchener Verleger Achim Bergmann wird am Stand der „Jungen Freiheit“ auf der Frankfurter Buchmesse von einem rechten Schläger verletzt.

Neben Büchern und Lesungen gibt's zur Frankfurter Buchmesse nun auch Gewalt Foto: dpa

Frankfurt/Main taz | Das hat sich Achim Bergmann sicherlich anders vorgestellt. Am Freitagmittag sitzt er noch immer leicht benommen von einem Faustschlag ins Gesicht am Messestand seines Münchener Verlags. Zusammen mit seiner Kollegin Eva Mair-Holms leitet der 74-jährige Trikont.

Der aus der außerparlamentarischen Bewegung der 1960er-Jahre hervorgegangene Verlag feiert dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Hier erschienen früher Bücher wie Bommi Baumanns „Wie alles anfing“, Trikont verstand sich einst als internationalistisches Sprachrohr der Sponti- und Autonomenszene in der Bundesrepublik. Bekannt ist er heute vor allem für seine Musikveröffentlichungen. Im Heyne Verlag erscheint jetzt von Franz Dobler und Christof Meueler „Die Trikontstory. Musik, Krawall & andere schöne Künste“ als opulent angelegte Verlagsgeschichte.

Am Freitag hatte Achim Bergmann eine eher schlechte Idee. Auf der Suche nach dem Messestand eines österreichischen Verlags vertat er sich um eine Reihe und landete in Halle 4.1. beim recht großen Stand der Wochenzeitung Junge Freiheit. Dieses Blatt begreift sich als intellektuelles Flaggschiff der Neuen Rechten in Deutschland, sehr patriotisch, aber auch um Abgrenzung zu schlagenden Nazis bemüht.

Am Freitag hatte man dort ab 12 Uhr den Publizisten Karlheinz Weißmann zu Gast. Thema: „Kulturbruch 68“. Und da kam der 68er Bergmann auf der Suche nach dem österreichischen Verlag um die Ecke. Und hörte Sätze, die er als Beleidigung verstand. Weißmann zog, so sagt Bergmann, laut, unsachlich und demagogisch über die 68er her. Warum sollte er da, als Passant ungefragt von rechten Tiraden beschallt, nicht auch öffentlich und laut widersprechen?

An ein von ihm geäußertes „Halts Maul“ kann er sich noch erinnern. Sehr gewählt habe er, Bergmann, sich nicht ausgedrückt. Doch dann landete ohne Vorwarnung ein harter Faustschlag direkt in seinem Gesicht. Seine Lippe platzte auf und es wurde ihm schwummerig. Ein Mann aus dem Publikum versetzte ihm diesen üblen Kinnhaken, der 74-jährige Bergmann wird später sagen, „mit voller Wucht und Killerinstinkt“.

„Junge Freiheit“ verurteilt den Angriff

Die Veranstaltung ging, so Bergmann, davon unbeeindruckt einfach weiter. Der blutende Bergmann ging zurück zum Trikont-Stand. Und kam dann mit seiner Kollegin Eva Mair-Holms zurück, um den Täter vielleicht ausfindig zu machen.

Da habe der gestanden, und weiterhin seelenruhig den Vorträgen am Junge-Freiheit-Stand gelauscht. Von Mair-Holms zur Rede gestellt und fotografiert, schmiss er die Frau zu Boden, entriss ihr das Mobilgerät und warf es durch die Messehalle. Die benachbarten Aussteller eines Comic-Verlags schritten ein, bis die Polizei erschien und den Täter vorläufig festnahm.

Bergmann sagt, er wisse noch nicht, ob er Anzeige erstatte und er sehe sich auch nicht als Rechtenjäger

Bergmann sagt, er wisse noch nicht, ob er Anzeige erstatte und er sehe sich auch nicht als Rechtenjäger. Doch wenn diskriminierende Reden öffentlich gehalten würden, sei es geboten, sich auch öffentlich dazu zu verhalten.

Der Sprecher der Jungen Freiheit, Bastian Behrens, verurteilte die Gewaltanwendung an seinem Stand. Der Täter sei ihm völlig unbekannt, sagte er der taz. Die Situation mit dem Faustschlag habe er nicht wahrgenommen und auch später erst realisiert, dass Bergmann verletzt worden sei. Bergmann habe zuvor die Veranstaltung aber massiv gestört.

Er bedauere jedoch, dass ein „Mann mit kurzer Zündschnur“ sich davon offenbar so provoziert gefühlt hat, dass es zu dieser „inakzeptablen Gewaltanwendung“ kam. „Wir verurteilen Gewaltanwendung in jeder Form“, sagt Behrens. Er kritisierte aber auch, dass die Stimmung dieses Jahr auf der Messe für rechts orientierte Verlage besonders schwierig sei.

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11 Kommentare

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  • "Das hat sich Achim Bergmann sicherlich anders vorgestellt."

     

    Das ist bestimmt richtig, trotzdem verstehe ich die unangemessen flapsige Einleitung nicht.

     

    Die UBahntreppe heruntergetreten, belästigt, überfallen, zusammengeschlagen, ... : Den Heimweg hatte sich das Opfer "sicherlich anders vorgestellt". Nun ja!

  • Wie heißt es immer so schön bei der Antifa? "Den Nazis aufs Maul!" Kriegt man selbst mal was aufs Maul, dann ist die Akzeptanz dafür dann aber eher weniger stark ausgeprägt.

    • @Cristi:

      Ist jeder der links von Rechts ist nun Teil der Antifa oder ein Antifa-Sympathisant? Jeder der noch ganz dicht ist, ist wohl völlig dagegen irgenwen zu verletzen, und ich finde es schändlich, dass unter solchen Artikeln immerzu mit Fingern auf die jeweils andere Seite gezeigt wird. "Die anderen haben angefangen!" Sind wir denn hier im Kindergarten? Es wäre stattdessen sinnvoller, wenn beide Seiten dafür sorgen würden, dass solche gewaltätigen Auswüchse ihrer Ideologie unterbunden und verdammt werden.

  • Von Antifas habe ich aber auch oft genug "Punch Nazis in the face" gehört und gelesen.

    Selbstjustiz gilt vielen als okay, wenn sie von den richtigen geübt wird, bis zum Philosophielehrer, der mit einem massiven Bügelschloss zuschlägt.

     

    Bis auf Fälle von Notwehr und Nothilfe ist das ein Rückfall hinter die Maßstäbe der bürgerlichen Gesellschaft mit dem staatl. Gewaltmonopol zurück.

     

    Und so sieht es aus, wenn andere auch meinen, sie sollten selbst festlegen, wann das Überschreiten roter Linien gerechtfertigt ist.

    • @Stefan Wagner:

      Selbstverständlich ist jedweder Widerstand gegen das bestialische NaziPack nicht nur notwendig sondern Pflicht eines jeden Demokraten.

      Mit wirklichen Nazis wird nicht diskutiert! Hat denn niemand etwas aus der Vergangenheit gelernt?

      • @amigo:

        "jedweder Widerstand [...] gegen NaziPack [...] Pflicht": Bist du dir sicher, dass du "jedweder" meinst? "Jedweder" im Sinne von alles ist erlaubt um Nazis Einhalt zu gebieten?

    • @Stefan Wagner:

      Polizei und Justiz sind durch und durch rechts.

       

      Was Polizei und Justiz mit gewalttätigen Nazis machen, kann man an den Ermittlungen zum NSU-Morden erkennen. Da wurden die Opfer verfolgt, verdächtige Nazis geschützt, und als das herauskam, wurden die Akten vernichtet.

       

      Gegen Nazis hilft nur Antifa!

  • Das neurechte Verständnis von Meinungsfreiheit eben.

     

    JF, Sezession, Kubitscheks Wühlarbeit und seine Schulungsmaßnahmen für die zukünftigen Bundestagsfraktionsmitarbeiter der AfD, die aktuell laufen.

     

    Die Strukturen der rechtsextremen Szene alimentiert durch Steuergeld werden weiter ausgebaut. Das mobilisiert und bestärkt dann solche SA-Typen.

     

    Die AfD und anderer organisierter Neofaschismus wird sich immer rausreden. War dann irgendein "Einzeltäter", wie beim Mordversuch auf Frau Reker in Köln.

     

    Es gilt die organisatorischen Zusammenhänge und personelle Verflechtungen im Auge zu behalten.

    • @aworldapart:

      "An ein von ihm geäußertes „Halts Maul“ kann er sich noch erinnern." Das altlinke Verständnis von Meinungsfreiheit eben.

      • @Karl Bauer15:

        Wer den Widerspruch der demokratischen Öffentlichkeit zu rassistischem Geschwätz, (wenn er auch vielleicht nicht knigge-gerecht geäußert wurde) mit nackter Gewalt à la SA-Rollkommando beantwortet, stellt sich weiterhin ins ganz weit rechtsaußen gelegene Abseits.

         

        Man(n) hätte ja gelassen "Verp**s dich" erwidern können. Aber es musste eben die Faust sein. Sagt alles.

         

        Ebenso wie die Aussage des AfD-Fanboys weiter unten hier auf der Seite. EkelhAfD.