Männervertreter über die Wahl: Ohne Gender keine Männerpolitik
Männer als Lobbygruppe: Wen soll Mann wählen? Dag Schölper leitet das Bundesforum Männer. Der Politologe weiß zumindest, wen nicht: FDP und AfD.
taz: Herr Schölper, Ihr Bundesforum setzt sich dafür ein, dass getrennte Eltern ihre Kinder zu gleichen Teilen betreuen können, das sogenannte „Wechselmodell“. Die einzigen Parteien, die das im Programm haben, sind FDP und AfD. Sollen Väter die nun wählen?
Dag Schölper: Die AfD hat sich eines bei Vätern populären Themas bemächtigt, vertritt aber ansonsten die Haltung, dass Männer möglichst viel arbeiten, um das Familieneinkommen zu sichern und Frauen möglichst viele Kinder bekommen, aus nationalistischen Gründen. Das ist das Gegenteil von dem, was wir wollen. Wir wollen, dass alle Frauen und Männer in diesem Land gleiche Chancen haben.
Dann also FDP?
Die FDP hat sich auch nur auf den Zug gesetzt. Wir brauchen aber für das Wechselmodell auch Geld, weil zum Beispiel zwei größere Wohnungen finanziert werden müssen. Eine Partei, die den Sozialstaat abbauen will, kann so etwas nicht gewährleisten. Die FDP will auch kein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit und das Ehegattensplitting behalten: Alles väterfeindlich.
Die Grünen haben keine explizite Männerpolitik im Programm. Sie wollen zum Beispiel nur „Gewalt gegen Frauen“ bekämpfen. Kann Mann die also auch nicht wählen?
Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen ist existenziell wichtig. Aber es sind eben alle Menschen vor häuslicher Gewalt zu schlecht geschützt. Schade, dass die Grünen das nicht mehr bedenken, sie waren da schon mal weiter.
Dag Schölper, Jahrgang 1977, ist Politologe und Geschäftsführer des Bundesforums Männer, dem Interessenverband für Jungen, Männer und Väter.
Plötzlich hat SPD-Familienministerin Katharina Barley doch noch die Väterrechte entdeckt. Glaubhaft?
Das Signal ist gut. Aber folgt ihr auch die Partei?
Was erwarten Sie denn von den Parteien?
Dass sie Männer und Frauen in den Blick nehmen. Dass wir nicht nur als Nebeneffekt profitieren, etwas vom Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Sondern dass Probleme von Männern im Arbeitsleben oder ihre spezifischen Gesundheitsprobleme angesprochen werden. Gleichstellungspolitik hieß ja mal, dass beide Geschlechter nicht benachteiligt werden dürfen. Das ist aus allen Programmen verschwunden.
Beide Geschlechter betrachten, das wäre Gender Mainstreaming. Das will die AfD ja gänzlich abschaffen, wie die Geschlechterforschung auch.
Und das ist der Grund, warum weder AfD noch FDP uns vertreten. Ohne Gender kann man keine Männerpolitik machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?