heute in hamburg: „Geborgenheit einer Familie“
Bereitschaftspflege In Hamburg werden Pflegeeltern für vernachlässigte Kinder gesucht.
57, ist als Öffentlichkeitsarbeiter für alle Hamburger Pflegekinderhilfsdienste zuständig.
taz: Herr Portugall, wieso müssen Kinder immer wieder in Pflegefamilien gegeben werden?
Ralf Portugall: Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Mal werden die Kinder stark vernachlässigt, mal verwahrlosen sie oder manchmal wird ihnen sogar Gewalt angetan. In allen Fällen aber ist das Wohl des Kindes gefährdet. Nicht selten haben die Eltern selbst eine Suchterkrankung oder sind psychisch so labil, dass sie sich nicht mehr um ihre Kinder kümmern können. Das Jugendamt geht dann solchen Hinweisen nach, die zum Beispiel von den Nachbarn oder den Betreuern in der Kita kommen.
Was sollte eine solche Familie mitbringen, die ein Pflegekind aufnehmen möchte?
Bereitschaftspflegeeltern müssen sehr flexibel sein. Es kann sein, dass man morgens einen Anruf bekommt und das Kind wenige Stunden später schon in der neuen Familie untergebracht werden muss. Und natürlich muss die gesamte Familie hinter einer solchen Aufnahme stehen und auch psychisch belastbar sein.
In Hamburg werden dringend Pflegeeltern für die Bereitschaftspflege gesucht. Warum ist die Situation in Hamburg so schwierig?
Nun, das hängt zum einen natürlich mit den besonderen Voraussetzungen zusammen. Aber man muss ja nicht nur bereit sein, ein Kind aufzunehmen, sondern auch das Kind nach einiger Zeit wieder weggeben zu können. Denn die Bereitschaftspflege ist befristet. Während das Kind dort untergebracht ist, klärt das Jugendamt, ob es zu seinen Eltern zurückkann oder einen neuen Lebensmittelpunkt braucht.
Warum ist es besser, dass ein Kind in eine Pflegefamilie statt in ein Kinderschutzhaus kommt?
Auch in den Kinderschutzhäusern wird eine exzellente Arbeit geleistet, aber wir wünschen uns, dass die Kinder die Geborgenheit einer richtigen Familie erfahren. Es ist vor allem für kleine Kinder wichtig, nach der Trennung von den eigenen Eltern feste Bezugspersonen zu haben.
Wie lange bleiben die Kinder in ihren Bereitschaftspflegefamilien?
Das ist unterschiedlich. Das können manchmal auch nur wenige Wochen sein. Normalerweise einige Monate. Nur in Ausnahmefällen bleibt ein Kind auch länger als sechs Monate in der Bereitschaftspflegefamilie.
InterviewLeon Kirschgens
Informationsabend zur Bereitschaftspflege, 19.30 Uhr, PFIFF, Brauhausstieg 15–17
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen