Argentinien zerpflückt Südkorea mit 4:1: Mit Pfosten, Kopf und Gegnerbein
Als die Argentinier endlich Lust am Fußball spielen bekamen, erwiesen sich die Defensiv-Strategien der Südkoreaner als nutzlos. Vor allem, als sie selbst das Bein hinhielten.
JOHANNESBURG taz | Mein Gott, wie gut können die Fußball spielen! Mit 4:1 besiegte Argentinien in seinem zweiten Spiel in Gruppe B Südkorea. Mein Gott, wie wäre das Spiel ausgegangen, hätten die Argentinier über 90 Minuten gezeigt, was sie draufhaben! Entzückt vom eigenen Spiel und erstarrt in Selbstgefälligkeit waren sie zwischenzeitlich nahe am Punktverlust. Dann kam die Spiellust zurück – und mit ihr der verdiente Triumph.
Natürlich wussten die Argentinier, was auf sie zukommen würde. Die Südkoreaner würden alles versuchen, so viel war klar, um ein Tor der Mannschaft von Diego Maradona zu verhindern. Ideen waren gefragt, Offensivgeist. Maradona setzte auf ein 4-3-3-System. Javier Mascherano gab die Sechs. Über außen sollten Angel di Maria und Maxi Rodriguez für Druck sorgen und in der Mitte - hinter der Spitze - wurde Lionel Messi postiert. Carloz Tevez und Gonzalo Higuain bildeten den Sturm.
Und dann war es ausgerechnet ein Eigentor des bemitleidenswerten Park Chu Young, das den Argentiniern nach einem Freistoß die Führung bescherte. Ebenfalls nach einem Standard fiel das 2:0, das Higuain in der 33. Minute gelang. Wo war sie da eigentlich die Abwehr der Südkoreaner vor der Maradona vor dem Spiel so viel Respekt hatte?
Argentinien - Südkorea 4:1 (2:1)
Argentinien: Romero - Demichelis, Samuel (24. Burdisso), Heinze - Gutiérrez, Maxi Rodriguez, Mascherano, Di María - Messi - Higuaín (82. Bolatti), Tévez (75. Agüero)
Südkorea: Jung - Oh, Cho, Lee Jung-Soo, Lee Young-Pyo - Lee Chung-Yong, Kim Jung-Woo, Ki (46. Kim Nam-Il), Park Ji-Sung - Yeom, Park Chu-Young (81. Lee Dong-Gook)
Schiedsrichter: De Bleeckere (Belgien)
Zuschauer: 82.174
Tore: 1:0 Park Chu-Young (16./Eigentor), 2:0 Higuaín (33.), 2:1 Lee Chung-Yong (45.+1), 3:1 Higuaín (76.), 4:1 Higuaín (80.)
Gelbe Karten: Gutiérrez, Heinze, Mascherano / Lee Chung-Yong, Yeom
Aus dem Spiel heraus gelang den Argentiniern trotz aller theoretischen Kreativität zu Beginn nicht allzu viel. Einzig wenn der naturgewaltige Carlos Tevez einmal Lust hatte, seinen Körper zu beschleunigen, wurde es gefährlich. Für ihn war immer dann Platz, wenn die arg ängstlichen Südkoreaner zwei Mann für die Bewachung von Lionel Messi brauchten. Sehenswert war das Spiel immer dann, wenn Tevez und Messi gemeinsam kombiniert haben – der Gewaltdribbler und der Filigrantechniker.
Und beinahe mehr Jubel als bei den argentinischen Toren kam nach Messis feinem Schuss kurz vor der Pause auf. Den hatte er mit deinem Tempodribbling selbst vorbereitet. Es hat den Menschen Spaß gemacht, das anzusehen. Dass sich kurz darauf Bayern Münchens Innenverteidiger Martin Demichelis blamierte und sich von Lee Chung Yong vernaschen lies, woraufhin dieser zum 2:1 traf, dafür hat sich kurz vor dem Pausenpfiff kaum einer mehr interessiert. Schockieren konnte die Argentinier der Gegentreffer sowieso nicht. Zu überlegen waren sie.
Das wussten die Argentinier und die Südkoreaner spürten es. Bei den kurzen Lustexplosionen der argentinischen Angreifer wurde es immer gefährlich. Nur allzu häufig hatten sie nicht Lust. Und allzu groß war die Lust auch nicht, sonst hätten sie vielleicht einmal getroffen. Wenn sie konsequenter gewesen wären im Abschluss, dann hätten sie ihren Fans, derer sehr viele im Stadion waren, das tiefe Durchatmen ersparen können, das regelrecht zu hören war, wenn die Südkoreaner mal einen Freistoß hatten oder wie in der 58. Minute einen Konter bis vor das Tor vortragen konnten. Ja, durch Yeom Ki Hun hatten sie eine richtig gute Chance zum Ausgleich und endlich, endlich agierten sie ein bisschen weniger ängstlich. Sie kämpften sich in das Spiel hinein.
In dem Moment aber, in dem sich die Argentinier im Gefühl der Unbesiegbarkeit selbst einzuschläfern drohten, wollte Loniel Messi noch einmal zeigen, wie Spaßfußball aussieht. Die Fans tanzten nach seinem Antritt in der 76. Minute, auf den das zweite Tor durch Higuain folgte. Und sie tanzten weiter nach Messis abwehröffnenden Lupfer nur vier Minuten später, der das 4:1 durch einen Kopfball, ja, es war wieder Higuain, ermöglichte. Das Spiel wird in Erinnerung bleiben, denn die Argentinier haben an diesem zugigen Nachmittag in Soccer City gezeigt, wie schön Fußball aussehen kann.
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